Der Redakteur | 05.07.2022 Neue Grundsteuer-Erklärung: Das müssen Eigentümer beachten

21. September 2022, 06:22 Uhr

Spätestens Ende Oktober müssen alle Angaben für die neue Grundsteuer vorliegen. Zum Beispiel im Onlineportal ELSTER. Redakteur Thomas Becker erklärt Schritt für Schritt, wie es in Thüringen geht.

Thomas Becker
Bildrechte: MDR/Christoph Falkenhahn

Am Anfang steht die ELSTER. Wer schon einen Zugang zu diesem elektronischen Finanzamt hat, kann diesen nutzen. Auch ist es möglich, über den eigenen Zugang die Erklärung für nahe Verwandte abzugeben. Also: Die Oma braucht keinen eigenen Login, hierfür können die Zugänge von Kindern und Enkeln genutzt werden.

Die erstmalige ELSTER-Registrierung ist aber leider nicht sofort erledigt. Am Ende der Registrierung bekommt man zwar einen Registrierungslink, aber eben auch diverse Zugangsdaten per Post. Das kann schon mal zwei bis drei Wochen dauern. Das Einloggen selbst geschieht dann nicht - wie sonst im Internet - über einen Benutzernamen und ein Passwort, sondern die Funktion des Benutzernamens übernimmt eine Zertifikatsdatei, die im Rahmen des Anmeldeprozesses erstellt und heruntergeladen wird.

Ich empfehle immer, sich auf dem Computer direkt einen ELSTER-Ordner anzulegen und dort die Zertifikatsdatei abzuspeichern. Diese kann auch auf unterschiedlichen Rechnern genutzt werden.

Christina Kraus, ELSTER-Expertin Thüringer Finanzministerium

Was brauche ich alles für die Grundsteuer?

  1. ELSTER-Zugang, inklusive Zertifikatsdatei und Passwort
  2. Angaben zum Grundstück aus dem Grundsteuer-Viewer wie Gemarkung, Fläche, Bodenrichtwert, Flur, Flurstückzähler und Flurstücknenner (gewöhnlich so geschrieben: Zähler/Nenner, also 123/45)
  3. Größe der Wohnfläche (gerundeter Wert aus Bauunterlagen/Kaufvertrag)
  4. Aktenzeichen 162/XXX/XXXX/XXX/XXX/X aus dem Informationsschreiben
  5. elfstellige Steuer-ID (persönliche Identifikationsnummer) aller Grundstückseigentümer, also z.B. von Ehemann und Ehefrau
  6. Die (Einkommen-)Steuernummer jedes Eigentümers, Eheleute haben gewöhnlich eine gemeinsame
  7. Gute Nerven und bestenfalls 10 min Zeit

Ich habe noch gar kein Informationsschreiben Das ist ein Fall für die Grundsteuer-Hotline: 0361/57-3611 800. Die Hotline ist montags bis freitags ab 08:00 Uhr erreichbar. Montag bis Donnerstag können Sie bis 17:00 Uhr anrufen und am Freitag bis 16:00 Uhr. Der Vormittag ist übrigens die Spitzenbelastungszeit, der Andrang ist aktuell sehr groß.

Los geht's mit Hauptvordruck GW1

Dieser Vordruck ist seit 1. Juli 2022 auf der ELSTER-Startseite verfügbar, einfach anklicken und nicht gleich in die erste Falle tappen. Die Frage "Steuernummer" oder "Aktenzeichen" stellt sich in Thüringen nicht. Immer ausschließlich das Aktenzeichen nehmen, das steht auf dem Informationsschreiben und sieht so aus: 162/XXX/XXXX/XXX/XXX/X. Hinter der 162 am Anfang verbirgt sich das Finanzamt Jena, Suhl beginnt mit der 171, Mühlhausen mit 157.

Mit der Adresseingabe sind Sie ganz fix durch, spannend wird es ab Zeile 9 (Gemarkung). An dieser Stelle hilft bereits der Grundsteuer-Viewer bzw. die Angaben, die Sie dort zum eigenen Grundstück entnehmen können. Einfach im Viewer oben rechts die Adresse (PLZ, Ort, Straße, Hausnummer) eingeben und das Grundstück auf der Karte anklicken.

Dort sollten alle relevanten Daten erscheinen, die im Zuge des Ausfüllens noch gebraucht werden. Mit dieser Verfahrensweise stolpern Sie auch nicht mehr über die Frage, was bitte Zähler und Nenner sind, weil es im Viewer eindeutig erkennbar ist.

Zähler und Nenner sind Fachbegriffe, die schon immer mit einem Trennstrich dargestellt wurden.

Carolin Radtke, Grundsteuer-Expertin Thüringer Finanzministerium

Die verflixte Zeile 11

Wer ein einzelnes Grundstück hat und ein Einfamilienhaus darauf und kein Haus mit mehreren Eigentumswohnungen, der kann bei Zähler und Nenner jeweils eine "1" eintragen. Heißt: 1/1 = ein Ganzes. Teilen sich die zehn Eigentümer der Eigentumswohnungen eines Hauses das Grundstück, dann würde jeder 1/10 eintragen, jetzt macht die Bezeichnung Zähler und Nenner auch Sinn. Das ist dann doch recht einfache Mathematik.

Etwas komplexer wird das nächste Feld - wir sind immer noch in Zeile 11. Das ist der sogenannte "Schlüsselwert", das heißt, bei einem Einfamilienhaus auf einem Grundstück wäre das die Auswahl "erste Fläche, Schlüsselwert: 1".

Tatsächlich ist diese Zeile 11 momentan die größte Stolperstelle, bei der die Leute die meiste Hilfe brauchen.

Carolin Radtke, Grundsteuer-Expertin Thüringer Finanzministerium

Leider trägt auch die Erklärung, die man erhält, wenn man auf das Fragezeichen klickt, nicht zur allgemeinen Erhellung bei. Hintergrund für die Verwirrung: Es wird hier schon Bezug genommen auf das zweite Formular, die Anlage Grundstück, von deren Existenz die meisten an diesem Punkt noch gar nichts wissen. Dazu später mehr.

Die verschwundene Zeile 41 bei ELSTER

Die Zeile 41 werden Sie bei ELSTER tatsächlich vergeblich suchen. Das ist noch ein Relikt aus Papierzeiten. An der Stelle, an der Sie auf diese Zeile verwiesen werden, legen Sie einfach für jeden Eigentümer, also jeden Ehepartner, einen eigenen Datensatz an ("Eigentümer hinzufügen"). Das ist auch der Moment für das Eintragen der Steuer-ID (jeder hat eine eigene) und dazu der Steuernummer, die bei Eheleuten in der Regel die gleiche ist und in beide Eigentümer-Formulare eingetragen wird.

Empfangsvollmacht - ausfüllen oder nicht?

In der Regel nicht, es sei denn, der Grundsteuerbescheid soll an eine andere Stelle gehen als an die eigene Adresse. Das ist für den Fall gedacht, dass ein Steuerberater (den kann man etwas weiter hinten angeben) beim Ausfüllen geholfen hat und den Bescheid erstmal bekommen und prüfen soll. Deshalb möchte das Finanzamt wissen, wer eben geholfen hat und wer am Ende den Bescheid zugeschickt bekommen soll. Da hier nur Postadressen angegeben werden können, verlassen wir an dieser Stelle den digitalen Sektor.

Wenn das Ehepaar den Bescheid direkt zugestellt haben möchte, bleiben diese Felder leer.

Carolin Radtke, Grundsteuer-Expertin Thüringer Finanzministerium

Zweites Formular: Anlage Grundstück (GW2)

Die ersten Fragen der Anlage beantworten sich von selbst oder können im Regelfall leer gelassen werden. Ein Stolperstein ist Zeile 4 der Anlage Grundstück (GW2), hier neigt der eine oder andere dazu, das Grundstück unter sich und seinem Ehepartner aufzuteilen, das ist nicht nötig. Hier einfach die gleiche Gesamt-Quadratmeterzahl wie im Hauptvordruck eintragen, passiert das nicht, meckert das System am Ende. Hilfreich sind an dieser Stelle entweder das Beiblatt aus dem Informationsschreiben oder eben die Angaben aus dem Grundsteuer-Viewer.

Hier finden Sie auch den Bodenrichtwert, der eine wichtige Kenngröße zur Berechnung der Grundsteuer ist. In Zeile 13 ist die Wohnfläche einzutragen. Hier bitte aufpassen: Es gibt drei Möglichkeiten für verschiedene Wohnungsgrößen, es kann ja sein, dass es mehrere Wohnungen im Haus gibt. Für die Berechnung der Größe der Wohnfläche gelten die üblichen Richtlinien, was Dachschrägen oder Balkone angeht, im besten Falle geht die Gesamtfläche aus dem Kaufvertrag oder den Bauunterlagen hervor.

Natürlich kommt niemand vom Finanzamt vorbei und misst nach, aber Sie sind schon angehalten, diesen Wert so gut wie möglich zu bestimmen.

Carolin Radtke, Grundsteuer-Expertin Thüringer Finanzministerium

Wenn jetzt alles richtig gelaufen ist, erscheint der befreiende Satz: "Es sind keine Fehler vorhanden." Nach einer Übersicht zur Überprüfung der Angaben kann die Erklärung versendet werden.

Alles ist rot - was tun?

In der Regel können die angezeigten Fehler einzeln angeklickt und behoben werden. Wenn nicht, helfen vielleicht die Klickanleitungen, die von den Finanzbehörden Stück für Stück ins Netz gestellt werden. Für das Einfamilienhaus gibt es diese bereits. Die Klickanleitung für eine Eigentumswohnung folgt zeitnah hier.

Auch sind die Rückmeldungen der Ausfüllenden natürlich auch ein Spiegelbild für die Nutzerfreundlichkeit und Anlass für das Thüringer Finanzministerium, die Hilfetexte zu überarbeiten. Dazu werden auch noch weitere Klickanleitungen folgen, wenngleich nicht jeder Sonderfall abgebildet werden kann. Wenn es zu komplex wird, hilft der Steuerberater.

Wer seine Unterlagen zusammen hat und keine anspruchsvollen Eigentumsverhältnisse, der sollte auch innerhalb von zehn Minuten auf "Absenden" klicken können. Und wer glaubt, mit den Formularen besser zu fahren, der sollte sich klar machen: ELSTER führt einen durch den Prozess. Papier hingegen ist auch hier einfach zu geduldig und meckert bei Fehlern gar nicht.

Alternative zu ELSTER: Service vom Bund

Wer mit ELSTER nicht klarkommt und sich wirklich nur wegen der Grundsteuer dort anmelden muss, kann auch gern das Angebot des DigitalService des Bundes nutzen, die Erklärung abzugeben.

Das führt aber auch direkt zu der Frage, ob es angesichts eines absoluten Notstands bei den IT-Fachkräften wirklich nötig war, staatlicherseits Parallelstrukturen aufzubauen. Vielleicht hätten diese Fachkräfte besser dafür gesorgt, dass bereits vorhandene Daten direkt miteinander verknüpft werden, ohne den Umweg über den genervten Bürger zu nehmen.

Wenn - wie beim ThüringenViewer oder im BORIS-Portal - die grundstücksrelevanten Daten offensichtlich bereits digitalisiert der Postadresse zugeordnet sind, erschließt sich dem Außenstehenden nicht wirklich, warum ELSTER diese Verknüpfung nicht wirklich elegant umfliegt.

Der Grund für die Reform der Grundsteuer

Hintergrund für die Reform ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2018. Das Gericht hatte bemängelt, dass die bisherige Berechnungsgrundlage auf der Basis von Einheitswerten aus dem Jahr 1964 (alte Bundesländer) und sogar 1935 in den neuen Bundesländern, verfassungswidrig ist.

Die bisherige Berechnung wurde als ungerecht angesehen, da gleichartiger Grundbesitz nicht gleichwertig besteuert wurde und sich auch mit den alten Werten die aktuelle Wertentwicklung eines Grundstücks nicht angemessen abbilden ließ.

Nun ist die Grundsteuer eine Gemeindesteuer, bei deren Neufassung die 16 Bundesländer – also der Bundesrat – und auch Bundestag mitreden mussten. Im Ergebnis gibt es zwar eine einheitliche Bundesregelung, aber mit der Erlaubnis für die Länder, abweichen zu dürfen. Davon haben sieben Länder Gebrauch gemacht, Thüringen nicht, aber bis auf Sachsen-Anhalt alle unsere Nachbarn. Trotzdem ist die Berechnung jeweils ähnlich.

Wie wird gerechnet?

Eigentlich ist es eine einfache Multiplikation, aber wir sind immer noch im deutschen Steuerrecht unterwegs. Das bedeutet: Am Ende eines jeden Rechnungsschrittes teilen uns die Behörden per Bescheid stolz mit, was sie herausbekommen haben.

Los geht’s mit der Ermittlung des Grundsteuerwertes, den das Finanzamt aus unseren zum Beispiel bei Elster gemachten Angaben berechnet hat und dann in der Form des Grundsteuerwertbescheids verschickt.

Dieser Grundsteuerwert wird in einem zweiten Schritt mit der Steuermesszahl multipliziert (0,31 Promille für Wohnungseigentum, das ist der niedrigste Wert, verglichen unter anderem mit Geschäftsgrundstücken).

Das ergibt den Grundsteuermessbetrag, der im Grundsteuermessbescheid des Finanzamtes niedergeschrieben wird. Diesen Grundsteuermessbetrag multipliziert dann die Kommune mit ihrem selbst festgelegten Hebesatz und ermittelt so die Höhe der jährlichen Grundsteuer und verschickt auch den Grundsteuerbescheid.

Am Ende des Verfahrens bleiben dann tatsächlich noch 15 Milliarden Euro übrig, mit denen die Gemeinden einen großen Teil ihrer Ausgaben bestreiten können. Wegen der vielen Unbekannten ist es auch nicht möglich, eine Aussage darüber zu treffen, wieviel der Einzelne am Ende bezahlen muss.

An der grundsätzlichen Größenordnung dürfte sich aber für die meisten nichts ändern. Allerdings bekommt die Lage des Grundstücks mehr Gewicht. In boomenden Gemeinden könnte es teurer werden, in strukturschwachen Regionen eher billiger. Am Ende ist es wegen des Hebesatzes aber auch eine Entscheidung der Volksvertreter vor Ort, ob sie aus ihrer Gemeinde ein Steuerparadies machen wollen oder nicht.

Thüringer Finanzministerin will Abgabefrist nicht velängern

Die Steuerberaterkammer Thüringen hält laut Thüringer Allgemeine den Termin zur Abgabe der Grundsteuererklärung für Grundstückseigentümer für nicht haltbar und schlecht vorbereitet. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) will an der Abgabefrist für die Grundsteuer-Erklärung bis Ende Oktober jedoch festhalten.

Taubert sagte gegenüber MDR THÜRINGEN, dass die Frist für die Grundsteuererklärung bundeseinheitlich für den 31. Oktober geregelt sei. Daran müsse sich auch Thüringen halten. Die Kommunen seien davon abhängig, dass die Daten rechtzeitig vorliegen. Sie müssten die Daten bis 2024 weiter verarbeiten. Da seit zwei Jahren klar sei, dass Thüringen nach dem Bundesmodell vorgehen werde, hätten die Steuerberater genug Zeit gehabt, sich darauf einzustellen.

Die Ministerin forderte die Steuerpflichtigen auf, sich an den Computer zu setzen und die Erklärung über Elster online abzugeben. Dafür müsse man sich mal eine Stunde Zeit nehmen und sich einlesen. Dann sei es aber auch zu schaffen, die Erklärung abzugeben, so Taubert.

MDR (ask)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 06. Juli 2022 | 15:50 Uhr

15 Kommentare

JanErfurt am 08.07.2022

Nun ja, bei allem Verständnis (ich bin selbst betroffen), aber man sollte nun nicht erwarten, dass jeder exotische Sachverhalt auch in einer Klickanleitung beschrieben wird. Ich werde sicher jeden Fall über ELSTER übermitteln können, aber dass nun zuvor auch jeder Fall in einer Anleitung beschrieben ist, ist doch etwas übertrieben oder?!?

JanErfurt am 08.07.2022

Kleine Notiz am Rande: Das hat diesmal ausnahmsweise nichts mit Thüringen zu tun. Die Grundsteuerreform trifft gerade alle Bundesländer und Elster ist auch nichts, was man nur in Thüringen nutzen kann... Ich denke also nicht, dass es die Grundstückseigentümer in anderen Bundesländern leichter haben als hier.

Ralf G am 08.07.2022

Der Redakteur hat den einfachsten Fall genommen, ein Grundstück mit Häuschen. Da kommt man mit 10 Min. aus. Die Realität sieht aber bei vielen Nutzern anders aus. Da tauchen dann Fehlermeldungen auf, deren Erläuterung zweifelhaft ist. Und wenn dann noch Softwareprobleme auftauchen (Fehler ist ohne Änderung beim Öffnen am nächsten Tag verschwunden), dann ist auch für Unterhaltung gesorgt.
Langjährige Nutzer wissen, mit jeder neuen Version ist Elster unübersichtlicher geworden. Wie schon gesagt, ein Programm von Beamten für Beamte.

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