Eine S-Bahn fährt in den City-Tunnel am Hauptbahnhof Leipzig ein
Aus Fünf mach Eine: Die SPD hatte in ihrem Wahlprogramm erklärt, sich für eine Landesverkehrsgesellschaft stark zu machen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woita

Hörer machen Programm Warum Sachsen noch immer keine Landesverkehrsgesellschaft hat

07. Juli 2022, 05:00 Uhr

In Sachsen gibt es fünf verschiedene Verkehrsverbünde. Eine Reise durch den Freistaat ist oft nur mit mehreren Tickets und Konditionen möglich. SPD-Verkehrsminister Martin Dulig wollte das Problem angehen und eine Landesverkehrsgesellschaft auf den Weg bringen. Doch passiert ist bisher nichts. Ein MDR-AKTUELL-Hörer fragt nach dem aktuellen Stand des Projekts: "Ich möchte gerne wissen, was aus dem Wahlversprechen geworden ist, einen Verkehrsverbund für das gesamte Bundesland zu bilden."

"Die Landesverkehrsgesellschaft wird kommen." Das hatte SPD-Verkehrsminister Martin Dulig noch kurz vor der Landtagswahl vor knapp drei Jahren angekündigt. Es stand auch im Wahlprogramm der Sozialdemokraten. Aber – kurz und knapp – sie wird nicht kommen.

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig
Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) Bildrechte: picture alliance/dpa | Jan Woitas

Die SPD hatte bei der Wahl eine herbe Klatsche kassiert und ist im Land seitdem nur noch fünftstärkste Kraft. Keine besonders gute Ausgangslage bei Koalitionsgesprächen mit CDU und Grünen. Das räumt auch Henning Homann ein, der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion: "Die SPD konnte sich mit dem Ziel einer Landesverkehrsgesellschaft, also der Überwindung dieser Kleinstaaterei von fünf Zweckverbänden, in den Koalitionsverhandlungen leider nicht durchsetzen, weil das mit den beiden Koalitionspartnern nicht zu einen war."

Sächsische Mobilitätsgesellschaft als Kompromiss

Die geplante Verkehrsgesellschaft hätte weitreichende Befugnisse gehabt und den ÖPNV federführend und sachsenweit organisiert – aus Fünf mach Eins. Ganz leer ausgegangen sind die Sozialdemokraten aber nicht. Henning Homann sagt: "Das, was wir jetzt bekommen, ist die sächsische Mobilitätsgesellschaft, das heißt: Die Aufgabe, die Züge und Busse zu bestellen, bleibt vor Ort in den Verkehrsverbünden. Aber man versucht im Rahmen dieser Mobilitätsgesellschaft zumindest zu organisieren, dass die besser aufeinander abgestimmt sind."

Pro Bahn: schlechter Kompromiss

Also eher eine Landesverkehrsgesellschaft light. Nach Auffassung des Fahrgastverbands Pro Bahn Mitteldeutschland ist es nicht mal das. Sprecher Lukas Iffländer meint: "Unser Eindruck ist, dass nicht allzu viel übrig geblieben ist von der Vision von Herrn Dulig. Also da ist jetzt ein bisschen Koordinierung, was so verbundübergreifende Verkehre angeht und auch ein bisschen Koordinierung beim Thema Tarife dabei. Aber von der ursprünglichen Vision, dass man landesweit darüber nachdenkt, wie man Verkehre bestellt, sind wir meilenweit weg."

SPD-Mann Dulig sei schlicht an der Macht der CDU-Landräte gescheitert, die ihre ÖPNV-Kompetenzen nicht einbüßen wollten, sagt Iffländer. Und auch von der jetzt geplanten Mobilitätsgesellschaft sind sie offenbar alles andere als angetan. Der Tenor hinter vorgehaltener Hand: Brauchen wir nicht, wollen wir nicht.

Linkspartei beklagt Tempo bei Umsetzung

Ursprünglich sollte die Gesellschaft im kommenden Jahr loslegen. Von einem konkreten Plan weiß der verkehrspolitische Sprecher der Linkspartei, Marco Böhme, aber noch nichts. Die Mobilitätsgesellschaft sei immerhin ein Anfang, sagt er, "aber ich frage mich schon: Wie lange soll das eigentlich noch dauern? Also letztes Jahr wurde damit angefangen und wir haben jetzt im Ausschuss auch noch mal nachgefragt: Was ist eigentlich der aktuelle Stand? Wann passiert hier endlich mal was? Und der Staatssekretär konnte uns keine Auskunft darüber geben".

Er wolle erneut mit einer schriftlichen Anfrage Antworten erzwingen, sagt Böhme. Aber sein Eindruck sei, dass dafür keine Priorität beim Ministerium liege. Dulig müsse als Minister lauter auf den Tisch hauen, fordert Böhme. Der Gesetzgeber sei hier gefordert. Denn die Rechtslage könne ganz einfach dahingehend geändert werden, dass es eben nur noch einen Verkehrsverbund gibt in Sachsen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 07. Juli 2022 | 08:27 Uhr

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