Jüdisch-interkulturelles FestivalIn Weimar starten die 10. Thüringer Achava Festspiele
Mit einem Konzert von Ute Lemper wurden die 10. Achava Festspiele am Sonntag in Weimar eröffnet. Auf dem Programm stehen bis 22. September rund 50 Veranstaltungen in ganz Thüringen, mit Zeitzeugen-Gesprächen, Ausstellungen oder Stadtrundgängen. Intendant Martin Kranz betont, das Festival wolle zum Dialog anregen und sei das größte seiner Art in ganz Deutschland. Eine zentrale Fragestellung ist, wie auch in Zukunft Erinnerung an den Holocaust bewahrt werden kann.
- Am Sonntag starten die 10. Achava Festspiele in Thüringen, Station machen sie erstmals auch in Mühlhausen.
- Das Eröffnungskonzert in Weimar bestreitet Ute Lemper, einer der wenigen internationalen Stars aus Deutschland.
- In Eisenach feiern außerdem die 1. Achava Filmtage Premiere.
Die Achava Festspiele werden am Sonntag mit einem Konzert von Ute Lemper in Weimar eröffnet. Die 10. Ausgabe des jüdisch-interkulturellen Festivals bietet rund 50 Veranstaltungen auch in Erfurt, Eisenach, Gotha und erstmals in Mühlhausen, wo am 22. September das große Abschlusskonzert in der Kornmarktkirche zu erleben sein wird. Aufgeführt wird dort Johann Sebastian Bachs h-moll-Messe.
Wie Intendant Martin Kranz im Gespräch mit MDR KULTUR betonte, sind die Achava Festspiele mittlerweile das größte jüdisch-interkulturelle Festival dieser Art in Deutschland. Wir sind mittlerweile das größte jüdisch-interkulturelle Festival dieser Art in Deutschland. Auch Bildungsarbeit gehört zum Programm.
Konzert mit Ute Lemper gemeinsam veranstaltet mit Kunstfest Weimar
Mit ihrem Konzert im Deutschen Nationaltheater Weimar lässt Lemper ihre 40-jährige Karriere Revue passieren, die sie bis zum Broadway nach New York führte. Auf dem Programm stehen Songs von Kurt Weill und Friedrich Hollaender genauso wie von Leo Ferre, Jacques Brel oder Joni Mitchell. Die 60-jährige Künstlerin veröffentlichte zuletzt ihre Autobiografie "Die Zeitreisende. Zwischen Gestern und Morgen", mit der sie es auf die Spiegel-Bestsellerliste schaffte. Lemper gehört zu den wenigen internationalen Stars aus Deutschland. Lempers Auftritt bildet zugleich das Finale für das Kunstfest Weimar.
Glaubenskrieg in Tirol: Szenische Lesung am DNT
Bereits vor dem Eröffnungskonzert am Abend steht eine szenische Lesung des Dramas "Glaube und Heimat – Die Tragödie eines Volkes" von Karl Schönherr an. Darin geht es um die Vertreibung von Protestanten durch ihre katholischen Mitbürger 1838 in Tirol. Dabei hatte Kaiser Joseph II. bereits 1781 mit dem Toleranzpatent das Recht auf freie Religionsausübung zugesichert. Die Aufführung soll auf die Geschichte gewaltvoller religiöser Auseinandersetzungen unter Christen verweisen. Damals flüchteten zahlreiche Protestanten auch in das heutige Thüringen.
Erste Achava Filmtage in Eisenach: NS-Verbrechen und Holocaust
In Eisenach finden in diesem Jahr die 1. Achava Filmtage unter dem Titel "NS-Verbrechen und Holocaust" statt. Im Fokus stehen polnische und tschechische Filmkunstwerke der Nachkriegszeit, die sich bereits wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges mit den NS-Verbrechen der deutschen Okkupanten beschäftigten. Zu Gast sind unter anderem die polnische Regisseurin und Dokumentarfilmerin Maria Zmarz-Koczanowicz und Matej Strnad, Chefkurator des Tschechischen Filmarchivs.
Zeitzeugen, Foto-Ausstellung und Stadtführungen
Gespräche mit Zeitzeugen gehören jedes Jahr zum Programm der Achava Festspiele. So werden die Holocaust-Überlebenden Naftali Fürst und Pavel Taussig am 12. September im Weimarer mon ami erwartet, Fürst wird zuvor bereits am 10. September im Erfurter Erinnerungsort Topf & Söhne Auskunft geben. In der Bibliothek der Bauhaus-Universität Weimar wird am 11. September die Ausstellung "Ein Jahr mit dem Stern" eröffnet, die Fotografin Elena Kaufmann zeigt Szenen und Porträts heutigen jüdischen Lebens in Thüringen. Außerdem finden Stadtführungen auf den Spuren jüdischen Lebens in Weimar, Gotha oder Mühlhausen statt. "Stolpermusiken" heißen die musikalischen Stadtspaziergange durch Weimars Stadtgeschichte während der NS-Zeit.
Kochen für den Frieden: "Make Hummus Not War"
Unter dem Motto "Make Hummus Not War" finden in Erfurt mehrere Workshops für Schüler und Schülerinnen statt, die Einblicke in Küche und Kultur des Nahen Ostens bieten. Einen öffentlichen Kochkurs gibt es am 15. September in Erfurt, der Slogan dafür geht zurück auf den Palästinenser Jalil Dabit und seinen jüdischen Geschäftspartner Oz Ben David. Beide führen das Restaurant Kanaan in Berlin. Mit dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 und dem Gaza-Krieg wurde ihre Freundschaft auf den Prüfstand gestellt, sie haben eine Lösung gefunden: im Austausch bleiben. Dazu lädt das Format nun in Erfurt ein, gemeinsam gespeist werden soll schließlich unter dem Paradiesbaum auf dem Petersberg, den Ruth Horam und Nihad Dabeet, Dabits Bruder, geschaffen haben.
Zur aufgeheizten Debatte erklärte Intendant Martin Kranz, Kritik an der aktuellen israelischen Regierung und dem, was sie tue, sei "nicht nur angebracht, sondern wichtig". Doch Israel als Staat, "und da rede ich von den Menschen, die dort leben", sei "unangefochten zu verteidigen", so Kranz.
Quelle: MDR KULTUR, Achava Festspiele, redaktionelle Bearbeitung: jb, ks
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 19. Juni 2024 | 07:30 Uhr