vier Fässer mit Atommüll
Atommüll. Die Suche nach einem Endlager wird auch in Thüringen noch Jahre andauern. Bildrechte: IMAGO / Arnulf Hettrich

Atommüll Grüne: Thüringen als Standort für Endlager nicht grundsätzlich ausschließen

05. Juni 2023, 19:59 Uhr

Seit sechs Jahren wird in Deutschland nach einem geeigneten Standort für das geplante Atommüll-Endlager gesucht. Die Suche wird auch noch einige Jahre dauern. Die Landtagsfraktion der Grünen in Thüringen plädiert für eine Fortsetzung des ergebnisoffenen Verfahrens, das damit auch einen Standort in Thüringen nach derzeitigem Stand nicht ausschließt. Ähnliches ist aus der Linke-Fraktion zu hören Die Thüringer CDU will das Endlager nicht im Freistaat haben.

Grünen-Politikerin: Suche nicht durch Ausschluss von Standorten konterkarieren

Die Grünen-Fraktion im Thüringer Landtag schließt den Freistaat als Standort für das geplante deutsche Atommüll-Endlager nicht aus. Das Ziel müsse es sein, für das Endlager den sichersten Standort in Deutschland zu finden, sagte die energiepolitische Sprecherin der Fraktion, Laura Wahl, der Nachrichtenagentur dpa. "Deshalb schließen wir Thüringen als möglichen Standort nicht aus, das würde das gesamte Verfahren konterkarieren." Es dürfe nicht sein, dass das Endlager dort entstehe, wo es den geringsten Widerstand dagegen gebe. Die Grünen-Fraktion stehe zu dem vereinbarten ergebnisoffenen Prozedere.

Plenum Thüringer Landtag 22.09.2021, Erfurt, Thüringer Landtag, Plenarsaal, 7.Wahlperiode, 57.Plenum / Plenarsitzung im Bild: Laura Wahl Bündnis 90/ Die Grünen
Die Grünen-Politikerin Laura Wahl ist die Energieexpertin der Partei im Thüringer Landtag. (Archivbild) Bildrechte: imago images/Karina Hessland

Endlagersuche hat 2017 begonnen

Seit 2017 wird in Deutschland nach einem geeigneten Standort für das Atommüll-Endlager gesucht. Damit beauftragt ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) mbH. Die Suche war nach dem Prinzip der "weißen Karte" begonnen worden. Das bedeutet, dass keine Region von vornherein als Standort ausgeschlossen werden sollte. Untersucht werden mehrere unterschiedliche Gesteinsformationen bzw. -arten, die als strahlungssicheres Umfeld in Frage kommen. Im Jahr 2020 hatte die BGE dann rund 90 großflächige Gebiete benannt, die für eine detailliertere Untersuchung in Frage kommen. Sie umfassen etwa 54 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands - darunter auch Regionen in Thüringen.

Die Karte zeigt in unterschiedlichen Farben die Gebiete mit unterirdischen Gesteinsformationen, die für ein atomares Endlager in Deutschland als geologisch günstig angesehen werden.
Die Karte zeigt in unterschiedlichen Farben die Gebiete mit unterirdischen Gesteinsformationen, die für ein atomares Endlager in Deutschland als geologisch günstig angesehen werden. Bildrechte: BGE/ GeoBasis-DE/BKG 2020

Informationen zur Endlager-Suche auf Thüringentag Das Info-Mobil des Bundesamtes für Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) macht vom 9. bis 11. Juni Station auf dem "Thüringentag 2023" in Schmalkalden. Dort können sich Interessierte über das Verfahren und den aktuellen Stand der Endlager-Suche informieren.

CDU-Politiker: Thüringen kommt nicht in Frage

Der umwelt- und energiepolitische Sprecher der CDU, Thomas Gottweiss, sagte MDR THÜRINGEN, das beschlossene Verfahren zur Auswahl mache zwar Sinn. Nach wissenschaftlichen Kriterien könne ein Endlager-Standort in Thüringen aber keinesfalls das Resultat sein.

Thomas Gottweiss , Bürgermeister (CDU) der Landgemeinde Ilmtal-Weinstraße
Thomas Gottweiss (CDU) Bildrechte: IMAGO / Steve Bauerschmidt

Gegen ein derartiges Ergebnis würde seine Partei protestieren, so Gottweis. Die notwendige Sicherheit von einer Million Jahre für ein Endlager sei in Thüringen aufgrund geologischer Voraussetzungen nicht gewährleistet. Er wünsche sich deshalb eine "deutliche Kommunikation" und keine, die Menschen Angst mache. Demnach soll ihnen nicht zu Unrecht glauben gemacht werden, Thüringen komme als Endlager-Standort in Frage.

Linke-Politikerin für ergebnisoffene Suche - aber "andere Länder sind geeigneter"

Wie Donata Vogtschmidt von den Linken im Thüringer Landtag MDR THÜRINGEN mitteilte, steht ihre Fraktion hinter dem bundesweit beschlossenen Verfahren auf wissenschaftlicher Basis. Deshalb könne Thüringen als Endlager-Standort nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, sofern eine gründliche Prüfung Thüringen als geeignetsten Ort ergebe.

Vogtschmidt sagte weiter, nach ihrem Stand seien aber andere Bundesländer geologisch geeigneter als Thüringen. Sie habe Sorge, Thüringen könne ausgewählt werden, weil es im Freistaat durch die Bergbau-Historie bereits eine umfangreiche geologische Datenlage gebe. Man müsse aufpassen, dass "der Osten nicht aus Bequemlichkeit zu einem Atom-Klo gemacht" werde. Stattdessen müsse die Endlagersuche besser finanziert werden und die Auswahl mit größtmöglicher Sorgfalt erfolgen.

Nach den ursprünglichen Plänen der BGE sollte der Standort des Endlagers im Jahr 2031 feststehen. Im Umweltausschuss des Thüringer Landtages hatten Vertreter der BGE aber vor kurzem erklärt, dass eine Entscheidung frühestens in den 2040er-Jahren fallen werde. Der ursprüngliche Termin sei unmöglich zu halten, hieß es.

MDR (dr), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 05. Juni 2023 | 13:00 Uhr

59 Kommentare

goffman vor 46 Wochen

Sie übersehen da etwas.
1. Wird das Endlager anscheinend sowieso frühstens in 30 Jahren errichtet sein. D.h. wenn bis dahin die Transmutation funktioniert, dann können wir diese immer noch nutzen.
2. Selbst wenn es uns die Transmutation in großem Maßstab irgendwann einmal gelingt und selbst wenn diese wirtschaftlich sein sollte (was beides überhaupt nicht sicher ist), selbst dann bräuchten wir ein Endlager. Zum einen lässt sich nämlich sowieso nur ein Teil des gesamten Mülls dafür verwenden, zum anderen müsste dieser dann immer noch für ein paar Jahrhunderte sicher eingelagert werden. Und sogar noch deutlich sicherer, da er zwar kürzer strahlt, dafür aber umso stärker (Die Lagerzeit wäre kürzer, weil die so entstehenden Isotope schneller zerfallen, aber der Zerfall setzt die Strahlung frei).

goffman vor 46 Wochen

@ Annlene: Man hat sich darauf geeinigt, Wissenschaftler nach wissenschaftlichen Kriterien in einem Verfahren, so objektiv wie eben möglich einen geeigneten Ort zu finden.

Wie nennen Sie die Entscheidung eines Politikers, diesen wissenschaftlichen Prozess nicht abwarten zu wollen? Es kann ja gut sein, dass es Kriterien gibt, die gegen Thüringen sprechen, das hört man von den Grünen ja ganz genauso, nur darum geht es gar nicht. Es geht darum, das Ergebnis vorweg greifen zu wollen, vor Abschluss des Prozesses. Und das ist unseriös, populistisch, vielleicht sogar verlogen.

Egone vor 46 Wochen

Nee, ich Würfel gar nichts durcheinander! Es sind lediglich Beispiele, wo Radioaktivität gesundheitsfördernd sein kann. Und ja, auch für die verschiedenen Strahlenquellen gilt: Die Dosis macht Gift. Wobei man bei Radon im Keller und festen strahlenden Körpern beachten muß, wie bzw. von wo die Strahlung wirkt. Das Gas Radon atmet man direkt ein und wirkt dann direkt im Körper. Wenn man ´ne Atemschutzmaske mit externer Luftzufuhr auf hat, ist es ungefährlich. Genauso ist es mit Uran, ist wohl ähnlich toxisch wie Blei, kann man mit hantieren, am besten mit Handschuhen, aber man sollte es nicht runter schlucken. Das gilt übrigens auch für’s Rauchen. Je nach Tabaksorte „verstrahlt man sich da total“. Mal googlen, auch sehr interessant. Wenn dafür die gleichen extrem niedrigen Grenzwerte gelten würden, wie bei der Kernkraft, müßte das Rauchen erst recht wegen der Strahlenbelastung verboten werden.

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