"Tag der Arbeit" Tausende bei Kundgebungen zum 1. Mai - Ramelow für Vier-Tage-Woche
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01. Mai 2023, 16:29 Uhr
Zum "Tag der Arbeit" sind in Thüringen mehrere Tausend Menschen auf die Straße gegangen - für die Rechte von Beschäftigten, existenzsichernde Löhne und gegen Rechtsextremismus. Die Gewerkschaften hatten dazu aufgerufen - unter dem Motto "Ungebrochen solidarisch". In Gera sprach sich Ministerpräsident Bodo Ramelow für die Vier-Tage-Woche aus.
- Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow unterstützt Foderungen nach der Einführung einer Vier-Tage-Woche.
- Der DGB forderte in Gera, mehr Thüringer Unternehmen müssten Tarifverträgen beitreten.
- In Gera demonstrieren hunderte Menschen aus dem rechten und linken Spektrum.
In Thüringen haben sich am 1. Mai Tausende den Demonstrationen rund um den "Tag der Arbeit" angeschlossen. Landesweit folgten rund 5.100 Menschen dem Aufruf der Gewerkschaften, wie der DGB Hessen-Thüringen mitteilte. Dieser hatte zu 18 Veranstaltungen in mehreren Thüringer Städten aufgerufen, unter anderem in Erfurt, Jena, Saalfeld und Gera. Der DGB erinnerte auch an die Zerschlagung und Enteignung der freien Gewerkschaften durch die Nationalsozialisten vor 90 Jahren.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach sich in Gera für die Einführung einer Vier-Tage-Woche aus. Er sagte bei einer Kundgebung zum 1. Mai, die Debatte darüber sei so aktuell wie nie. Erreichbar sei dieses Ziel aber nur mit Tarifverträgen.
Plädoyer für Gewerkschaften und Tarifverträge
Gewerkschaften, so Ramelow, seien daher heute wichtiger denn je. Mit ihnen könnten Tarifverträge für ein planbares und sozial gerechtes Leben der Beschäftigten abgeschlossen werden. "Die Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen muss wieder zur Normalität werden", sagte der Linke-Politiker.
Er erinnerte an den Kampf für den Acht-Stunden-Tag im 19. Jahrhundert. "Die Forderung damals war unvorstellbar." Heute schrieben wieder einige, die Forderung nach einer Vier-Tage-Woche sei unvorstellbar. "Dabei kenne ich genügend Firmen, die mittlerweile schon werben dafür", so Ramelow. Der 67 Jahre alte Ministerpräsident war vor seiner Karriere als Politiker viele Jahre Gewerkschaftsfunktionär.
Auch Julia Langhammer vom DGB Thüringen forderte in Gera die Unternehmen auf, Tarifverträgen beizutreten. In Thüringen liege die Tarifbindung nur bei 20 Prozent.
Gewerkschafterin: Menschen bei Energiewende mitnehmen
Langhammer verwies zudem auf die anstehende Energiewende. Die Betriebe müssten auf eine Energiewirtschaft mit weniger CO2 umstellen - ohne damit eine Wirtschaftskrise oder Strukturbrüche auszulösen, wie gerade Menschen in den ostdeutschen Ländern sie Anfang der 90er Jahre schon einmal erleben mussten.
Ihnen müsse die Angst vor der Energiewende genommen werden. Zudem, so Langhammer, müsse die Transformation der Wirtschaft sozial und gerecht ablaufen.
Rechtsextremist sammelt Sympathisanten zu Demo in Gera
Am Montagnachmittag schlossen sich in Gera hunderte Menschen Demonstrationen des linken und rechten Spektrums an. So hatte ein privater Anmelder eine Demonstration unter dem Motto "Kampftag der Patrioten" angemeldet. Bei ihm handelt es sich nach Informationen der Stadt um den Rechtsextremisten Christian Klar, Hauptorganisator der Montagsdemonstrationen in Gera. Laut Polizei fanden sich etwa 750 Menschen ein. Gegen den Aufmarsch formierte sich Gegenprotest. Für diese Demonstration bestätigte die Polizei am frühen Nachmittag etwa 500 Teilnehmer. Mehr dazu lesen Sie in diesem Artikel.
Soziologen sehen Gewerkschaften vor Herausforderungen
Der Soziologe Klaus Dörre sieht bei den Gewerkschaften großen Druck, vermehrt in Arbeitskämpfe zu gehen. Der Arbeitsexperte der Uni Jena sagte MDR AKTUELL, die Gewerkschaften müssten zusehen, dass sie die neuen Mitglieder hielten, die sich während der Tarifverhandlungen mit hohen Erwartungen anschlössen.
Es bleibe ihnen gar keine andere Wahl, als sich wieder als eine Art soziale Bewegung zu verstehen, die Arbeitskämpfe nicht scheue.
Auch der Tarifexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft, Hagen Lesch, sieht die Gewerkschaften vor großen Herausforderungen. Die Gewerkschaften müssten potentielle Mitglieder überzeugen, dass ein Tarifvertrag nur gemeinsam errungen werden könne.
Das sei schwierig in einer Phase, in der man einen breiten Arbeitskräftemangel habe und einzelne Personen viel eigene Verhandlungsmacht hätten.
MDR/dpa (whe/dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 01. Mai 2023 | 12:00 Uhr
Lumberjack am 03.05.2023
@Peter
"Dabei fahren Sie also die Anlagen für einen Tag herunter" das können sie nicht wissen: nein, die Produktionsanlagen stehen zwischen Freitag Abend bis Sonntag Nacht weiter "unter Strom", komplettes Herunterfahren gibt es nur zum Jahreswechsel. Diese Fakt ist auch nicht entscheidend. Betrachten sie es einmal von der anderen Seite: jedes Produkt und jede Dienstleistung hat technologisch bedingt einen bestimmten Anteil an Arbeitszeit. Wenn ich diese Arbeitszeit reduziere, verringert sich die Leistungsfähigkeit nicht proportional, sondern überproportional, weil bestimmte Prozesse (z. B Arbeitsvorbereitung, zeitlich festgelegte Wartungszyklen usw.) weiterhin unabhängig von der variblen Arbeitszeit stattfinden. Das ist unabhängig meines Erachtens bei allen wertschöpfenden Prozessen -mehr oder weniger- nicht anders.
Peter am 03.05.2023
Lumberjack: Sie führen eine höchst unfaire Diskussion.
An anderer Stelle schreiben Sie, dass Sie selbst Arbeitgeber sind und 23 Mitarbeiter haben. Und hier kritisieren Sie die ungeleiche Bezahlung in West und Ost.
Wäre es nicht zu allererst an Ihnen als Arbeitgeber, Ihre Leute zu bezahlen wie im Westen?
Peter am 03.05.2023
Lumberjack: Aus Ihren Ausführungen werde ich nicht ganz schlau.
Einerseits bringen Sie vor, dass sich "technisch bedingt ... alle energieintensiven Anlagen nur sehr aufwendig zeit- und kostenintensiv herunterfahren bzw. wieder starten" lassen. Andererseits wird bei Ihnen samstags nicht gearbeitet. Dabei fahren Sie also die Anlagen für einen Tag herunter. Warum soll das nicht an mehreren Tagen gehen?
Anmerken möchte ich auch, dass Sie die ganze Diskussion zur 4-Tage-Woche insofern mißverstanden haben, dass keineswegs angestrebt ist, Produktionsprozesse nur 4 Tage laufen zu und 3 Tage ruhen zu lassen. Es geht nur darum, dass Arbeitnehmer, dort wo es möglich ist, ihre Arbeitszeit auf 4 Tage statt auf 5 in der Woche verteilen. Und das ist meines Erachtens in ganz vielen Bereichen der Wirtschaft möglich.