Bundeswehr Trainieren für den Ernstfall: Panzer aus Thüringen üben scharfen Schuss
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In diesen Tagen trainieren rund 1.000 Bundeswehrsoldaten aus Thüringen und anderen Bundesländern auf Truppenübungsplätzen in Sachsen-Anhalt den Ernstfall. Sie gehören zur Nato Response Force, einer schnellen Eingreiftruppe des Bündnisses. Eine zentrale Rolle dabei spielt das Panzerbataillon 393 aus Bad Frankenhausen.
Mit dunkel brummenden Motoren stehen die vier Kampfpanzer im Abstand von einigen Hundert Metern nebeneinander auf der Schießbahn. Plötzlich knallt es kurz hintereinander mehrmals laut. Aus den Kanonenrohren der Leopard-2-Panzer blitzt meterlanges Mündungsfeuer, vor den Stahlkolossen wirbelt Staub auf. In etwa einem Kilometer Entfernung schlagen die Geschosse ein.
Für den Beobachter auf der Tribüne des Truppenübungsplatzes ist schwer zu erkennen, ob die Panzerbesatzungen ihre Ziele getroffen haben. "Im Gefecht im Gelände sind feindliche Panzer ja in der Regel nicht in voller Größe zu sehen, meist sieht man nur den Turm hinter einem Hügel aufragen", erläutert ein Stabsfeldwebel. Einen genauen Überblick darüber, ob die vier Panzer getroffen haben, haben die Beobachter und Übungsleiter im Raum unter der Tribüne. Nach jeder Schießserie werten sie die Übungen aus.
Truppenteile aus mehreren Bundesländern beim "Wettiner Schwert"
Die Panzerbesatzungen, die hier seit dem 31. März auf der Schießbahn in Klietz im Norden Sachsen-Anhalts üben, gehören zum Panzerbataillon 393 aus Bad Frankenhausen. Das Schießtraining ist Auftakt der zweiwöchigen Bundeswehr-Übung "Wettiner Schwert". Insgesamt rund 1.000 Soldaten und Soldatinnen sind beteiligt. Ein Großteil davon gehört zu Bundeswehr-Einheiten aus Thüringen und Sachsen, doch auch aus anderen Landesteilen sind Truppen hier - etwa das deutsch-britische Panzerpionierbataillon 130 aus Nordrhein-Westfalen und das Panzergrenadierbataillon 112 aus Bayern.
Üben für Nato-Eingreiftruppe
Die Soldaten, die hier den Ernstfall trainieren, sind Teil der Nato Response Force (NRF) - einer rund 50.000 Mann umfassenden Eingreiftruppe des Verteidigungsbündnisses. Ihre Aufgabe: Innerhalb weniger Tage an jedem Ort des Bündnisgebietes einem möglichen Angreifer gegenüberzutreten und ihn abzuwehren. Die Bundeswehr stellt seit Jahresanfang den Großteil der 12.000 Mann umfassenden Heerestruppen der NRF, gemeinsam mit Kontingenten aus Norwegen und den Niederlanden. Etwa 6.000 Bundeswehr-Soldaten sind das, sie gehören zur 10. Panzerdivision.
Deren Kommandeur, Generalmajor Ruprecht von Butler, erklärt den Zweck der Übung: "Wir trainieren hier Szenarien der Landes- und Bündnisverteidigung. Deswegen machen wir das auch in einem internationalen Rahmen. Und wir stellen uns auf ein Szenar ein, das wir jetzt leider sehr ähnlich in der Ukraine erleben - dass ein Gegner angreift, einen unserer Verbündeten angreift und wir dort das Land verteidigen müssen."
Wir trainieren hier Szenarien der Landes- und Bündnisverteidigung.
Die Aufstellung der NRF war bereits im Jahr 2002 von der Nato beschlossen worden. Nach der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 wurde ihr Umfang erweitert, außerdem wurde die Bildung einer besonders schnellen Eingreiftruppe "Very High Readiness Joint Task Force" (VJTF) beschlossen. Diese muss innerhalb von maximal 72 Stunden an jeden Ort im Bündnisgebiet verlegbar sein.
Schnelle "Speerspitze" VTJF
Die Nato-Mitgliedsländer stellen im Rotationsprinzip Truppen NRF und VJTF bereit. Seit Anfang 2022 und bis Ende 2024 ist die Panzergrenadierbrigade 37 "Freistaat Sachsen" der sogenannte Leitverband für den Heeresanteil der VJTF. Die Brigade gehört zur 10. Panzerdivision und umfasst neben dem Panzerbataillon in Bad Frankenhausen auch das Aufklärungsbataillon 13 in Gotha, die Panzergrenadierbataillone 391 in Bad Salzungen und 371 im sächsischen Marienberg, das Panzerpionierbataillon 701 in Gera sowie Versorgungs- und Logistiktruppen. Mit Übungen wie in Klietz bereiten sich die für VJTF vorgesehenen Truppenteile auf ihre Aufgabe als besonders schnelle Eingreiftruppe vor, im Jahr 2023 sind sie dann zwölf Monate lang in erhöhter Alarmbereitschaft.
Mit 300 Fahrzeugen und 1.000 Mann über die Elbe
Am Tag nach dem letzten Schießtraining in Klietz verlegen die 1.000 Männer und Frauen zu einem anderen Übungsplatz in der Nähe. Auf ihrem Weg dahin müssen rund 300 Fahrzeuge die Elbe überqueren. In Zweier- und Dreier-Gruppen fahren die Leopard-Panzer, Puma-Schützenpanzer, Radpanzer, Lkw, Sanitätsfahrzeuge und Pkw auf amphibische Schwimmbrücken, die wie Fähren zwischen den beiden Ufern hin- und herpendeln.
Neues und altes Gerät ist hier zu sehen - nagelneue Leopard- und Puma-Panzer und Marder-Schützenpanzer, die schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Für ihre Aufgabe als Eingreiftruppe hat die Panzergrenadierbrigade 37 viel neues Material bekommen. "Ich hoffe, dass ich ganz viel davon behalten kann", sagt Brigadegeneral Alexander Krone, der Kommandeur der Brigade. Die Bemerkung ist nicht unbedingt witzig gemeint. Weil es in der Bundeswehr heute an vielen Ecken an modernem Material und Ausrüstung fehlt, müssen sich Kommandeure seit Jahren für Aufgaben wie die Eingreiftruppe Fahrzeuge und Ausstattung bei anderen Einheiten ausleihen.
Der Krieg in der Ukraine hat zu einem Umdenken in der Politik geführt. Mit höherem Wehretat und 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen soll neues Material gekauft werden. "Wir müssen Schritt für Schritt dahin kommen, dass jeder Brigadekommandeur wirklich sein eigenes Material hat", sagt Krone.
Bilder aus der Ukraine
Die Motivation seiner Soldatinnen und Soldaten sei groß, betont der General. Allen sei die Bedeutung ihrer Aufgabe angesichts der Fernsehbilder aus der Ukraine klar. Auch sein Chef, Divisionskommandeur von Butler sieht das so. "Viele Dinge, die wir vorher theoretisch geübt haben, die werden einem doch jetzt nochmal sehr, sehr bewusst. Und wenn ich das jetzt sehe, diese entsetzlichen Bilder aus der Ukraine, wie dort Städte zusammengeschossen werden, sowas darf in unserem Bündnisgebiet nie geschehen und dafür stehen wir auch zur Verteidigung bereit."
MDR (dr)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR aktuell | 03. April 2022 | 21:45 Uhr
MDR-Team vor 18 Wochen
Werte Kommentierende,
bitte kehren Sie zum Thema des Artikels zurück. Hier soll es nicht um eine allgemeine Bewertung oder Rekonstruktion des Krieges gehen, sondern um das Bundeswehrtraining in Sachsen-Anhalt.
Beste Grüße
die MDR Thüringen-Onlineredaktion
Wessi vor 18 Wochen
1945 mit heute zu vergleichen ist unrichtig.1945 war Befreiung, heute ist Überfall.1945 hat sich ein angegriffenes Land in übler Art+Weise gerächt.Jede Rache ist falsch, aber der Grund war die Schuld unseres Landes.Unter den Befreiern unsres Landes waren übrigens auch viele Ukrainer.Wo Kriegsverbrechen statt finden ist irrelevant, zu bemerken ist nur, daß sie statt finden.Ich war nie ein Freund der NATO, heute bin ich froh, daß es sie gibt,allein könnten wir, so oder so, mit oder ohne ausreichende Mittel keinesfalls widerstehen!
Wessi vor 18 Wochen
Verantwortungslos? @ Matthi sind weder Frau Merkel, noch Herr Steinmeier.Mit "Gier" hat das überhaupt nichts zu tun.Sie haben Fehler gemacht,ja!Die hat Steinmeier ja auch eingestanden.Aber ist "Vertrauen" generell falsch...nur weil ein Kriegsverbrecher es mißbraucht?