Energiekrise in Tschechien Preisdeckel, Atomkraft und was kommt dann?

31. Dezember 2022, 17:30 Uhr

Tschechien hat die Energiekrise hart getroffen. Das Nachbarland muss die vollständige Abhängigkeit von russischem Erdgas und enorme Preissteigerungen bewältigen. Die Regierung sucht nach neuen Kooperationspartnern, will Atomenergie vorantreiben und darf trotz aller Unterstützungsmaßnahmen die angespannte Stimmung in der Bevölkerung nicht aus den Augen verlieren.

Tschechien gewinnt seine Energie zu großen Teilen aus Kohle, Kernkraft und Erdgas. Dabei war das Land zu 100 Prozent von russischen Gasimporten abhängig. Gas galt als günstige Alternative zur Kohle. Zahlreiche Haushalte tauschten Öfen gegen Gasheizungen aus und erleben plötzlich seit dem Krieg Russlands in der Ukraine Preisexplosionen. Energieintensive Unternehmen wie die Glasmacher in Harrachov berichten von einer Verzehnfachung ihres bisherigen Energiepreises.

In Zukunft will Tschechien weniger von fossilen Brennstoffen abhängig sein und laut dem nationalen Energieplan weniger Emissionen produzieren. Premierminister Petr Fiala kündigte sogar an, den Kohleausstieg auf 2033 vorzuziehen. Aktuell sucht Tschechien aber als kurzfristige Übergangslösung nach neuen Bezugsmöglichkeiten für Gas und forciert den Bau einer Pipeline zum polnischen LNG-Terminal an der Ostsee. Außerdem einigte man sich mit Deutschland enger zusammenarbeiten für mehr Energiesicherheit.

Festhalten an Atomkraft

Darüber hinaus investiert Tschechien weiter in Atomkraft. Die beiden Kernkraftwerke Temelín und Dukovany produzieren zusammen ein Drittel des Stroms. Für das Werk in Dukovany soll bis 2036 ein neuer Reaktorblock entstehen. Noch etwas schneller könnten sogenannte kleine modulare Reaktoren gebaut werden, die Tschechien plant. Die Suche nach einem Atommüllendlager ist jedoch seit Jahren strittig und auch eine schnelle Lösung der Energiekrise wäre mit Kernenergie nicht zu erwarten.

Unzufriedenheit trotz Hilfen

Als Unterstützung für die Bevölkerung führte Tschechiens Regierungen verschiedene Hilfspakete ein und deckelte den Strom- und Gaspreis, zuerst für Privathaushalte und kleinere Unternehmen, ab 2023 auch für große Unternehmen. Tschechien setzte sich auch in der EU-Ratspräsidentschaft, die das Land bis Ende 2022 innehatte, für einen EU-Gaspreisdeckel und eine Begrenzung der Strompreise ein.

Trotzdem ist ein großer Teil der Bevölkerung unzufrieden mit den staatlichen Hilfen. Die gestiegenen Preise in fast allen Lebensbereichen bringen viele Tschechen in Existenznöte. Die Inflation im Land lag zuletzt bei 17 Prozent. Mehrmals gab es große Demonstrationen mit tausenden Teilnehmern, die unter anderem gegen die Energiepolitik der Regierung protestierten.

Schlummerndes Potential

Vernachlässigt wurden in Tschechien regenerative Energien. Nach einem anfänglichen Solarboom vor über zehn Jahren bremsten ausbleibende Förderungen und Bürokratie den Ausbau. Mittlerweile steigen die Nachfrage und auch Förderungen wieder für Solaranlagen und besonders Wärmepumpen, die als schnelle Lösung gelten.

Zudem verfügt Tschechien mit Erdwärme über einen vielversprechenden Standortortfaktor. In Děčín wird bereits durch heimische Geothermiequellen geheizt und in Litoměřice dazu geforscht. Dennoch hat Tschechien die Energiewende verschlafen und wolle das nun schnell aufholen für mehr Energiesouveränität.

MDR (frah)

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