Fische und Wassertiere Das stumme Leiden in Sachsens Flüssen bei Dürre und Hitze

22. August 2022, 21:37 Uhr

Niedrige Fluss-Pegel, versiegte Bäche und Moore und in "Autobahnen des Wassers" keine Rückzugsplätze mehr für Fische und Wassertiere, weil alles begradigt und betoniert wurde. Der Mensch hat gravierend in die Natur eingegriffen. Das rächt sich in Dürrezeiten wie diesen bitter - für Natur und Mensch, erklären Wasserexperten und Angler aus Sachsen.

Die lange Trockenheit und Hitze haben den Fischen in Sachsens Flüssen zugesetzt. Der Regenmangel hat nicht nur die Flüsse und damit den Lebensraum arg schrumpfen lassen. Mit dem Anstieg der Wassertemperaturen sinke auch der Sauerstoffgehalt im Wasser, sagt der Referatsleiter Fischerei beim Landesamt für Umwelt, Gert Füllner. Vor allem Fischarten, die kälteres Wasser bevorzugen, wie Bachforelle, Elritze, Groppe, Äsche oder Bachneunauge, litten.

"Eigentlich ist die Natur angepasst an solche Situationen", urteilt der Experte. Wenn Bäche und Flüsse naturnah seien, böten sie auch in Dürre- und Hitzeperioden genug tiefe sogenannte Kolke, in die sich die Fische zurückziehen könnten. Doch weil viele Flüsse begradigt und verbaut worden seien, fehlten nun natürliche Rückzugsmöglichkeiten. Füllner spricht von "Autobahnen fürs Wasser".

Anglerverband über negative Folgen von Stauanlagen an Mulde und Zschopau

Solche schlechten Auswirkungen menschlicher Eingriffe schildert auch Ralf Bretfeld vom Anglerverband Südsachsen Mulde/Elster in Neukirchen bei Chemnitz. Könnten die Flüsse frei fließen, würden sie sich weniger erwärmen, erklärt er. An Wehren bilde sich ein Rückstau, in dem das Wasser weitgehend ruhe. Dadurch entstünden nicht nur zusätzliche Verdunstungsflächen, sondern dort erwärme sich auch das Wasser stärker. Allein an der Zschopau gebe es von Wiesa bis Frankenberg 40 Stauanlagen, so der Experte.

Hinzu komme, dass Niederschläge schon über mehrere Jahre hinweg fehlen. Im Extremfall fallen Bäche oder Flüsse dann sogar trocken. So geschehen in diesem Sommer an einem Abschnitt der Würschnitz. Dort seien auch Fische verendet, sagt Bretfeld.

Die Zschopau führe ebenfalls besonders wenig Wasser. In Lichtenwalde seien es zuletzt nur rund 2.500 Liter pro Sekunde gewesen, normal seien aber 20.000 Liter. In den vergangenen Wochen vermeldete das Landeshochwasserzentrum flächendeckend Niedrigwasser an Sachsens Flüssen. Auch die Schwarze Elster nördlich von Hoyerswerda mit ihrem schnurgeraden Verlauf falle immer wieder trocken, ergänzte Fischerei-Fachmann Füllner.

Gibt auch Positivbeispiele: Kirnitzsch und renaturierte Spree-Abschnitte

Ein positives Beispiel sei dagegen die Kirnitzsch in der Sächsischen Schweiz. Sie sei ein naturnaher Fluss und biete den Fischen mehrere Meter tiefe Stellen, erklärt er. Positiv wirke sich auch die Renaturierung der Spree im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft aus. Hier sei ein einst begradigter Abschnitt in einen mäandrierenden Fluss zurückverwandelt worden. Das nütze nicht nur den Fischen, sondern auch dem Hochwasserschutz.

Ein größeres Fischsterben ist diesen Sommer trotz Hitze und weit verbreitetem Niedrigwasser in den Flüssen bisher nicht beobachtet worden, sagt Gert Füllner. "Wenn eine solche Situation mehrere Jahre in Folge auftritt, ist aber zu erwarten, dass sich das auf die Fischbestände auswirkt." Wenn Bäche und Flüsse schrumpfen und sich die Fische in den verbleibenden Rinnsalen und Pfützen konzentrierten, hätten zudem Fressfeinde leichtes Spiel. "Dann ist der Tisch für den Reiher und den Fischotter reich gedeckt." Auch Jungfische seien dann Raubfischen stärker ausgeliefert.

Wenn eine solche Situation mehrere Jahre in Folge auftritt, ist aber zu erwarten, dass sich das auf die Fischbestände auswirkt.

Gert Füllner Referatsleiter Fischerei beim Landesamt für Umwelt

MDR (kk)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN | SACHSENSPIEGEL | 18. August 2022 | 19:00 Uhr

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