Waldbrandgefahr Sachsen bestellt Löschhubschrauber und wo bleiben sie?

22. Juli 2022, 05:50 Uhr

Feld- und Waldbrände in Sachsen häufen sich. In den vergangenen zwei Wochen brannte es an der Bastei, in der Königsbrücker Heide, stundenlang auch in der Gorischheide. Sachsen rüstet Löschtechnik auf, aber wann ist die einsatzbereit?

Drei neue Löschhubschrauber für Sachsen

Sachsen rüstet seine Technik auf, um Waldbrände besser bekämpfen zu können. Das Land hat aktuell drei Polizeihubschrauber bestellt, mit denen die Löscharbeiten künftig aus der Luft unterstützt werden können. Das teilte das Innenministerium auf Anfrage von MDR SACHSEN mit. Derzeit seien drei Polizeihubschrauber der 4-Tonnen Klasse in der Ausschreibungs- und Beschaffungsphase.

Mit ihnen könne direkt aus der Luft gelöscht werden. "Die Hubschrauber werden in der Lage sein, Löschmittel aus der Luft abzuwerfen, um bei der Bekämpfung von Waldbränden zu unterstützen", hieß es. Eingesetzt werden sollen sie vor allem im "unwegsamen Gelände der sächsischen Mittelgebirge".

Der Haken: Eine Kleine Anfrage der AfD hatte ergeben, dass das Innenministerium bereits seit 2020 die neuen Hubschrauber anschaffen wollte. Die Inbetriebnahme ist aber erst Ende 2023 geplant. "Die Anpassung an neue technische Anforderungen hat zu Verzögerungen geführt", begründete das Innenministerium die Zeitspanne von drei Jahren.

Hubschrauber bislang zur Aufklärung und Beobachtung

Bislang kann die Feuerwehr im Rahmen der Amtshilfe auf drei Polizeihubschrauber des Typs Typ EC 135 zugreifen. Diese werden laut Innenministerium vor allem bei der Suche nach Brandherden und für Aufklärungsflüge eingesetzt. Die neuen Löschhubschrauber sollen die aktuellen Modelle der Polizeihubschrauberstaffel ersetzen. Die Staffel kann durch die Kreisbrandmeister und die Leiter der Berufsfeuerwehren angefordert werden. Das Geld dafür sei im aktuellen und nächsten Doppelhaushalt der sächsischen Regierung eingeplant.

Unterstützung durch Bundeswehr und Bundespolizei

Laut Ministerium werden die drei Hubschrauber kombiniert mit der Ausstattung des Sächsischen Katastrophenschutzes "im Regelfall ausreichend" sein. Sollten mehr Einsatzkräfte gebraucht werden, würden Kräfte der Nachbarbundesländer, der Bundespolizei und Bundeswehr "wie gewohnt in bewährter Art und Weise unterstützen".

Thüringen hat keine klassischen Löschhubschrauber

Auch die Thüringer Rettungskräfte haben bislang weder klassische Löschhubschrauber noch -flugzeuge. Allerdings seien laut Thüringer Innenministerium zwei Polizeihubschrauber mit sogenannten Bambi Buckets ausgestattet. Diese faltbaren Löschwasser-Außenlastbehälter für Hubschrauber flogen bei vielen Feld- und Waldbränden schon zu Hilfe. Die Hubschrauber stehen am Erfurter Flughafen bereit, hieß es.

Derzeit schafft Thüringen zudem mobile Löschwasserteiche mit rund 60.000 Litern Fassungsvermögen an. Diese sollen auch für die Waldbrand-Bekämpfung aus der Luft eingesetzt werden. Abgesehen davon werden laut Ministerium vor allem Einsatzmittel zur Brandbekämpfung am Boden beschafft. Dazu zählen etwa Waldbrand- und Löschrucksäcke, Tanklöschfahrzeuge oder Faltbehälter.

Ausbau des Katastrophenschutzes geplant

Bereits im Mai 2022 hatte das sächsische Innenministerium angekündigt, Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz zu stärken. "Die anhaltende Trockenheit macht unseren Wäldern zu schaffen und erhöht das Waldbrandrisiko. Wir müssen auf Waldbrände schnell reagieren, um den Schaden so gering wie möglich zu halten", erklärte Innenminister Armin Schuster (CDU). Zudem wolle er die Zusammenarbeit mit Polen und Tschechien intensivieren.

Fünf Tanklöschfahrzeuge für besonders gefährdete Regionen

Laut Ministerium werden in den stark waldbrandgefährdeten Landkreisen Bautzen, Görlitz und Nordsachsen bereits eigene Katastrophenschutz-Löschzüge bereit gehalten. Die sollen künftig mit fünf neuen Tanklöschfahrzeugen (TLF 4000) unterstützt werden. Deren Auslieferung ist für Ende Sommer 2023 geplant.

Bessere Führung gemeinsamer Einsätze

Die Novelle des Katastrophenschutzes sieht den Angaben zufolge eine stärkere Führung bei gemeindeübergreifenden Einsätzen der Feuerwehren vor. Aktuell erstelle der Landesbranddirektor eine strategische Waldbrandschutzkonzeption. Spezielle Bodenkräfte der Feuerwehr sollen künftig in taktischen Einheiten zusammengefasst und durch neu geschaffene luftgestützte Spezialkräfte unterstützt werden.

Was sind luftgestützte Spezialeinheiten? - Luftgestützte Spezialeinheiten sind zum einen am Boden dafür verantwortlich, die Luftsicherheit zu gewährleisten oder die Betankung und die Aufnahme von Löschmitteln zu koordinieren.

- Zum anderen müssen sie in der Luft den Abwurf von Löschmitteln koordinieren und bei Bedarf im Hubschrauber die Rettungswinden.

- Die Spezialkräfte sollen nicht nur bei Waldbränden angefordert werden. Sie seien bei allen Arten von Katastrophen einsetzbar, so das sächsische Innenministerium.

"Waldbrände" als wichtiger Bestandteil der Aus- und Fortbildung

Auch in der Ausbildung sollen Waldbrände den Angaben zufolge eine größere Rolle spielen. Zudem biete der Landesbranddirektor Führungskräften der Landkreise speziellen Lehrgänge zu Einsatztaktiken bei der Waldbrandbekämpfung an. Gemeinden würden im Rahmen der Richtlinie Feuerwehrförderung bei der Beschaffung moderner Einsatzmittel unterstützt.

Was leisten Löschhubschrauber bei Waldbränden?

Löschhubschrauber allein können jedoch keine Waldbrände löschen. Das sagte Forstwissenschaftler Michael Müller von der TU Dresden: "Man kann im Grunde mit einem Hubschrauber oder anderen Luftfahrzeugen einen Waldbrand überhaupt gar nicht löschen", sagte er.  Man werfe nur ein bis zwei Liter Wasser pro Quadratmeter. Das sei vergleichsweise wenig. Trotzdem habe es "einen Rieseneffekt". "Das Wasser unterbricht ein Vollfeuer in den Kronen und lässt es zu einem Bodenfeuer zusammenbrechen", erläutert der Experte, der selbst schon Waldbrände in Brandenburg mit gelöscht hat.

"Auf einmal sinkt die Temperatur an der Feuerfront durch den Wasserabwurf. Das ist die Chance für die Bodenkräfte an die Feuerfront heranzurücken und das Bodenfeuer auszumachen und anzuhalten." Wenn das Bodenfeuer aus sei, gebe es auch kein Feuer in den Baumkronen mehr. "Selbstständige Kronenfeuer gibt es in Deutschland nicht", betonte Müller.

Große Waldbrände haben in Deutschland (fast) immer mit Munition zu tun

Schwierig bei der Waldbrandbekämpfung sind dem Wissenschaftler zufolge die vielen munitionsbelasteten Flächen. Durch den Zweiten Weltkrieg und große Übungsgelände der Sowjetarmee in der DDR sind viele Flächen – besonders in Ostdeutschland – mit Munition belastet. Das wirke sich direkt auf die Löscharbeiten aus. Fast alle großen Waldbrände von mehr als zehn Hektar Asubreitung in den der vergangenen Jahre seien auf munitionsbelasteten Flächen gelöscht worden.

"Was wir in Treuenbrietzen gesehen haben: Es handelt sich um eine Fläche, die mit Munition belastet ist. Feuerwehrleute müssen hier aus Sicherheitsgründen mindestens 500 Meter Abstand zur Feuerfront halten", erklärte Müller. "Deswegen kann man dort nicht so schnell löschen, wie das anderswo der Fall ist. Daher werden diese Waldbrände so groß."

Wie viele Sachsen engagieren sich bei der Feuerwehr?

  • Laut aktueller Feuerwehrstatistik waren 2021 in den Freiwilligen Feuerwehren 42.910 Mitglieder aktiv.
  • Damit gab es im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 eine nur sehr geringe Veränderung der Mitgliederstärke. Damals engagierten sich 43.054 Frauen und Männer in den Wehren.

MDR (ktt/mab)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Nachrichten | 20. Juli 2022 | 07:00 Uhr

4 Kommentare

Jana am 22.07.2022

@Anni22
Sie sind der Meinung die Bundeswehr hat keine Aufgabe?

Nur zur Erinnerung:
Die Bundeswehr war zwei Jahre lang in der Coronahilfe maßgeblich eingebunden und holt jetzt versäumte Ausbildung nach. Dazu kommt, dass der Russe in ein Nachbarland der EU einmarschiert ist.

Brandschneisen präventiv zu ziehen ist Teil eines Vorbeugekonzeptes gegen die Ausbreitung von Waldbränden und Aufgabe der jeweiligen Eigentümer.

Anni22 am 22.07.2022

Vielleicht könnte man mal Stück für Stück die Munition beräumen. Sollte man mal machen, hätte die Bundeswehr eine Aufgabe. Zumindestens Wege und Schneisen schaffen, die geräumt sind.

Kalkbrenner am 22.07.2022

Was die Staatsregierung in Sachsen und der anfangs so geschätzte Herr Minister Schuster bei der Beschaffung der Löschhubschrauber abliefern, ist aber zumindest diskussionswürdig. Mal wieder zu langsam, zu spät und zu kompliziert. Ein desolates Bild gibt jedoch das (SPD-geführte) Thüringer Innenministerium ab. Dort hat man es nach den schweren Waldbränden 2020 und der breiten parl. Kritik aus dem Thür. Landtag sowie trotz zahlreicher gangbarer Vorschläge aus den Reihen der dortigen MdL (Beschaffung zusammen mit Nachbarbundesländern) immer noch nicht geschafft, auch nur einen Löschhubschrauber (in Form eines MTH als Kombihelikopter Löscheinsatz, Personal- und Materialtransport) für die Polizei zu beschaffen. Und das bei den großen Waldflächen, die in Thüringen oft im Mittelgebirge liegen. P. S. Ein Lob an die Redakteure des MDR dafür, dass sie in ihren Artikel eine parl. Initiative der AfD in Form einer kl. Anfrage eingebunden haben. Als Leser sieht man, dass es doch geht.

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