Ein schnell drehender Stromzähler
Zum ersten Mal in Sachsen hat ein Energieversorger den Preis auf über einen Euro pro Kilowattstunde Strom erhöht. Bildrechte: imago images/IlluPics

Verbraucherzentrale Sachsen prüft Erster Stromanbieter verlangt mehr als einen Euro pro Kilowattstunde

27. September 2022, 18:19 Uhr

Die Strom- und Gaspreise steigen weiter und bereiten Verbrauchern Sorgen. Jetzt hat ein Stromanbieter in Sachsen erstmals eine entscheidende Schwelle überschritten: Er verlangt mehr als einen Euro pro Kilowattstunde. Der Verbraucherschutz prüft den Fall. In den Kommunen regt sich unterdessen Widerstand.

Zum ersten Mal in Sachsen soll ein Stromkunde mehr als einen Euro pro Kilowattstunde zahlen. Die Verbraucherzentrale teilte mit, dass es sich um einen Kunden des Unternehmens Voxenergie handele. Die Forderung belaufe sich auf 103,45 Cent pro Kilowattstunde. Ob die Preiserhöhung rechtens ist, werde überprüft, erklärte Lorenz Bücklein von der Verbraucherzentrale Sachsen.

Eine Preiserhöhung ermögliche in jedem Fall ein Sonderkündigungsrecht. Die Verbraucherzentrale rät in einem solchen Fall, sich einen neuen Anbieter zu suchen. Da dies aktuell "wegen der Nervosität im Markt oftmals schwierig" sei, berate die Verbraucherzentrale individuell, erklärte Bücklein auf Anfrage von MDR SACHSEN. Hierbei würde auch auf mögliche Energieeinsparmöglichkeiten geschaut. Verbraucher sollten stets auch die Tarife der Grundversorger prüfen.

Pauschal könne aber nicht gesagt, ein Wechsel zum Grundversorger sei derzeit immer die beste Option, so Bücklein. Die Verbraucherschützer kritisieren, dass inzwischen erste Grundversorger Neukunden automatisch den auf drei Monate befristeten und teureren Tarif der Ersatzversorgung berechneten - selbst wenn Stromkunden freiwillig und ohne Not durch Preiserhöhung oder Insolvenz des bisheriger Versorgers wechseln wollen. Eine Beratung bei der Verbraucherzentrale kostet pauschal 15 Euro.

Strompreis innerhalb von zwei Jahren vervierfacht

Nach Informationen der Verbraucherschützer hat das Unternehmen Voxenergie den Preis für die Kilowattstunde Strom seit Dezember 2021 schon mehrfach erhöht. Mittlerweile habe sich der Bruttopreis pro Kilowattstunde innerhalb von zwei Jahren Vertragsdauer vervierfacht. Zuletzt musste eine Erhöhung allerdings nach einem Eingreifen der Bundesnetzagentur zurückgenommen werden. Die Ankündigungsfristen waren demnach missachtet worden. Laut Verbraucherzentrale war das Unternehmen auch vor der Energiekrise durch sein Geschäftsgebaren aufgefallen.

Kommunen fordern unbürokratisches Handeln

Der Anstieg der Energiepreise bereitet auch den sächsischen Kommunen zunehmend Sorge. In einer gemeinsamen Erklärung des Landrates und der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge heißt es, die aktuellen Entwicklungen auf dem Energiemarkt und der ungebremste Anstieg von Gas- und Strompreisen stellen eine besondere Herausforderung sowohl für die Bevölkerung, aber auch für die Kommunen dar. Die Situation bedrohe den sozialen Frieden und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Wir bewerten die aktuelle Entwicklung als außerordentlich existenzbedrohend für Menschen mit kleinen Einkommen oder Rücklagen sowie für unsere Unternehmen. Nicht nur die drohende Zahlungsunfähigkeit eines Teils unserer Bevölkerung, sondern auch die Ungewissheit, ob die Preise für Energie noch weiter ansteigen könnten, wird auf die Wirtschaft durchschlagen.

Michael Geisler Landrat Sächsische Schweiz-Osterzgebirge

Der Zusammenschluss fordert die Bundesregierung daher auf, "ideologische Erwägungen beiseite zu legen und schnell und unbürokratisch zu entscheiden und zu handeln". Demnach sollen auch Atom- und Kohlekraftwerke auf Volllastbetrieb hochgefahren werden. Bürgschaften sollen die Energieversorger vor der Insolvenz bewahren, um die "aktuelle Überhitzung des Marktes" einzudämmen.

Preisdeckelung soll Abhilfe schaffen

Es bestehe zudem die Gefahr, dass Handwerksbetriebe und mittelständische Unternehmen zum Jahreswechsel auf die Grundversorgung zurückfallen und Schließungen oder Produktionseinschränkungen drohen, die sich in Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit und zunehmenden Liefer-, Leistungs- und Versorgungsproblemen niederschlagen würden. "Wir setzen uns daher für eine Deckelung der Preise für Einzelhaushalte ein", heißt es weiter.

MDR (lt/lam)

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