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AußenpolitikUkraine-Botschafter Melnyk lädt Kretschmer aus: "Sie sind unerwünscht"

28. August 2022, 14:12 Uhr

Der demnächst aus seinem Amt scheidende ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer von einem Ukraine-Besuch ausgeladen. Via Twitter fand der Ukrainer deutliche Worte.

Der scheidende ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat wegen Äußerungen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer über den Ukraine-Krieg eine Einladung des CDU-Politikers in seine Heimat zurückgezogen. Er habe einst Kretschmer in sein Heimatland eingeladen, aber: "Mit Ihrer absurden Rhetorik über das Einfrieren des Krieges spielen Sie in Putins Hände und befeuern Russlands Aggression", twitterte Melnyk am Sonntag. Daher sei seine Einladung an Kretschmer, die Ukraine zu besuchen, "annulliert".  "Sie sind unerwünscht. Punkt."

Reaktion auf Talkshow-Auftritt

Melnyks Social-Media-Beitrag ist eine Reaktion auf Äußerungen Kretschmers in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" vom Mittwoch. Dort hatte der CDU-Politiker seine Thesen wiederholt, wonach es wichtig sei, dafür "einzutreten, dass dieser Krieg eingefroren werden muss, dass wir einen Waffenstillstand brauchen, dass wir Verhandlungen brauchen, um diesen Krieg zu beenden". Er erlebe das "in der öffentlichen Debatte sehr wenig". Kretschmer verurteilte den Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine. "Russland darf den Krieg nicht gewinnen", betonte er.

Es dürfe aber bei diesem Krieg nicht versucht werden, diesen auf dem Schlachtfeld zu entscheiden, "weil das solche schlimmen Folgen haben könnte für uns alle". Kretschmer hob hervor, die Diplomatie biete die Möglichkeit, miteinander zu reden, auch "wenn man komplett unterschiedliche Meinungen hat, wenn man verfeindet ist".

Streit zwischen Melnyk und Kretschmer schon seit April

Botschafter Melnyk hatte Sachsens Ministerpräsidenten Kretschmer bereits Anfang April scharf für dessen Russland-Kurs kritisiert. Damals twitterte Melnyk, Kretschmer wolle keine Panzer an die Ukraine liefern und ein Gasembargo verhindern. Stattdessen wolle er weiter mit seinem "Kumpelchen Putin kuscheln". Kretschmers Äußerungen nannte er "unverschämte Anbiederung an diesen Kriegsverbrecher", die "eine ewige Schande" bleiben würden. Der Botschafter spielte damals auch auf Kretschmers Russland-Reise 2021 an, als er mit Präsident Putin telefoniert hatte.

Melnyk ist seit Ende 2014 Botschafter in Deutschland. Der Diplomat hatte die deutsche Politik angesichts des russischen Angriffskriegs in seiner Heimat immer wieder scharf kritisiert und der Bundesregierung zu viel Zögerlichkeit in der Frage der Waffenlieferungen für Kiew vorgeworfen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nannte er "beleidigte Leberwurst", als der deutsche Regierungschef nach der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier aus der Ukraine eine eigene Reise nach Kiew zunächst abgelehnt hatte.

Melnyk fand seine Provokationen nötig

Anfang Juli unterzeichnete der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj ein Dekret zur Abberufung Melnyks. Der umstrittene Diplomat soll im Oktober die Geschäfte an seinen Nachfolger übergeben. Dem TV-Sender "Welt" antwortete Melnyk auf die Frage, ob seine provokanten Äußerungen immer nötig gewesen seien: "Ich glaube schon". Insbesondere am Anfang des Krieges "gab es hier in Deutschland nicht unbedingt das Gefühl, wie schrecklich und barbarisch dieser Krieg geführt wird". Er habe keinen anderen Weg gesehen, auf die Not der Menschen in der Ukraine hinzuweisen, sagte Melnyk.

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MDR (kk)/AFP, dpa

Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 28. August 2022 | 13:00 Uhr