Jena im 2. Weltkrieg
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70 Jahre Kriegsende ein Thüringen         Die Übergabe Jenas

Die am zweitstärksten zerstörte Stadt

13. April 2015, 14:49 Uhr

Der 19. März 1945 war für Jena der schwärzeste Tag in der Stadtgeschichte. Alliierte Flieger warfen 800 Bomben über der Stadt ab, das Stadtzentrum lag in Schutt und Asche, rund 800 Menschen starben.

Für Jena endete am 13. April 1945 der Zweite Weltkrieg mit dem Einmarsch der Amerikaner. Dies geschah fast kampflos, jedoch erst nachdem in den Monaten zuvor große Teile der Stadt zerstört und zahlreiche Zivilisten ums Leben gekommen waren. Als Zentrum von Wissenschaft und hochspezialisierter Industrie war Jena ein wichtiges strategisches Ziel. So wurde die Stadt im Februar und März mehrmals Ziel starker Luftangriffe. Der 19. März war für Jena der schwärzeste Tag in der Stadtgeschichte als ein Großaufgebot alliierter Flieger mehr als 800 Brand-, Spreng- und Phosphorbomben über der Stadt abwarf und das Stadtzentrum wie auch umliegende Ortsteile in Schutt und Asche legten. Die letzten Kriegsmonate forderten in Jena rund 800 Menschen das Leben. 4.000 Wohnungen und viele historische Gebäude wurden zerstört. Die Bevölkerung sehnte sich nach einem Ende des Krieges, blickte jedoch mit Ungewissheit zur nahenden Front.

Am 11. April heulten die Sirenen, amerikanische Soldaten der 4. Panzer- und der 80. Infanteriedivision näherten sich der Stadt. Wehrmachtseinheiten errichteten eine Verteidigungslinie am Ostufer der Saale. Gemäß dem Befehl Hitlers vom 19. März 1945 zur Taktik der "Verbrannten Erde" sollte alles zerstört werden, was dem Gegner nützen könnte. Die Sprengung der Brücken und kommunalen Versorgungseinrichtungen wurde vorbereitet, auch das Zeiss- und Schottwerk sollte gesprengt werden.

Am 12. April kam es zu Gefechten an der Saale. Doch bevor die Amerikaner in die Stadt vordringen konnten, sprengten zurückweichenden deutschen Soldaten die Saalebrücken. Dies hielt die US-Truppen aber nicht auf. Mit Planierraupen walzten sie eine Zufahrt zum Ufer, wo sie eine Pontonbrücke für Panzer bauten. Am Nachmittag erreichten sie die Ostseite, weshalb die weitere Sprengung der Camsdorfer Brücke durch die Deutschen längst unsinnig war.

Der nationalsozialistische Oberbürgermeister hatte am frühen Morgen seine Amtsgeschäfte längst übergeben, und sich unter dem Vorwand, Befehl zum gemeinsamen Abzug mit dem Volkssturm erhalten zu haben, abgesetzt. Der mit der Leitung beauftragte Hans Dittmer nahm zu den Amerikanern Kontakt auf. Diese stellten das Ultimatum, die Stadt bis 14 Uhr nach dem Vorbild Weimars kampflos zu übergeben. Dittmer vereinbarte den Gasthof "Carl August" im Mühltal als Verhandlungsort, wurde jedoch auf dem Weg vom Polizeidirektor verhaftet und mit Erschießung bedroht. Auch die amerikanischen Parlamentäre wurden beschossen und zogen sich zurück. Entgegen der Annahme, Jena sei kampflos übergeben worden, kam es verteilt im Stadtgebiet zu harten Kämpfen und auch Luftangriffen.

Am 13. April übergaben schließlich Hans Dittmar und der Universitätsrektor Friedrich Zucker im Mühltal den Amerikanern die Stadt und verhinderten so weiteres Blutvergießen. Die US-Soldaten rückten in die Innenstadt vor. Jena war nach Nordhausen die zweitstärkste zerstörte Stadt in Thüringen.

Zeitnah inspizierten die Amerikaner das Zeiss- und das Schottwerk, die während der NS-Zeit ihre Forschung und Entwicklung zunehmend auf Rüstungsbelange ausgerichtet hatten. Die Besatzer demontieren Maschinen, beschlagnahmten Labor- und Produktionsausrüstung sowie Konstruktionsunterlagen und Patente. Anschließend zwangen sie Fachkräfte mitzugehen. Gleiches taten die russischen Besatzer später auch.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 01. April 2020 | 18:00 Uhr

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