Landespolitik "Zapfen unser Sparbuch an": Thüringer Ausgaben sollen auf Rekordniveau steigen

05. September 2022, 16:52 Uhr

Der Landtag hat mit den Beratungen über den Landeshaushalt für 2023 begonnen. Der Entwurf der rot-rot-grünen Landesregierung sieht Ausgaben von 12,8 Milliarden Euro vor. 900 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.

Die Ausgaben der Thüringer Landesregierung sollen im kommenden Jahr um fast 900 Millionen Euro auf ein Rekordniveau von rund 12,8 Milliarden Euro steigen. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) hat vor dem Start der Beratungen am Montag an den Landtag appelliert, beim Haushalt 2023 Maß zu halten.

Dieser sei nur zu finanzieren, indem das Land rund 640 Millionen Euro aus seiner finanziellen Rücklage nehme, sagte Taubert am Montag bei der Vorlage des Etatentwurfs im Landtag in Erfurt. "Wir zapfen unser Sparbuch in der Hoffnung an, dass es sich schon wieder füllen wird." Der Thüringer Landtag berät am Montag in einer Sondersitzung den Haushalt für das kommende Jahr.

Um den Haushalt finanzieren zu können, muss das Land einen Teil seiner Rücklagen auflösen. Neue Schulden sollen nicht aufgenommen werden, sondern ein Teil der in der Corona-Pandemie aufgenommenen Kredite zurückgezahlt werden. Die Verhandlungen der rot-rot-grünen Landesregierung seien nach Angaben von Taubert schwierig gewesen, es seien - auch angesichts der aktuellen Krisen - teils schmerzliche Kompromisse geschlossen worden.

Mehreinnahmen von fast 0,5 Milliarden Euro schon verplant

Bereits bei den Ausgaben eingepreist seien die prognostizierten Steuermehreinnahmen von rund 457 Millionen Euro im kommenden Jahr. Taubert forderte die Abgeordneten auf, das Haushaltsvolumen, aber auch die Zahl der Stellen im Landesdienst nicht weiter zu erhöhen, sondern Umschichtungen vorzunehmen, wenn Schwerpunkte anders gesetzt werden sollen. "Mir geht es nicht um Panikmache", sagte Taubert. Aber auch in der Zeit nach 2023 müsse genug finanzieller Spielraum vorhanden sein, "um den Haushalt stabil zu halten".

Mir geht es nicht um Panikmache. Aber auch in der Zeit nach 2023 muss genug finanzieller Spielraum vorhanden sein, um den Haushalt stabil zu halten.

Heike Taubert Thüringer SPD-Finanzministerin

Erwartet werden erneut harte Haushaltsverhandlungen im Landtag in den kommenden Wochen. Linke, SPD und Grüne verfügen über keine eigene Mehrheit - der Thüringer Regierungskoalition fehlen dafür vier Stimmen. Sie muss Kompromisse mit der Opposition schließen, damit der Haushalt vor Ende des Jahres verabschiedet werden kann.

CDU fordert erneut Hilfen für Stadtwerke, Wirtschaft und Bürger

CDU-Fraktionschef Mario Voigt hat am Montag den Haushaltsentwurf der Landesregierung als nicht krisenfest kritisiert. Der Etat reagiere nicht auf die hohe Inflation und die Energiekrise und werde "dem Ernst der Lage nicht gerecht", sagte der Oppositionsführer am Montag bei der ersten Lesung des Etatentwurfs für 2023 im Landtag. Das sei ein großer Fehler.

Voigt bekräftigte die Forderung seiner Fraktion nach einem Energiesicherungsfonds, der mit etwa 400 Millionen Euro aus den prognostizierten Steuermehreinnahmen im kommenden Jahr finanziert werden sollte. Damit könnte ein Schutzschirm über die Stadtwerke und die mittelständische Wirtschaft gespannt werden, die wie die Bürger unter den explodierten Energiepreisen litten. Zudem würden die Kommunen in ihrer Notlage bei der Finanzierung der Flüchtlingsunterbringung allein gelassen. Linke-Fraktionschef Steffen Dittes warf Voigt zwar vor, das Land schlecht zu reden. Er bot aber der CDU an, über einen Energiesicherungsfonds und Bürgschaften für Unternehmen zu reden.

Ablehnung von FDP und AfD

AfD-Fraktionschef Björn Höcke plädierte für ein eigenes Thüringer Entlastungspaket für Bürger und Wirtschaft. Stattdessen würden einige 100 Millionen Euro versenkt - aus Sicht der AfD für Klimapolitik und Flüchtlingsaufnahme. Höcke lieferte sich einen Wortwechsel mit CDU-Fraktionschef Voigt, dem er Symbolpolitik vorwarf.

Die FDP im Thüringer Landtag will dem vorgelegten Haushaltsentwurf nicht zustimmen. Das hat Sprecher Thomas Kemmerich angekündigt. Die Ausgabenwünsche würden den Herausforderungen, vor denen das Land steht, alles andere als gerecht, sagte er. Kemmerich mahnte Ausgabendisziplin in den Ressorts an. Dieses Wort sei aber am Kabinettstisch offenbar verboten. Die Rücklagen würden sehr schnell aufgebraucht sein.

Der Thüringer Rekordhaushalt in Zahlen - Das Haushaltsvolumen steigt um fast 900 Millionen Euro auf mehr als 12,8 Milliarden Euro

- Zur Finanzierung der Ausgaben will die Regierung rund 640 Millionen Euro aus der Rücklage des Landes nehmen, die für wirtschaftlich schwierige Zeiten gedacht ist

- Außerdem sollen die prognostizierten Steuermehreinnahmen von rund 457 Millionen Euro zur Finanzierung genutzt werden

- Thüringen erhöht seine Schuldentilgung von 171 Millionen Euro in diesem Jahr auf 236 Millionen Euro, um die hohen Kredite aus der Zeit der Corona-Pandemie schrittweise zurückzuzahlen

- Ende 2023 wird das Land trotzdem noch mehr als 15,7 Milliarden Euro an Schulden haben

MDR (dpa/WH/rom)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 05. September 2022 | 15:00 Uhr

10 Kommentare

kleinerfrontkaempfer am 06.09.2022

Warum soll man denn so kleinlich haushalten!?
Berlin macht es doch vor mit diversen Sondervermögen (Schulden). Da hat man keine Hemmungen. Heute wird gelebt und gewirtschaftet. Der Euro schrumpft eh und wird bedeutungslos. Die Inflation bringt Steuern massenhaft zurück. Also vorwärts, Wachstum ist angesagt, wenn es die lage erfordert auch bei Schulden.

aufdemberg am 06.09.2022

Sie hatten sicher auch viel mehr Geld in der Hand, vor Merkel, vor den Flüchtlingen, und was weiß ich nicht noch alles.
Ich nicht, und ich sagen ihnen, das ist nicht wirklich unser Problem. Auch wenn es die rechte Seite ihnen glauben lassen möchte.

A.Assmann am 06.09.2022

na dann rechnen sie einfach mal aus,was Miete,Hartz,Krankenkasse und und für nie Einzahlende kosten.Nebenkosten wie persönliche Betreung,Dolmetscher,nicht arbeiten könnende Mutter wegen Vorrang anderer für kita platz.

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