Eine junge Frau in Winterkleidung, Wollmütze und gelbem Schal putzt sich die Nase
Neben den Corona-Erkrankungen rechnen Experten vermehrt mit Atemwegserkrankungen im Herbst und Winter. Bildrechte: Getty Images

Gesundheit Corona: 50 Todesfälle pro Woche - Variante BQ.1.1 nachgewiesen

21. Oktober 2022, 16:58 Uhr

Besonders ältere Thüringer ohne zweite Auffrischungsimpfung liegen derzeit mit Covid-19 im Krankenhaus. Für Herbst und Winter erwartet der Jenaer Infektiologe Pletz viele ambulante Corona-Erkrankungen - und vermehrt Grippefälle.

  • Ambulante Corona-Fälle könnten das Gesundheitssystem nach Einschätzung von Experten an seine Grenze bringen.
  • Die Omikron-Variante BQ.1.1 wurde offenbar auch in Thüringen nachgewiesen.
  • Mediziner: Masken schützen nicht nur vor Corona, sondern auch vor Grippe.
  • Die Zahl der Covid-19-Todesfälle pro Woche ist auf 50 gestiegen.
  • Vor allem Ältere ohne zweite Boosterimpfung werden derzeit im Krankenhaus behandelt.

In der Corona-Pandemie rechnet der Jenaer Infektionsmediziner Mathias Pletz im Herbst und Winter vor allem mit vielen ambulant behandelbaren Covid-19-Erkrankungen. Allerdings könnten auch diese das Gesundheitssystem und sonstige kritische Infrastruktur an die Grenzen bringen.

Vor allem, weil auch andere Infektionen wie Grippe oder weitere Atemwegserkrankungen nach mehr als zwei Jahren Pandemie wieder zunähmen, sagte der Mediziner vom Universitätsklinikum Jena. "Das Problem sind Personalausfälle."

Das Problem sind Personalausfälle.

Mathias Pletz Infektionsmediziner

Omikron-Variante BQ.1.1 auch in Thüringen nachgewiesen

Nach Angaben des Mediziners ist die kürzlich entdeckte neue Sublinie BQ.1.1 von der Omikron-Variante vor wenigen Tagen auch in Thüringen erstmals nachgewiesen worden. Diese gilt als sogenannte Immunflucht-Variante. Damit ist gemeint, dass sich das Viruserbgut verändert hat, so dass es Antikörpern von Geimpften und Genesenen besser entkommt.

Umso wichtiger seien Eigenverantwortung und Solidarität beim Schutz vor Infektionen, betonte Pletz, der am Uniklinikum Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene ist. Im aktuellen Wochenbericht des Landesamtes für Verbraucherschutz war die neue Variante am Donnerstag noch nicht erfasst.

Masken schützen vor Corona und anderen Erregern

Das gelte insbesondere für das Tragen von Schutzmasken. "Sie schützen nicht nur vor Corona, sondern auch vor Atemwegsinfektionen durch andere Erreger." Ein Mund-Nasen-Schutz schränke die individuelle Freiheit kaum ein, sei aber sehr effektiv. Vorbild für Pletz sind die asiatischen Länder. Die Menschen dort trügen jedes Jahr in der Erkältungssaison Masken. "Das ist dort auch eine Frage der Höflichkeit."

Auch der Landesarzt des Deutschen Roten Kreuzes in Thüringen, Reinhard Fünfstück, warb am Donnerstag für das freiwillige Tagen von Masken. "Das macht keine Mühe und gibt Sicherheit für sich und andere", erklärte er in einer Mitteilung.

Infektionslage in Thüringen wieder etwas entspannt

Am Donnerstag hatte sich die Infektionslage in Thüringen im Vergleich zur Vorwoche wieder etwas entspannt. Die Corona-Inzidenz, die die Zahl der wöchentlichen Neuinfektionen je 100.000 Einwohner angibt, lag laut Robert Koch-Institut bei 506 - nach 673 am Donnerstag der Vorwoche.

Ilm-Kreis mit höchster Corona-Inzidenz

Den landesweit höchsten Wert verzeichnete der Ilm-Kreis mit 701, den niedrigsten der Saale-Orla-Kreis (301). Von Mittwoch zu Donnerstag wurden 2433 Neuinfektionen gezählt, nach 3474 in der Vorwoche. Die Zahlen sind allerdings nur begrenzt aussagefähig, da nur die per PCR-Test nachgewiesenen Fälle der Gesundheitsämter gezählt werden.

Zahl der Todesfälle auf 50 gestiegen

Gestiegen ist die Zahl der wöchentlichen Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion. In den zurückliegenden sieben Tagen starben in Thüringen 50 Menschen, die mit dem Virus infiziert waren. In der Woche zuvor waren es 31.

Alle ab 60, die in den letzten drei Monaten keine Infektion hatten, sollten sich boostern lassen - mit einem an Omikronvarianten angepassten Impfstoff.

Mathias Pletz Infektionsmediziner

Von rund 600 betreibbaren Intensivbetten im Freistaat sind aktuell 60, also 10 Prozent, mit Covid-19-Kranken belegt. Laut Corona-Wochenbericht nimmt die Anzahl größerer Corona-Ausbrüche derzeit wieder zu. Binnen einer Woche seien 68 Ausbrüche mit insgesamt 200 Infizierten erfasst worden, überwiegend in Privathaushalten und Altenheimen.

Vor allem Ältere ohne Auffrischung im Krankenhaus

Nach Angaben des Infektionsmediziners Pletz werden aktuell vor allem ältere Menschen, die die zweite Auffrischungsimpfung noch nicht erhalten hätten, stationär behandelt. Dies zeige, wie wichtig der zweite Booster insbesondere für diese Altersgruppe sei. "Alle ab 60, die in den letzten drei Monaten keine Infektion hatten, sollten sich boostern lassen - mit einem an Omikronvarianten angepassten Impfstoff", riet er.

MDR (dpa/rom)

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 16. Oktober 2022 | 15:00 Uhr

24 Kommentare

martin am 22.10.2022

@astrodon: Schon relativ früh haben sich unterschiedliche Pathologen recht intensiv mit der Frage "an" oder "mit" Covid verstorben befasst. Es bestand eine weitgehende Übereinstimmung, dass man bei grob 90 % sagen kann: An den Folgen der Infektion verstorben. Dass die konkrete Todesursache dann bspw. Lungen- und/oder Multiorganversagen ist, steht dem ja nicht entgegen. Und ja ARDS gab es auch schon vor den aktuellen Corona-Viren.

Falls Sie diese Untersuchungsergebnisse allerdings bezweifeln, können Sie natürlich nicht sagen: Wenn ein Todesfall durch Lungen- / Multiorganversagen einige Wochen nach dem Beginn einer SARS-CoV-2 Infektion erfolgt, dass diese Person an der Infektion verstorben ist. Für eine statistische Erfassung wäre es unerheblich, wenn es Einzelfälle gäbe, bei denen eine andere Kausalität gegeben wäre.

astrodon am 22.10.2022

@Atze71: "Das er anderen damit nicht hilft ... " ist so pauschal eben auch nicht wahr. Verwiesen sei erstens auf die Studie zur Virusweitergabe mit dem Ergebnis, je mehr geimpft, desto geringer die Weitergabe. Zweitens die Schwere der Verläufe, heisst wenn doch erkrankt, dann weniger schwer. Drittens die Länge der Krankheit und damit des Arbeitsausfalls - Geimpfte sind schneller wieder "auf dem Damm". Punkt 1 und 3 hilft gesamtgesellschaftlich, Punk 2 speziell dem Gesundheitssystem. (Über alle angeführten Punkte gab es hier Artikel zu lesen.)

astrodon am 22.10.2022

@martin: Auch wenn es Untersuchungen gab wage ich zu bezweifeln, dass die Ursache konkret festgestellt werden konnte. Die häufigsten Ursachen waren, soweit ich erinnere, ARDS und Multiorganversagen, beides kann nach meinem Kenntnisstand viele, durchaus verschiedene, Ursachen haben, die aus meiner Sicht kaum zu bestimmen sind. Die abgefragte Kausalkette ist mMn nicht schlüssig. Ein SARS-CoV-2-positiver Befund kann, muss aber nicht der Grund eines ARDS sein.

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