Rückzahlungen unklar Greensill-Pleite: Thüringen muss zehn Jahre auf Geld warten

07. Juli 2022, 18:13 Uhr

Die Greensill Bank schien sicher - bis zu ihrer Insolvenz. Nun wird es etliche Jahre dauern, bis Klarheit über mögliche Rückzahlungen an Anleger besteht. Darunter sind auch das Land Thüringen und zwei Kommunen.

Das Land Thüringen und zwei Kommunen werden noch jahrelang auf eine mögliche Rückzahlung ihrer Millioneneinlagen bei der insolventen Greensill Bank warten müssen.

Wie die Kanzlei des Insolvenzverwalters Michael Frege MDR THÜRINGEN auf Anfrage mitteilte, wird das Insolvenzverfahren voraussichtlich noch zehn Jahre oder länger dauern. Das habe Frege am Donnerstag auf der zweiten Gläubigerversammlung mitgeteilt. Derzeit werde weltweit nach Vermögenswerten der Bank und ihres Eigentümers Alexander Greensill gesucht.

Dabei würden auch juristische Auseinandersetzungen unter anderem in Australien geführt. Beteiligt seien rund 80 Experten für Wirtschafts- und Finanzrecht. Das Insolvenzverfahren laufe bislang "recht positiv" und planmäßig, hieß es weiter von der Kanzlei CMS. Es seien bereits zwei Abschläge an die gesetzliche Einlagensicherung gezahlt. Aus dieser würden die mehr als 21.000 betroffenen privaten Anleger der Greensill Bank entschädigt.

Die Einlagensicherung schützt allerdings nicht öffentliche Anleger wie den Freistaat Thüringen oder Kommunen. In welcher Höhe diese auf Rückzahlungen hoffen können, ist laut Insolvenzverwalter noch unklar.

Bankenaufsicht stoppte Greensill 2021

Insgesamt seien von Gläubigern Forderungen in Höhe von rund vier Milliarden Euro angemeldet worden. Die Bankenaufsichtsbehörde Bafin hatte am 3. März 2021 gegen die Bank ein Moratorium verhängt und damit alle Geldgeschäfte untersagt. Am 15. März stellte sie am Amtsgericht Bremen einen Insolvenzantrag gegen die Bank. Am Tag darauf wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet.

Von der Zahlungsunfähigkeit der Bank sind Tausende private und institutionelle Anleger betroffen. Das Land Thüringen hatte 2019 und 2020 insgesamt vier Geldanlagen bei der Bank getätigt.

Zwei davon waren nach früheren Angaben von Finanzministerin Heike Taubert (SPD) termingerecht zurückgezahlt worden, die beiden anderen im Umfang von zusammen 50 Millionen Euro standen zum Zeitpunkt der Insolvenz noch zur Rückzahlung aus.

Auch zwei Thüringer Kommunen betroffen

Der Eichsfeldkreis hatte im Februar 2021 zwei Millionen Euro bei der Bank angelegt, deren Rückzahlung im Mai 2021 fällig gewesen wäre. Brotterode-Trusetal hatte ebenfalls im Februar 2021 eine halbe Million Euro bei Greensill angelegt. Landkreis und Stadt gehören seit vergangenem Jahr einer Gruppe von 17 Kommunen an, die gemeinsam ihre Interessen im Insolvenzverfahren vertreten. Diese 17 Kommunen hatten insgesamt 145 Millionen Euro bei der Bank angelegt.

Land und Kommunen verteidigten Anlage

Thüringens Finanzministerin Taubert und der Landrat des Eichsfeldkreises, Werner Henning (CDU) hatten die Geldanlagen gegenüber dem MDR damit verteidigt, dass die Bank im Unterschied zu den meisten anderen Banken keine Verwahrentgelte – sogenannte Negativzinsen – verlangt habe, sondern einen positiven Zins angeboten hatte. Zudem habe die Bank damals ein vertrauenswürdiges Rating vorweisen können, erklärte das Ministerium unter anderem in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage (pdf) Ende April 2021.

Dr. Werner Henning, Landrat des Landkreises Eichsfeld
Werner Henning, Landrat des Eichsfeldkreises, hält sich wie das Land bedeckt. Der Kreis hat eine offene Rückzahlung von zwei Millionen Euro ausstehen. Bildrechte: MDR/Harry Carius

Sowohl das Thüringer Finanzministerium als auch der Eichsfeldkreis wollten sich am Donnerstag auf MDR-Anfrage nicht zu Details des Insolvenzverfahrens äußern. Es gelte strenge Vertraulichkeit, hieß es. Das Ministerium teilte lediglich mit, es könnten derzeit noch keine Aussagen über die Insolvenzmasse getroffen werden.

MDR (csr)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 07. Juli 2022 | 19:00 Uhr

5 Kommentare

martin am 08.07.2022

Ich frage mich was die "Kritiker" der Geldanlage schreiben würden, wenn für das Parken der Gelder noch Negativzinsen - äh Aufbewahrungsgebühren - hätten bezahlt werden sollen. Oder günstigstenfalls keine Zinsen erzielt worden wären. Da hätten sie auch was zum Meckern gehabt ...

Na ja, hoffen wir lieber, dass nach Abzug der "Gebühren" des Insolvenzverwalters noch was für die Gläubiger übrig ist. Bei der Lehmann-Pleite hat die Kanzlei ja "nicht schlecht verdient" - sofern die Berichte stimmen: eine dreistellige Millionensumme.

TFM_Insider am 08.07.2022

Es ist schon toll, wie hier mit Steuergeldern umgegangen wird. Einfach mal 50 Millionen in den Sand setzen. Peanuts.

Das nächste Projekt, besser IT-Projekt, bei dem Steuergelder in Millionenhöhe in den Sand gesetzt werden, steht auch schon vor der Tür. Es nennt sich BEAT - neues Bezügeabrechnungsverfahren. Steht kurz vor dem Scheitern. Wird zur Zeit vom Finanzministerium zum Landesamt für Finanzen verschoben. Damit es es nicht die Frau Ministerin oder den Herrn Staatssekretär erwischt.

Aber bei den eigenen Beschäftigten jeden Cent rausholen bzw. sparen.
Beispiel gefällig: Die Gesundheitsprüfung beim Amtsarzt für die Einstellung als neuer Finanzbeamter müssen die Anwärter selbst bezahlen und nicht nur einmal, sondern gleich zweimal. Zur Einstellung und nach sechs Jahren zur endgültigen Übernahme nochmal. Dies macht nur Frau Ministerin Taubert so. Die Polizei, das Kultusministerium oder das Landesverwaltungsamt bezahlen dies.

Aber wie gesagt, was sind 50 Millionen. Peanuts.

placebo am 08.07.2022

Scheint so, dass auch dafür niemand verantwortlich ist. Das ist Realität in Thüringen! Nur weiter so. Menschen, Wähler, Bürger ... werden vor den Kopf gestoßen.

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