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JustizEntzug des Stadtratmandats: Kemmerich zieht Verfassungsbeschwerde zurück

15. September 2022, 15:07 Uhr

Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich gibt den juristischen Kampf um sein Stadtratsmandat in Erfurt auf: Er hat seine Verfassungsbeschwerde gegen den Entzug des Sitzes im Kommunalparlament zurückgezogen und will nun im Landtag für eine Gesetzesänderung kämpfen.

von MDR THÜRINGEN

Der FDP-Politiker Thomas Kemmerich hat seine Verfassungsbeschwerde beim Verfassungsgericht in Weimar zurückgezogen. Kemmerich hatte sich dagegen gewandt, dass ihm das Mandat für den Erfurter Stadtrat entzogen worden war, weil der Wohnsitz seiner Familie in Weimar ist.

Verwaltungsgerichte: Kemmerich in Erfurt nicht wählbar

Zuvor hatten erst das Verwaltungsgericht und dann das Thüringer Oberverwaltungsgericht (beide in Weimar) einer Klage einer Privatperson gegen Kemmerich stattgegeben. Die Richter stellten fest, dass Kemmerich in Erfurt wegen seines Wohnsitzes Weimar nicht wählbar ist. Erfurt sei nicht der "Aufenthaltsschwerpunkt" von Kemmerich, auch wenn dieser vorgebracht habe, dass die Landeshauptstadt - auch beruflich bedingt - sein Lebensmittelpunkt sei.

Gemäß des Kommunalwahlgesetzes kann als Stadtrat in einer Stadt in Thüringen nur kandidieren, wer dort seinen Hauptwohnsitz hat. Demnach ist laut Paragraf 1 eine Person, die in mehreren Gemeinden gemeldet ist, dort aktiv und passiv wahlberechtigt, wo sie ihre Hauptwohnung im Sinne des Melderechts hat. Laut Deutschem Meldegesetz befindet sich der Hauptwohnsitz einer Person aber dort, wo die Wohnung der Familie oder des Lebenspartners ist.

Kemmerich argumentierte mit Gleichbehandlung

Kemmerich, der auch Sprecher der FDP-Gruppe im Thüringer Landtag ist, argumentierte dagegen vor dem Verfassungsgericht, durch das Thüringer Kommunalwahlgesetz in seinen Rechten verletzt zu werden. Er verwies darauf, dass die Regelung, wonach der Wohnort der Familie der Lebensmittelpunkt eines Kandidaten sei, nur für Verheiratete gelte, nicht aber für ledige Bewerber. Auch für Kandidaten, die sich als hauptamtliche Bürgermeister zur Wahl stellten, spiele der Wohnsitz der Familie keine Rolle. 

Verfassungsrichter äußerten Zweifel an Zulässigkeit der Beschwerde

Die Verfassungsrichter äußerten während der Verhandlung allerdings deutliche Zweifel, ob die Verfassungsbeschwerde zulässig war. Nach Ansicht der Richter hätten Kemmerich und seine Rechtsanwälte ihre Beschwerde genauer erläutern müssen - insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Verfassungsgericht bereits 1997 in einem ähnlichen Fall ein Urteil gesprochen hatte.

Damals ging es um die Wählbarkeit des CDU-Landtagsabgeordneten Franz Schuster. Dessen Familie lebte in Sankt Augustin bei Bonn. Die Richter entschieden, dass Schuster, der damals auch Wirtschaftsminister war, aufgrund seiner Tätigkeit seinen Lebensmittelpunkt in Erfurt hatte und damit auch für den Landtag kandidieren durfte. Gerade mit dieser Rechtsprechung von 1997 habe sich Beschwerdeführer Kemmerich nicht auseinandergesetzt, sagte der Sprecher des Verfassungsgerichtes, Matthias Doms, MDR THÜRINGEN. Das habe das Verfassungsgericht dem Beschwerdeführer auch deutlich vorgehalten.

Kemmerich strebt geändertes Kommunalwahlrecht an

Kemmerich und seine Rechtsanwälte entschieden daher noch während der Verhandlung, ihre Verfassungsbeschwerde zurückzuziehen. Kemmerich sagte MDR THÜRINGEN, es sei klargeworden, dass eine Änderung des Kommunalwahlrechts nicht über den Verfassungsgerichtshof erreicht werden könne. Das sei nur über den Gesetzgeber, den Thüringer Landtag, möglich.

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MDR (wh/fno/ls)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 15. September 2022 | 12:00 Uhr

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