Arafats Thüringer "General" - Wo ist Udo Albrecht? Begegnung mit "Stern"-Reporter Gerd Heidemann

31. März 2019, 05:01 Uhr

In der Botschaft ist auch der "Stern"-Reporter Gerd Heidemann, Redakteur im Ressort Zeitgeschichte. Am 22. September führt er mit "Fischer" und "Fuchs" ein ausführliches Interview und schneidet es auf Tonband mit. Heidemann ist klar, dass er es mit Rechtsextremisten zu tun hat. "Fischer" führt das Wort. Im Vorgespräch geht es ihm zunächst um seine Sicherheit. Keinesfalls solle der Eindruck entstehen, dass er ein Verräter sei, wenn er mit einem Journalisten über seine Erlebnisse im Bürgerkrieg spreche.

Gerd Heidemann, Journalist
Der "Stern"-Reporter Gerd Heidemann ist auch in Amman Bildrechte: imago/teutopress

Zu seiner Rolle innerhalb der Fatah erklärt "Fischer", dass er "organisatorische Aufgaben" gehabt habe. Dann spricht er über die Häuser-Kämpfe seit Mitte September. Mit Sprengsätzen seien mindestens zehn jordanische Panzer zerstört worden. Heidemann interessiert sich vor allem für die Kampfeindrücke von "Fischer" und das Geschehen in den vergangenen Tagen. "Fischer" bedauert, dass der "einzige wirksame Feind Israels" durch den "entnervenden Kleinkrieg" zusammengeschossen werde. Dies sei eine "große Tragödie". Dann spricht "Fischer" ausführlich über die innerpalästinensischen Konflikte, zwischen der Volksfront und der Fatah.

"Fischer" will bleiben

Die Flugzeugentführungen bezeichnet "Fischer" als das "Allerdümmste". Solche Aktionen würden der Sache der Palästinenser schaden. Detailliert schildert er die verworrenen Straßenkämpfe der letzten Tage: "Für mich war es der bitterste Moment," so "Fischer", "die Uniform auszuziehen. Praktisch gibt man damit ja die Sache - zumindest was die Schlacht um Amman betraf - verloren." Die Waffen seien vergraben worden. Dann hätten sie sich in Zivilkleidung ergeben und gegenüber den Jordaniern als Kaufleute ausgegeben. Nach einer Befragung seien sie zur bundesdeutschen Botschaft gebracht worden. "Und das war für uns eigentlich der Platz, zu dem wir am letzten hinwollten". Schließlich stünden sie der bundesdeutschen Politik "nicht freundlich gegenüber". "Fischer" erklärt, dass er im Land bleiben und die Verbindung halten wolle.

Aus "Fischer" wird "Kaiser"

Obwohl die Identitäten der beiden Deutschen unklar sind, lässt sich "Fischer" am 24. September einen Passersatz ausstellen. Die Daten: "Manfred Kaiser", geboren am 1. September 1939 in Hörschel. Das ausgedachte Geburtsdatum ist sicher kein Zufall. An diesem Tag begann der Zweite Weltkrieg. Obwohl, so Heidemann, den Botschaftsmitarbeitern schnell klar ist, dass auch dieser Name falsch ist und dass der Unbekannte möglicherweise ein "gefährlicher Ausbrecher" ist, stellen sie ihm einen befristeten Pass aus.

Gleichzeitig dauert die Überprüfung der Identitäten in Bonn. Wischnewski verlässt inzwischen Amman - zusammen mit den beiden Deutschen, die nicht begeistert sind. Die Pass-Angelegenheit soll in Deutschland geklärt werden. Kurz vor der Abfahrt flüstert "Kaiser" Heidemann zu, dass er fliehen wolle. Vorsichtshalber skizziert er dem Journalisten einen Plan, in dem das Versteck seiner Unterlagen und seines Geldes in Amman eingezeichnet ist. Sollte seine Rückkehr nach Amman nicht klappen, solle Heidemann ihm die Unterlagen sichern und später zukommen lassen.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 31. März 2019 | 06:00 Uhr