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EnergiekriseAldi schließt früher: Weitere Supermärkte wollen so Energie sparen

01. November 2022, 15:47 Uhr

Seit 1. November schließt Aldi seine Filialen früher. Grund für den Discounter ist ein "Beitrag zum Energiesparen". Gewerkschaft und Internet-Nutzer vermuten hingegen Personalmangel. Von den neuen Aldi-Öffnungszeiten ist Thüringen kaum betroffen. Andere Märkte versuchen auf andere Art, Energie zu sparen. Was oder wem nützen also kürzere Öffnungszeiten?

von Isabelle Fleck, MDR THÜRINGEN

Rund 30.000 Mitarbeiter arbeiten für Aldi. Seit dem 1. November haben sie nun laut Pressestelle "mehr Freizeit", denn 2.200 Märkte schließen künftig um 20 Uhr. Ein Sprecher schreibt, Aldi habe sich "als erster Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland für die Anpassung der Öffnungszeiten entschieden." Zunächst gilt das für die Winterzeit 2022/2023.

Doch welche Kunden stehen nun abends vor verschlossenen Schiebetüren? In Erfurt schließt beispielsweise die Filiale am Berliner Platz künftig auch um 20 Uhr, statt wie bisher um 21 Uhr. Ob noch andere Filialen betroffen sind, beantwortet Aldi auf Anfrage nicht. Auf der Internetseite sind die neuen Öffnungszeiten bis 20 Uhr schon flächendeckend hinterlegt.

Grund Personalmangel?

Im Internet wird über den "wahren Grund" für die verkürzten Öffnungszeiten viel spekuliert. Auf Nachfrage erklärt der Aldi-Sprecher, dass die "Reduzierung der Öffnungszeiten keine Auswirkungen auf unsere Beschäftigungszahl (hat) und damit auch nicht im Zusammenhang mit einem möglichen Personalmangel" stehe. Die Mitarbeiter der Märkte hätten "Außerordentliches geleistet" und mit den neuen Öffnungszeiten "ein wenig mehr Freizeit".

Einsparpotenzial nicht erst seit der Krise

Aldi erklärt, nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine, sondern grundsätzlich "zahlreiche Effizienzmaßnahmen und weitere Einsparpotenziale" zu prüfen. Allerdings habe die Energiekrise dazu beigetragen, die Außen- und Werbebeleuchtung zu ändern - zum Beispiel im Backbereich und an Regalen. Außerdem ließ das Unternehmen die Heizung herunterdrehen und es werden Kühlwandregale mit Türen eingebaut, "um die Energieeffizienz der Kühlmöbel zu erhöhen."

Kühltruhen verbrauchen am meisten Energie

Von Edeka heißt es, dass die 3.500 selbstständigen Kaufleuten und sieben regionalen Großhandlungen "eigenständig entscheiden ... auch über die Gestaltung ihrer Öffnungszeiten". Die zentrale Pressestelle erklärt, die Entscheidung einzelner Wettbewerber "durchaus nachvollziehen" zu können, selbst aber keinen Anlass für kürzere Öffnungszeiten zu sehen.

Auf Anfrage erklären auch andere Lebensmittelketten, die Öffnungszeiten nicht ändern zu wollen - aber Verständnis für den Schritt zu haben. So heißt es von Tegut, die aktuelle Diskussion um Öffnungszeiten werde beobachtet. Aktuell seien aber keine Anpassungen der Öffnungszeiten geplant. Größtes Problem seien aktuell die Energiekosten für die Kühltruhen. Diese liefen ja auch weiter, wenn die Märkte früher schließen.

Die (durch kürzere Öffnungszeiten) erzielbare Energieeinsparung wäre marginal. Denn auf (Kälte-)Technik entfällt mehr als die Hälfte des Energiebedarfs unserer Märkte und ist unabhängig von den Öffnungszeiten.

Rewe-Group, zu der auch Penny gehört

In ihrer "Thüringer Energie-Resolution" schreibt die Gewerkschaft Verdi, dass es nicht reiche, Werbeschilder und Pylonen nicht mehr zu beleuchten. Der Fachbereichsvorstand Handel Thüringen sowie die Tarifkommission Einzelhandel Thüringen und die Tarifkommission Großhandel Thüringen sprechen sich deshalb für verkürzte Öffnungszeiten aus - aber noch kürzer als nun bei Aldi. Verdi rechnet damit, dass kürzere Öffnungszeiten nicht weniger Umsatz bedeuten, "zumal in den späten Abendstunden die meisten Geschäfte ohnehin kaum noch stark durch Kundinnen und Kunden frequentiert sind."

Ladenöffnungszeiten von 7 bis 19 Uhr (...) könnten in der dunklen Jahreszeit einen wirksamen Beitrag zur Energieeinsparung leisten.

Matthias Adorf, Gewerkschaftssekretär Handel Verdi

Laut Verdi begrüße eine "überwiegende Mehrheit der Beschäftigten im Handel" kürzere Öffnungszeiten. In vielen Betrieben sei die Personalsituation angespannt, die Mitarbeiter würden Familie und Beruf nur schwer unter einen Hut bekommen.

Vielleicht hat Aldi hier einen wohlklingenden Vorwand gefunden, um tiefer liegende Probleme nicht anzusprechen. So oder so. Die Verkürzung der Öffnungszeiten ist zu begrüßen.

Verdi Matthias Adorf, Gewerkschaftssekretär Handel

Öffnen, wenn Kunden was kaufen wollen

Knut Bernsen vom Handelsverband Thüringen sagt im MDR-Interview, wer früher schließe, müsse nicht so stark heizen. Das könne Energie sparen. Allerdings müssten die Öffnungszeiten "zu den Konsumentenströmen passen". Es sei eine individuelle Betrachtung nötig und die Frage: "Wann wollen die Kunden kaufen?"

Die Kerze brennt an beiden Seiten. Die Konsumenten halten sich zurück und gleichzeitig steigen bei uns die Kosten - aber die Preise können nicht in dem Umfang angehoben werden.

Knut Bernsen, Handelsverband Thüringen

Die Energiespar-Ideen der anderen Supermärkte

Wenn es also nicht reicht, die Werbetafeln nicht mehr zu beleuchten, welche anderen Ideen gibt es noch?

Globus teilt mit, dass die Energie-Verbräuche in den Märkten "aktiv kontrolliert" werden. Außerdem gibt es "Wärmerückgewinnungs- und PV-Anlagen".

Lidl schreibt, seine Filialen flächendeckend auf LED-Beleuchtung umgerüstet zu haben und bei Neubauten "nochmals 30 Prozent mehr Energie im Bereich Beleuchtung einsparen" zu können. An vielen Filialen würden zudem "umweltfreundliche Wärmepumpen" eingesetzt. Die Kälte- und Klimaanlagen werden mit "natürlichen, energieeffizienten Kältemitteln" betrieben. Seit August 2020 fließt "100 Prozent Grünstrom" und es wird selbst Strom per Fotovoltaikanlagen produziert.

Von Kaufland heißt es, in den Filialen würden "alle relevanten Energieträger erfasst und analysiert". Neben den Einsparungen, die auch schon andere genannt haben, werden in vielen Filialen "Kühlschränke mithilfe des Kälte-Klima-Verbundes" betrieben. Das bedeutet, dass die Wärme, die beim Betreiben einer Klimaanlage anfällt, auch zum Heizen der Filialen (Industriefußbodenheizung) und der Büro- und Pausenraum-Heizkörper genutzt wird. So würden rund 80 Prozent des gesamten Wärmebedarfs in den Filialen selbst abgedeckt.

Die Kühltheken sind einer der größten Energie-Verbraucher in Supermärkten. Bildrechte: imago/Geisser

Rewe und Penny schreiben, dass in vielen Märkten "sogenannte 'Energiebeauftragte' eingesetzt werden", dass Bewegungsmelder in Nebenräumen das Licht regeln und die Beleuchtungszeiten für die Außenbereiche gekürzt wurden. Neben diesen Schritten, die auch andere Lebensmittelgeschäfte gehen, will die Rewe-Gruppe ab 2025 für 1.500 Märkte zudem "Grünstrom aus einem neuen Offshore-Windpark in der Nordsee" beziehen, so ein Sprecher.

Rewe und Penny setzen "Energiebeauftragte in ihren Filialen ein. Bildrechte: picture alliance/dpa | Jens Kalaene

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 01. November 2022 | 19:00 Uhr

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