Corona-Impfpflicht Kaum Bußgelder und keine Betretungsverbote in Thüringer Heimen und Kliniken

14. Februar 2023, 11:09 Uhr

Die Corona-Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken, Arztpraxen und Pflegeheimen hat hohe Wellen geschlagen: Es war von Ungleichbehandlung, einem Bürokratiemonster und Furcht vor Berufswechseln die Rede. Letztlich blieben die Auswirkungen jedoch gering, weil die Bundesvorgabe in Thüringen kaum durchgesetzt wurde. Trotzdem bezahlten mehrere Hundert Mediziner und Pfleger Bußgelder.

Erkrankte Menschen und Senioren sollten gesundheitlich besonders geschützt werden, darüber herrscht Einigkeit. Doch ob eine einrichtungsbezogene Impfpflicht das wirksam unterstützen kann und ob sie praktisch durchsetzbar ist, das war von Beginn an umstritten. Letztlich hatten Bundestag und Bundesrat sie im Infektionsschutzgesetz in Paragraph 20a verankert.

Kliniken, Arztpraxen, Rettungs- und Pflegedienste, Geburtshäuser und Pflegeheime waren ab 16. März 2022 verpflichtet, Mitarbeiter ohne Immunitätsnachweis gegen Covid-19 den Gesundheitsämtern zu melden. Den Pflegern, Sanitätern und Medizinern drohten Bußgelder und im schlimmsten Fall Betretungs- und Tätigkeitsverbote.

Impfpflicht kaum geahndet

Rückblickend lässt sich feststellen, dass die Impfpflicht im Gesundheitswesen in Thüringen kaum durchgesetzt und geahndet wurde. Das hat eine Umfrage von MDR THÜRINGEN unter den Landkreisen und kreisfreien Städten ergeben. Betretungs- und Tätigkeitsverbote sind gar keine bekannt geworden.

Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) hatte im Oktober erklärt, dass sie davon ausgeht, dass es keine geben werde. Landesregierung sowie Politiker der Opposition und der Kommunen hatten zudem mehrfach ein Ende der Impfpflicht gefordert.

Land: Ein Fünftel im Gesundheitssektor ohne Impfnachweis

Insgesamt haben die Arbeitgeber den Gesundheitsämtern laut Gesundheitsministerium rund 14.000 Mitarbeiter ohne Immunitätsnachweise gemeldet. Das entspricht gut einem Fünftel der rund 65.000 Beschäftigten im Thüringer Gesundheitswesen. Etwa 6.300 dieser Verfahren seien ohne Bußgeld abgeschlossen oder eingestellt worden, schrieb das Thüringer Gesundheitsministerium auf Anfrage von MDR THÜRINGEN.

Die Betroffenen hätten doch noch "geeignete Nachweise vorgelegt", wie einen Impf- oder Genesenen-Nachweis, glaubhafte Atteste oder Kontraindikationsnachweise eingereicht - oder hätten das Gesundheitswesen verlassen. Auch habe es Doppel- und Falschmeldungen durch Arbeitgeber gegeben.

 Kommunen haben viele Verfahren eingestellt

Allerdings geht das Land davon aus, dass sich inzwischen viele der übrigen Fälle erledigt haben. Darauf deuten auch die Antworten der Landratsämter und Stadtverwaltungen an MDR THÜRINGEN hin. Die meisten Kommunen haben ihren Ermessensspielraum genutzt und gar keine Bußgeldverfahren eingeleitet.

Einige Kommunen, wie der Landkreis Schmalkalden-Meiningen und die Stadt Jena, stellten Ende November 2022 alle laufenden Anhörungen und Bußgeldverfahren ein. Damals hatte das Bundesgesundheitsministerium das Ende der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zum 31. Dezember erklärt.

Das Landratsamt des Saale-Holzland-Kreises teilte mit, die 33 verhängten Bußgeldbescheide in Höhe von jeweils 200 Euro würden nicht eingetrieben. Ein Teil der Verfahren dürfte sich auch erledigt haben, als das Thüringer Gesundheitsministerium die Impfpflicht im September 2022 lockerte und fortan keine Corona-Booster-Impfung mehr verlangt worden sind.

Hunderte zahlen Bußgelder zwischen 150 Euro bis 500 Euro

Trotzdem haben in mindestens drei Thüringer Landkreisen und Städten mehrere Hundert Mediziner und Pfleger Bußgelder wegen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht bezahlt. So teilte die Stadt Erfurt mit, sie habe 61 Bußgeldbescheide in Höhe von 250 Euro und zwei in Höhe von 500 Euro erlassen. Von diesen seien nur fünf nicht gezahlt worden.

Der Kreis Sömmerda gibt an, dass 80 Bußgelbescheide über jeweils 150 Euro erlassen und davon nur einzelne offen seien oder wegen eines Einspruchs bei Gericht lägen. Im Landkreis Nordhausen gab es wegen der Impfpflicht 150 Bußgeldbescheide zu je 250 Euro. In 89 Fällen liegt laut Landratsamt ein Einspruch beim Amtsgericht. Insgesamt folgt aus der rund zehn Monate gültigen Impfpflicht nur eine kleine Zahl an Bußgeldern.

Keine Hinweise auf Berufswechsel

Allerdings gibt es bislang keine Erhebungen, ob Pfleger und Mediziner aufgrund der Impfpflicht ihrem Beruf den Rücken gekehrt haben. Mehrere Arbeitgeber im Gesundheitswesen hatten im Vorfeld vor einer Abwanderung von Beschäftigten aus dem Gesundheitswesen gewarnt. Die Gewerkschaft Verdi, die zahlreiche Beschäftigte im Gesundheitswesen vertritt, hatte kritisiert, dass ausgerechnet jene, die in der Pandemie besondere Lasten getragen hätten, nun bestraft würden und sogar Kündigungen drohten.

Die Gewerkschaft verbuchte nach eigenen Angaben zahlreiche Mitglieder-Anfragen. Tatsächliche Rechtsschutz-Begehren habe es allerdings keine gegeben. Sprich, zumindest ist in Thüringen niemand mit gewerkschaftlicher Unterstützung gegen eine Kündigung im Zusammenhang mit der Corona-Impfpflicht vorgegangen.

Mehr zur einrichtungsbezogenen Impfpflicht

MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 13. Februar 2023 | 07:00 Uhr

19 Kommentare

kleiner.klaus77 am 14.02.2023

Wenn ich die ganzen Fehler sehe, die während der Pandemie gemacht wurden, das fängt mit der Impfpflicht an und hört mit den viel zu viel bestellten Impfstoffen auf! Das wäre jetzt einmal die Aufgabe von MDR.DE online entsprechend zu recherchieren und Hintergrundinformationen zu liefern!

Sia am 13.02.2023

@OOOO Wenn Sie das Recht auf körperliche Unversehrtheit meinen, sollten sie ja pro Impfpflicht sein. Immerhin haben die Patienten auch ein recht auf Unversehrtheit und den Schutz vor potentiell gefährlichen Krankheiten.

Jan Will am 13.02.2023

Eine so kurzzeitig geltende Impfpflicht war ja schon praktisch/verwaltungstechnisch kaum durchsetzbar. ----- Ansonsten, finde ich Impfpflichten, wie auch gegen Hepatitis in medizinischen Bereichen, sinnvoll und keinen Aufreger.

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