Arafats Thüringer "General" - Wo ist Udo Albrecht? Kindheit ohne Heimat

31. März 2019, 05:00 Uhr

Am 13. April 1940 erblickt Udo Helmar Alfred Albrecht in Beyrode, einem Ortsteil von Horsmar im thüringischen Kreis Mühlhausen, das Licht der Welt. Der Vater, Helmar Albrecht, ist 38 Jahre, die Mutter, Edith Albrecht, geborene Schneider, ist 32 Jahre. Der Vater war aktiver Nationalsozialist. Laut NSDAP-Mitgliederkartei wurde er bereits im Juli 1930, also noch vor der nationalsozialistischen "Machtergreifung" in die Partei aufgenommen. Er gilt deshalb als "Alter Kämpfer". Außerdem war er Mitglied der SA. 1934 wurde gegen ihn und andere Personen wegen Körperverletzung, Hausfriedensbruchs, Sachbeschädigung, Beleidigung, Widerstands gegen die Staatsgewalt und Ruhestörung ermittelt. Das Verfahren endete mit einem Parteiausschluss. Welche Rolle der Vater bis Kriegsende im NS-Staat spielt, ist unklar. Nach eigenen Angaben lebt Sohn Udo Albrecht nur die ersten beiden Lebensjahre in Beyrode. Die Familie zieht nach Lauchhammer in der Niederlausitz um. Dort arbeitet der Vater zunächst als Elektromeister in einem Betrieb. Später wird der Vater zur Wehrmacht eingezogen.

Flucht in die Bundesrepublik

Nach dem Krieg beginnt für Udo Albrecht ein unstetes Leben. Mit der Mutter flieht er vor den Russen. Als "Flüchtling" lebt er bei verschiedenen Verwanden zunächst im Vogtland. Der Vater versteckt sich vor den Russen: "Er bezog deshalb eine einsam in einem Wald gelegene Hütte in der Nähe von Mühlhausen/Thüringen.“ Dorthin folgen ihm Mutter und Sohn. Bei einem Verwandtenbesuch in Mühlhausen wird der Vater von einem Nachbarn denunziert. Der frühere SA-Führer wird festgenommen und inhaftiert. 1947 wird Helmar Albrecht aufgrund der Tätigkeit während seiner NSDAP-Mitgliedschaft verurteilt. Der Vater muss Zwangsarbeit im Uranbergbau leisten. Erst 1951 kommt der Vater zurück. Als Elektromeister kann er dann nicht mehr arbeiten. Bis Oktober 1947 wohnt Udo Albrecht in Mühlhausen, anschließend geht es bis September 1950 nach Treffurt. Von dort zieht er nach Eisenach um. Ab August 1951 lebt er im benachbarten Hörschel. 1951 bekommt die Familie Nachwuchs. Im März wird Roland in Eisenach geboren. Albrecht schließt die Volksschule mit überdurchschnittlichen Noten ab. Laut amtlicher Meldekartei geht Albrecht Anfang März 1955 "illegal nach WD", nach Westdeutschland. Er ist jetzt 14 Jahre alt. Zu diesem Zeitpunkt ist er Schüler an der Internats-Oberschule in Gerstungen, unweit der deutsch-deutschen Grenze, und Mitglied der Freien Deutschen Jugend.

Später sagt er aus, dass er sich bereits in dieser Zeit mit Plänen für "eine Befreiung der DDR von den Russen" beschäftigt habe. In einem Urteil heißt es: "Angestachelt durch die Erhebung vom 17. Juni 1953 und durch die offiziellen Parolen, dass im Westen faschistische Kräfte bereitstünden, den Arbeiter- und Bauernstaat zu vernichten, gründeten der Angeklagte und Gesinnungsfreunde eine Widerstandsbewegung im Kleinen: Sie sammelten Waffen, diskutierten die politischen Verhältnisse und wollten sich für den Tag der erwarteten Befreiung bereithalten." Als 1955 einer aus der Gruppe beim Anzünden von Propagandaplakaten erwischt wird, habe er sich entschlossen, zu seinem Vater zu gehen, der bereits vor einem Jahr in die Bundesrepublik geflüchtet war.

Die Flucht, so gibt Albrecht später an, sei auf Anraten des Vaters erfolgt. Zunächst geht er zum Vater nach Duisburg. Ein Jahr später folgen Mutter und Bruder in den Westen. Die gesamte Familie Albrecht ist bis Ende Juni 1957 in Duisburg-Laar gemeldet. Dann zieht sie nach Neukirchen-Vluyn um. Erst im Jahr 1966 kommt Albrecht noch einmal nach Thüringen. Zusammen mit seinem Vater besucht er zwei Wochen lang seine Großmutter und seine Tante in Mühlhausen.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 31. März 2019 | 06:00 Uhr