News Bilder des Tages neu gegründete parlamentarische Gruppe, von links: Birger Gröning, Tosca Kniese, Ute Bergner, Lars Schütze Gruppenfoto
Erst Mitte des Jahres hatten Birger Gröning (von links), Tosca Kniese, Ute Bergner und Lars Schütze die Gruppe "Bürger für Thüringen" im Landtag gegründet. Bildrechte: IMAGO/foto2press

Nach Parteiaustritten Landtag löst Gruppe "Bürger für Thüringen" einstimmig auf

22. Dezember 2022, 10:04 Uhr

Der Thüringer Landtag hat die Gruppe "Bürger für Thüringen" einstimmig aufgelöst. Nach Parteiaustritten zweier Abgeordneter war das Ende unausweichlich. Nach den Parteiaustritten der Abgeordneten Gröning und Schütze fehlte dem erst Mitte 2022 gegründeten Bündnis die Grundlage. Die Gruppen-Mitarbeiter hatten bereits die Kündigung bekommen. Schon seit einiger Zeit gab es internen Streit.

Porträt-Collage Online-Redakteur Lukas Schliepkorte
Bildrechte: MDR/Daniela Dufft

Der Landtag hat am Donnerstag die parlamentarische Gruppe "Bürger für Thüringen" aufgelöst. Die Entscheidung fiel einstimmig. Die Gruppe stand vor dem Aus, nachdem die Abgeordneten Birger Gröning und Lars Schütze die Partei "Bürger für Thüringen" am Montag verlassen hatten.

Gröning und Schütze kamen damit einem Parteiausschlussverfahren zuvor, das Gruppenchefin Ute Bergner angekündigt hatte. Weil eine parlamentarische Gruppe aus Mitgliedern bestehen muss, die politisch einer Meinung sind, fehlte der Gruppe deshalb die Grundlage.

Zehn Mitarbeitern bereits gekündigt

Die parlamentarische Gruppe musste durch den Landtag offiziell aufgelöst werden. Den dafür notwendigen Antrag haben am die Fraktionen von Rot-Rot-Grün eingebracht. Vertreter aller Landtagsfraktionen und -gruppen hatten das Angaben der parlamentarischen Geschäftsführer von Linken und CDU zufolge am Mittwoch beschlossen.

Bergner sagte MDR THÜRINGEN, sie habe bereits am Mittwoch den zehn Mitarbeitern der Gruppe die Kündigung übermittelt. Wie Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke) dem MDR sagte, seien die Arbeitsverträge der Gruppenangestellten so aufgesetzt, dass sie automatisch mit der Auflösung enden.

Gruppe aus Kleinstpartei standen jährlich 900.000 Euro zu

Eine Parlamentarische Gruppe hat weniger Rechte als eine Fraktion, aber mehr Rechte als einzelne Abgeordnete - unter anderem finanzielle Privilegien und längere Redezeiten im Landtag. Bergner zufolge hätten durch den Gruppenstatus "Bürger für Thüringen" für ein ganzes Parlamentsjahr insgesamt etwa 900.000 Euro inklusive Personalkosten aus Landesmitteln zugestanden. Parteichef Steffen Teichmann sagte MDR THÜRINGEN am Mittwoch, gegenwärtig habe "Bürger für Thüringen" 44 Mitglieder. Außerdem lägen 17 fertige Aufnahmeanträge vor.

"Bürger für Thüringen"-Gruppenchefin Bergner sagte, durch die Auflösung der Gruppe würde die Partei nicht bedeutungslos. Bergner werde sie weiter gemeinsam mit Tosca Kniese im Parlament vertreten. Einige der Mitarbeiter, die durch die Auflösung ihren Job verlieren, hätten zudem angekündigt, Bergner und Kniese ehrenamtlich weiterhin zu unterstützen. Der plötzliche Austritt der beiden Abgeordneten sei zwar überraschend, dennoch sei sie froh, dass "es schnell klare Verhältnisse" gebe, sagte Bergner.

Erst seit Juni war "Bürger für Thüringen" eine parlamentarische Gruppe. Für diesen Status müssen sich "politisch homogene" Abgeordnete zusammenschließen - bei "Bürger für Thüringen" war das durch die gemeinsame Mitgliedschaft in der gleichnamigen Kleinstpartei gegeben - alle waren erst kurz vor der Gruppengründung beigetreten.

"Corona"-Themen und Führungsstil: Langwieriger Streit bei Landtagsgruppe

Seit einiger Zeit gab es Spannungen innerhalb der Gruppe. In der vergangenen Woche gipfelten diese in eingeleiteten Parteiausschlussverfahren gegen die Abgeordneten Gröning und Schütze, die laut Bergner "nie Teil der Partei sein wollten". Sie warf beiden zudem "Alleingänge" vor, die von der politischen "DNA" der Partei abweichen. 

Gröning und Schütze sagten der "Thüringer Allgemeinen", sie hätten ihren Parteiaustritt zuvor angedroht, sollte Parteigeneralsekretär Clarsen Ratz nicht gekündigt oder abgemahnt werden. Ratz, der kein Abgeordneter im Thüringer Landtag ist, habe versucht, Gröning und Schütze zu beeinflussen. Der Kündigungs-Forderung sei Ute Bergner nicht nachgekommen. Gröning wurde in der vergangenen Woche von der "TLZ" mit den Worten zitiert, er habe sich mit den übrigen Gruppenmitgliedern in der Vergangenheit über das Thema Corona-Impfungen zerstritten.

"Bürger für Thüringen" wird eine Nähe zur "Querdenken"-Bewegung nachgesagt. Unter anderem hatte auf einer von Generalsekretär Ratz geleiteten Veranstaltung im März der selbsternannte "Querdenker-Anwalt" Ralf Ludwig Sanktionen gegen Corona-Ungeimpfte mit der Judenverfolgung in der NS-Zeit verglichen.

Alle Gruppenmitglieder ehemals in AfD- oder FDP-Fraktion

Alle "Bürger für Thüringen"-Gruppenmitglieder hatten 2019 ihr Landtagsmandat noch als Mitglieder anderer Parteien erhalten. Bergner (Liste) war bis 2021 in der FDP - Kniese (Liste), Schütze und Gröning  (je Direktkandidaten) waren ehemals AfD-Abgeordnete. Kniese war im Dezember 2021 aus der AfD-Fraktion ausgetreten. Sie hatte dies damit begründet, dass sie als Unternehmerin die sozialpolitischen Vorstellungen von AfD-Chef Björn Höcke nicht weiter mittragen könne. Wenige Wochen zuvor hatte die AfD Schütze nach einem Streit aus der Fraktion ausgeschlossen.

Gröning hatte die AfD-Fraktion und die Partei aus "familiären Gründen" im März dieses Jahres verlassen. Den Ausschlag gegeben hat laut Gröning letztlich das Kölner Gerichtsurteil zur Einstufung der AfD als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz. Wenige Wochen zuvor hatte die AfD den Abgeordneten Lars Schütze nach einem Streit aus der Fraktion ausgeschlossen.

Bürger für Thüringen: Parteigründung nach Kemmerich-Wahl

Die Partei "Bürger für Thüringen" hatte sich Ende 2020 in Südthüringen auch als Reaktion auf eine vermeintliche "unrechtmäßige Einmischung" der Bundespolitik in die Vorgänge um die Wahl des Thüringer FDP-Chefs Kemmerich zum Ministerpräsidenten gegründet. Bergner wurde unmittelbar als Spitzenkandidatin vorgestellt, obwohl sie zu der Zeit noch Mitglied der FDP und nicht von "Bürger für Thüringen" war. Bergner steht dem gleichnamigen Bürgerbündnis vor, aus dem die Partei hervorgegangen ist. Dieser Verein hat nach Angaben von Teichmann 58 Mitglieder, die zum Teil gleichzeitig Parteimitglied sind.

MDR (ls)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 22. Dezember 2022 | 10:00 Uhr

12 Kommentare

Harka2 am 22.12.2022

Dabei wollten sie alle nur unser Bestes, unsere Geld.
Ne, ernsthaft, diese Truppe aus Selbstdarstellern, die in ihren ursprünglichen Parteien aus guten Gründen schon nichts geworden sind, wird niemand vermissen.

Lavendel am 22.12.2022

Diese 4 Abgeordneten haben sicher gaaaaanz viel bewegt mit ihrer Splittergruppe.

Merke: Jeder kann sich einen wohlklingenden NAmen geben, ohne dass dahinter irgend etwas stehen muss. Was haben diese "Bürger für Thüringen" wohl für das Land Thüringen getan und was hat das gekostet? Git, dass diese Farce jetzt vorbei ist.

MDR-Team am 22.12.2022

Bergner hatte ihren Parteiaustritt unter anderem damit begründet, dass ihr bei der Thüringer FDP "Authentizität" und "Kommunikation auf Augenhöhe" gefehlt hätten. Diesen Vorwurf hatte sie in der Tat direkt an Kemmerich gerichtet, auch in Bezug auf "parteiinterne Geschehnisse vor und nach der Wahl" dessen zum Ministerpräsidenten. Präzisiert, ob sich das auch auf eine Beteiligung der AfD an der Wahl bezieht, hatte Bergner aber nicht.


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