Schule Diskussion in Thüringen um Abitur nach 13 Jahren

19. Oktober 2022, 10:23 Uhr

Gymnasiallehrer fordern, die Abiturzeit in Thüringen von zwölf auf 13 Jahre zu verlängern, um die Qualität des Schulabschlusses abzusichern. Der Lehrerverband und die Landeselternvertretung kritisieren die Forderung. Auch in der Thüringer Politik stößt sie auf ein geteiltes Echo.

Nach dem Vorschlag der Gymnasiallehrer zu einem 13. Schuljahr für Abiturienten in Thüringer ist eine Diskussion entstanden, wie viel Jahre das Abitur im Freistaat dauern sollte.

Frank Fritze vom Thüringer Lehrerverband sagte MDR THÜRINGEN, das Thema werde zwar innerhalb der Lehrerschaft diskutiert. Ein Teil der Lehrer halte aber das jetzige System mit zwölf Jahren bis zum Abitur für richtig. Der Lehrerverband mache jedenfalls keine Forderung nach einem 13. Schuljahr an Gymnasien auf, so Fritze.

Bei Umstellung fehlt ein Jahrgang Abiturienten

Der Verbandschef verweist zudem darauf, dass mit der Einführung einer 13. Klasse ein Jahr lang keine Abiturienten die Schule verlassen würden, und damit fehlten auf dem Arbeitsmarkt wichtiger Nachwuchs. Wenn überhaupt, dann müsste so ein Umstieg langfristig vorbereitet werden, so Fritze.

Damit steht der Lehrerverband in Widerspruch zu den Gymnasiallehrern. Der Thüringer Philologenverband setzt sich dafür ein, an den Gymnasien von zwölf auf 13 Schuljahre umzusteigen - um so mehr Zeit zu haben, den Unterrichtsstoff zu vermitteln und die Schüler besser auf das Abitur vorzubereiten.

Verbandschefin Heike Schimke sagte MDR THÜRINGEN, es gebe zunehmend Probleme, die Qualität des Abiturs abzusichern. Die Schüler bräuchten mehr Zeit zum Lernen. Um Grundlagenwissen aufzubauen, oder um zu lernen, wie man selbstständig arbeitet und Zusammenhänge erschließt. Zurzeit werde gerade in den unteren Klassenstufen zu wenig Grundwissen vermittelt.

Elternvertretung sieht 13. Schuljahr kritisch

Die Landeselternvertretung reagierte eher kritisch auf die Forderung der Gymnasiallehrer. Sprecherin Claudia Koch sagte, es gebe zwar Missstände im Schulwesen. Es sei aber fraglich, ob das System ausgerechnet jetzt in einer Krise geändert werden müsse. In einer Krise würden keine objektiven und keine guten Entscheidungen getroffen. Laut Koch geht es darum, mit den Kindern, die Defizite haben, mehr zu arbeiten. Wenn es mehr Lehrer gäbe, könnte man diese Mängel beheben, ohne am Gymnasium von zwölf auf 13 Jahre umzustellen.

Wandtafel mit Aufschrift "ABITUR Viel Erfolg".
Werden Thüringer Schüler mit zwölf oder 13 Jahren besser auf das Abitur und die Zeit danach vorbereitet? Darum geht es in der Diskussion. Bildrechte: IMAGO / Michael Weber

Geteiltes Echo in der Politik

In der Thüringer Politik stößt die Forderung ebenfalls auf ein geteiltes Echo. Der bildungspolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion, Denny Jankowski, sagte, die Diskussion um eine neunjährige Gymnasialphase komme angesichts der Probleme an den Schulen zur rechten Zeit. Es sei sinnvoll, den Schülern mehr Zeit zu geben.

Der bildungspolitische Sprecher der Linken, Torsten Wolf, lehnte dagegen eine längere Zeit bis zum Abitur ab. Wolf sagte MDR THÜRINGEN, die Abiturnoten in Thüringen seien schon jetzt im Bundesvergleich gut. Außerdem führe ein 13. Schuljahr dazu, dass an den Gymnasien mehr Lehrer und mehr Klassenräume benötigt würden.

Nach Ansicht der CDU gibt es zwar Probleme an den Schulen. Diese Probleme müssten aber anders gelöst werden als mit einem Umstieg auf eine längere Abiturzeit, sagte der bildungspolitische Sprecher der Union, Christian Tischner, MDR THÜRINGEN.

Das Bildungsministerium reagierte auf die Forderung der Gymnasiallehrer ebenfalls zurückhaltend. Nach Angaben von Sprecher Felix Knothe steht jetzt eine solche Systemumstellung nicht zur Debatte. Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern zeigten zudem, dass eine solche Umstellung eine erhebliche Tragweite hätte und schon gar nicht kurzfristig möglich sei. Knothe warnte zudem davor, das Abitur in Thüringen schlecht zu reden. Die vergangenen Abschlussjahrgänge hätten sehr gut abgeschnitten. Laut Knothe wird Bildungsminister Helmut Holter (Linke) mit den Gymnasiallehrern das Gespräch suchen.

MDR (WH/JN/rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 18. Oktober 2022 | 20:00 Uhr

45 Kommentare

martin am 20.10.2022

Nun ja, wenn DDR Bausubstanz und DDR Ausstattung für das Abi nach 12 Jahren sprechen, können die aktuellen Probleme doch nicht an Bausubstanz und Ausstattung liegen - besonders, wenn die an manchen Orten nich 'erhalten geblieben' ist.

Gotha2020 am 20.10.2022

Wie blöd ist das denn? Aufgrund von Unterichtsausfall und Lehrermangel soll den Kindern mehr Zeit gegeben werden. Dann können wir ja noch mehr Lehrer einsparen und in ein paar Jahren auf 14 Schuljahre erhöhen!?. Wer denkt sich so was aus? In ganz Europa benötigen die Kinder nur 12 Jahre bis zum Abitur. Bisher benötigen nur die Kinder aus den gebrauchten Bundesländern 13 Jahre. Das liegt aber nicht daran das die Kinder blöder sind sondern das sich die ebenfalls überalterte Lehrerschaft weigert den Lehrplan entsprechend auf 12 Jahre anzupassen und bereits in der 5 Klasse damit begonnen wird auf das Abitur hinzuarbeiten.

Harka2 am 20.10.2022

Da waren garantiert keine Fachkräfte mit Bezug zur Realität bei der Diskussion mit dabei. Dort findet man nur drittklassige Politiker mit Profilneurosen und besorgte Eltern, die nicht mal eine Vorstellung davon haben, was in ihre Verantwortung gehört.

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