Abriss der Carolabrücke
Nach dem Teileinsturz der Carolabrücke am 11. September sollen nun 19 weitere Brücken im Freistaat intensiv überprüft werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Brückenbericht Sachsen Blick ins Innere: Sonderprüfung für 19 sächsische Brücken

19. November 2024, 14:42 Uhr

Der teilweise Einsturz der Dresdner Carolabrücke im September war wie ein Weckruf. Politisch wird reagiert: Die Kommunen und auch das Land Sachsen wollen genauer hinschauen. Verkehrsminister Martin Dulig hat am Dienstag im Kabinett einen Zwischenbericht zum Zustand sächsischer Brücken vorgestellt.

In Sachsen werden 19 Spannbetonbrücken aus den 1960er bis 1980er Jahren einer Sonderprüfung unterzogen – neun auf Bundesstraßen und zehn auf Staatsstraßen. Diese sind teilweise von ähnlichen Schäden wie bei der teileingestürzten Carolabrücke in Dresden bedroht, wie Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) am Dienstag bei der Vorstellung eines Zwischenberichts mitteilte.

In all diesen Brücken ist laut Dulig "spannungsrisskorrosion-gefährdeter Spannstahl" verbaut, der unter bestimmten Bedingungen plötzlich versagen kann. "Ich will aber auch deutlich machen: Diese 19 Brücken gelten damit nicht automatisch als einsturzgefährdet." Die Untersuchungen werden vom Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASUV) durchgeführt.

Ich will aber auch deutlich machen: Diese 19 DDR-Brücken gelten damit nicht automatisch als einsturzgefährdet.

Martin Dulig (SPD) Verkehrsminister

Mehr Brücken im schlechten Zustand als noch 2020

Insgesamt verwaltet das Land Sachsen dem Zwischenbericht zufolge rund 2.500 Brücken, inklusive Staats- oder Bundesstraßen, die darüber führen. Laut standardisierter Testverfahren sind etwa 90 Prozent der Brücken im Freistaat in einem sehr guten bis ausreichenden Zustand. Das bedeutet im Umkehrschluss: 10 Prozent sind es nicht. Damit hat sich der Anteil dieser Brücken im schlechten Zustand seit 2020 erhöht.

Ziel ist laut Verkehrsminister, dass man diese rund 250 Brücken bis 2030 saniert: "Denn die Sicherheit unserer Straßeninfrastruktur hat höchste Priorität", so der Verkehrsminister. Dafür werde in den nächsten Jahren mehr Geld für Brückensanierungen benötigt.

Erstmals Blick ins Innere der Brücken geplant

Bei bisherigen standardisierten Brückenprüfungen wurde laut Zwischenbericht bislang nicht in die Bauwerke hineingeschaut. Wie sich im Falle der Carolabrücke zeigte, sind demnach diese Testverfahren nur bedingt aussagekräftig. Inzwischen geht man davon aus, dass es konkret der sogenannte Henningsdorfer Spannstahl war, der versagt hat, so der Verkehrsminister. Der verwendete Stahl sei insgesamt "spannungsrisskorrisionsgefährdet" und wurde damit als wesentliche Schadensursache identifiziert.

Nun werden erstmals Expertinnen und Experten den Zustand des Stahls im Inneren begutachten. Erstes Ergebnis dieser Prüfungen war demnach die Sperrung der Elbbrücke in Bad Schandau. Neun der Brücken auf der Liste werden den Angaben nach mit höherer Priorität behandelt.

19 Brücken in der Sonderprüfung - prioritär rot, nachgeordnet blau:

Brücken in Sachsen, die derzeit geprüft werden
Brücken mit hoher Priorität Agra-Brücke in Leipzig an der B2

B172, Bahnbrücke in Bad Schandau

B 172, Elbebrücke in Bad Schandau

S163, Brücke über den Lachsbach in Porschdorf

S169, Brücke nach Krippen über Bahnstrecke

Brücke an der Bundesstraße 169 über über die K 7510 und den Gärtitzer Bach

Brücke über die Spree bei Uhyst an der Bundesstraße 156

Brücke an der Staatsstraße 46 über die Pleiße bei Markkleeberg

Brücke über die Bahngleise bei Zentendorf (Bw 4) an der Staatsstraße 127

Brücke an der Bundesstraße 101 bei Großenhain
Brücken, die ebenfalls geprüft werden B169, Brücke über die Freiberger Mulde in Döbeln

B 169, Brücke Bw 55b über die Bahnstrecke in Döbeln

S190, Brücke über die Freiberger Mulde bei Hilbersdorf

B172, Elbebrücke

S171, Brücke in Königstein

B170, über die Rote Weißeritz/Umgehungsbrücke/Umgehungsbrücke Dippoldiswalde

S261, Brücke Bw 8 über die Zschopau in Wiesa

S 50, Brücke über die Eula in Kitzscher

S 68, Brücke über die Weiße Elster in Pegau

S 68, Brücke über den Elstermühlgraben nördlich Pegau

Dulig: Eventuell weitere Brückensperrungen notwendig

Dem Verkehrsminister zufolge sollen nun alle 19 Brücken intensiv geprüft und mit Monitoringsystemen ausgestattet werden. Eventuell sei es dabei auch wieder nötig, Brücken zu sperren, wie bereits bei der Elbbrücke in Bad Schandau. Die hatte zwar zuletzt eine Bewertung von 2,5 erhalte, wurde jedoch aufgrund der Erkenntnisse aus der Sonderprüfung vorübergehend gesperrt.

Auch könne es zu einer teilweisen Nutzungseinschränkung kommen, die etwa durch Instandsetzungs- oder Verstärkungsmaßnahmen sowie Ersatzneubauten erforderlich werden können. Im 1. Quartal 2025 sollen die Prüfungen abgeschlossen sein. Aufgrund von Personalmangel geht es den Angaben zufolge nicht schneller.

So geht es nun mit der Brücke in Bad Schandau weiter

Laut Verkehrsministerium werden in den kommenden Wochen an der Brücke vertiefende Untersuchungen und statische Nachrechnungen durchgeführt. Die Ergebnisse werden demnach voraussichtlich Ende 2024 vorliegen. Auf deren Grundlage sei über die weitere Nutzung der Brücke zu entscheiden.

MDR (kav/cst), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 19. November 2024 | 12:00 Uhr

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