Direktkandidaten im Porträt Madeleine Henfling (Grüne) | Wahlkreis 22 (Ilm-Kreis I)

Zur Landtagswahl 2019 in Thüringen haben wir den Direktkandidatinnen und -kandidaten Fragen zur Person sowie zu politischen Themen gestellt. Lesen Sie hier die Antworten von Madeleine Henfling.

Zur Person

  • Alter: 36
  • Schulausbildung: Abitur
  • Beruf: Studium der Geschichte/ Afrikanistik und Niederländischen Sprachwissenschaft
  • Familienstand: verheiratet, 3 Kinder
  • Wohnort: Ilmenau

Politischer Werdegang

  • seit 2007: bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
  • seit 2009: Kreissprecherin im Ilm-Kreis
  • 2009 bis 2011: Landessprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Thüringen
  • seit 2014: Abgeordnete im Thüringer Landtag (Sprecherin für Wissenschaft, Kultur, Medien, Netzpolitik, Datenschutz, Europa und Strategien gegen Rechtsextremismus, Obfrau im U-Ausschuss 6/1 (NSU), Vorsitzende des U-Ausschusses 6/2 (Aktenlager Immelborn) und Obfrau in der Enquetekommission Rassismus)

Privates

Was ist Ihre größte Stärke?

Ich behalte auch in stressigen Phasen ganz gut den Überblick.

Was ist Ihre größte Schwäche?

Ungeduld.

Wo erholen Sie sich in Thüringen am liebsten?

Im Wald.

Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?

Messer, Schere und Feuer…

Politisches

Warum haben Sie sich als Direktkandidat zur Wahl gestellt?

Weil ich aus dem südlichen Ilm-Kreis komme, die Gegend und die Menschen kenne und in deren Sinne was bewegen will.

Wenn Sie gewählt werden, was ist Ihr wichtigstes Ziel für die kommende Legislaturperiode?

Ich setze mich im besonderen Maße dafür ein, dass Thüringen eine gelingende, bürgernahe und sinnvolle Digitalisierung in Verwaltung und anderen Lebensbereichen umsetzt.

 Was wollen Sie für Thüringen erreichen…

... im Bereich Bildung:

Wir Grüne setzen auf gute Bildung und individuelle Förderung für alle Kinder von Anfang an. Dazu werden wir die Personalsituation in Kindergärten und Schulen konsequent verbessern. Wir machen uns stark für längeres gemeinsames Lernen, für Ganztagsschulen und für ein demokratisches, inklusives und vielfältiges Schulwesen sowie für gute Voraussetzungen für lebenslanges Lernen und Erwachsenenbildung.

... im Bereich Forschung und Entwicklung:

Ich setze mich ein für eine verlässliche Finanzierung für unsere Hochschulen und dualen Ausbildungsstätten, um ihren Erfindungsgeist bestmöglich freizusetzen. Autonomie, Selbstverwaltung und demokratische Verfasstheit der Hochschulen sollen als Garanten für wissenschaftliche Freiheit und die Erprobung von Forschungsideen stehen.

Wir Grüne wollen die Möglichkeiten der Ausweitung von Mitbestimmung auf alle Statusgruppen an den Hochschulen prüfen und Mitbestimmung stärken. Wir wollen die Abschaffung der Hochschulräte, außerdem eine Steigerung des Frauen-, Inter- und Transanteils in Statusgruppenvertretungen und bei der Neubesetzung von Professor*innenstellen, insbesondere in MINT-Fächern.

Die Richtlinie in Bezug auf soziale und ökologische Verantwortung für die Vergabe privater Fördergelder muss strenger und jede private Förderung öffentlich gemacht werden.
Private Förderung und Stiftungsprofessuren sind abzulehnen, wenn bei den Geldgebenden mangelnde Transparenz oder fehlende Aufarbeitung bezüglich der eigenen Vergangenheit im Nationalsozialismus herrschen.

Das konkurrenzorientierte Einwerben von Drittmitteln darf nicht dazu führen, dass das Schreiben von Forschungsanträgen die Forschung und Lehre selbst zeitlich erheblich einschränken.
Ich stehe für die besondere Förderung der Erforschung zentraler Zukunftsfragen der Menschheit, zum Beispiel Klimaschutz oder die Bewahrung von Biodiversität.
Tierversuche sollen nach dem 3R-Prinzip (Replace = Ersetzen, Reduce = Verringern, Refine = Verbessern) reduziert, ersetzt und langfristig abgeschafft werden.

Wir Grüne wollen die Kapazitäten der Dualen Hochschule Gera-Eisenach ausbauen, um der hohen Nachfrage gerecht werden zu können. Gleichzeitig wollen wir die Chance nutzen, dass kleine und mittlere Betriebe außerhalb der großen Städte ihre eigenen Fachkräfte ausbilden. Um die Studienplatz- und Studienortwahl attraktiver zu machen, wollen wir die Mindestausbildungsvergütung erhöhen, damit Bildung nicht am Geld scheitert. Hürden beim Zugang zum Studium wollen wir abbauen. Wir wenden uns gegen die Einführung von Studiengebühren und setzen uns für die Abschaffung der Langzeitstudiengebühren ein.

Ich setze mich ein für die Reduzierung von unsicheren und prekären Arbeitsbedingungen für den wissenschaftlichen Nachwuchs und für einen Stellenausbau unterhalb der Professur. Außerdem streite ich für eine Reform der Habilitation und die Stärkung der Juniorprofessur mit Tenure-Track.

... im Bereich Wirtschaft und Verkehr:

Wirtschaft: Wir Grüne sehen die Digitalisierung als Schwerpunkt der Wirtschaftsförderung und wollen eineökologische Modernisierung durch gezielte Wirtschaftsförderung
Nachhaltigkeit ist für uns das zentrale Entscheidungskriterium für politisches Handeln. Wir wollen eine besondere Berücksichtigung von Investitionen in die Zukunft für Klimaschutz und Ressourcenschonung. Die Recyclingquote für wichtige Rohstoffe wollen wir schrittweise erhöhen und wollen ein Recht auf Reparatur.

Ein Schwerpunkt für uns ist die Schaffung regionaler Wirtschaftskreisläufe. Wir fördern den Abbau von Bürokratie und von doppelten Förderstrukturen. Die "Regionalen Forschungs- und Innovationsstrategie für intelligente Spezialisierung" (RIS3) wollen wir fortführen und weiterentwickeln.
Wir wollen die Aufwertung der Forschungs- und Entwicklungsförderung in der Verbundforschung und Weiterentwicklung zu einem Zukunftsprogramm "Forschung-for-future".
Beratungs- und Förderstrukturen für Gründer*innen und Startups werden wir weiter stärken und deren Präsenz an Universitäts- und Hochschulstandorten ausbauen.
Außerdem wollen wir die Nachfolgeberatung etablieren, damit auch bestehende Unternehmen bei der Nachfolge sicher in die Zukunft blicken können.
Handwerk und mittelständische Unternehmen werden wir bei der Nachwuchs- und Fachkräftesicherung unterstützen.

Neben dem BIP wollen wir auch Kriterien wie den ökologischen Fußabdruck, Artenvielfalt, soziale Verteilung, Bildungs- und Gesundheitsindex oder Zufriedenheit in einem regelmäßigen Wohlstandsbericht erfassen.

Verkehr: Das grüne Ziel ist ein vollständig treibhausgasneutraler Verkehr bis 2050. Wir streben die Einführung eines landesweiten Thüringen-Tickets für alle Nahverkehrsstrecken in Thüringen für 2 Euro am Tag und für Schüler*innen und Auszubildende für 1 Euro am Tag an. Außerdem setzen wir uns für die Einführung eines landesweiten Verkehrsverbundes ein und für einen massiven Ausbau der Kapazitäten im Nahverkehr. Jeder Ort in Thüringen soll mindestens alle zwei Stunden an den öffentlichen Verkehr angebunden werden. Wir wollen die Einführung des ThüringenTakt (Zubringer- und Anschlussfahrten werden aufeinander abgestimmt) sowie einer Regio-/S-Bahn mit Linien zwischen Eisenach, Erfurt, Großheringen, Jena und Saalfeld sowie zwischen Ilmenau/Saalfeld, Erfurt, Jena, Gera und Altenburg. Dazu wollen wir die Elektrifizierung aller Hauptstrecken im Bahnverkehr und den Ausbau des Landesbusnetzes. Pendler*innengemeinschaften und Pendlerparkplätzen wollen wir fördern und stillgelegte Bahnstrecken reaktivieren. Außerdem setzen wir uns für kostenloses W-Lan in allen Bussen und Bahnen ein.

Wichtig ist für uns Grüne den Umstieg auf emissionsfreie Elektromobilität, unter der Maßgabe, dass Rohstoffgewinnung, Nutzung und Verwertung möglichst nachhaltig erfolgen. Die Ladeinfrastruktur werden wir durch Erweiterung der bestehenden Förderprogramme zur Ladesäuleninfrastruktur ausbauen. Öffentlich geförderte oder installierte Ladeinfrastruktur sollte aus echtem Ökostrom, bevorzugt durch regionale Energieversorger oder Bürger*innenstrom, gespeist werden. Verkehrsunternehmen unterstützen wir bei der Umrüstung ihrer Flotten in Richtung emissionsarmer Fahrzeuge wie E-Busse.
Auslieferung mit E-Lastenrädern innerhalb der Stadt werden wir fördern, ebenso die private Anschaffung von Lastenrädern. Außerdem werden wir einen Runden Tisch Schienengüterverkehr ins Leben rufen, zur Verlagerung von Güterverkehr von der Straße auf die Schiene.

Fußwegkonzepte einschließlich verkehrsberuhigter Zonen, insbesondere für Kinder, ältere und bewegungseingeschränkte Menschen werden wir erarbeiten und umsetzen. Den Radverkehr werden wir durch kommunale Radverkehrspläne, Radverkehrsbeauftragte und die Ausfinanzierung von Radverkehrsprogrammen stärken. Jeder zehnte Euro im landesweiten Straßenbau soll fürs Rad zur Verfügung stehen, um Radschnellwege in urbanen Gebieten und Pendelregionen zu errichten. Die Fahrradmitnahme in Bussen und Bahnen soll verbessert werden.

... im Bereich Innere Sicherheit:

Wir Grüne verteidigen entschieden unsere Demokratie und die Menschenrechte gegen ihre Feinde. Mit klarer Haltung gegen Spaltung kämpfen wir gegen Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, gegen Höcke und seine AfD. Wir setzen uns für eine starke Bürger*innenbeteiligung ein und wollen Jugendliche zukünftig ab 14 Jahren bei Wahlen mitbestimmen lassen.
Wir wollen eine Novellierung des bestehenden Polizeiaufgabengesetzes mit dem Ziel, ein liberales und bürger*innenrechtsfreundliches Gesetz zu schaffen.
Prävention als wirksamstes Mittel der Kriminalitätsbekämpfung werden wir stärken. Racial Profiling wollen wir verbieten.

Die technische Ausstattung der Polizei, insbesondere mit modernen Kommunikationsgeräten, wollen wir verbessern und die Einführung einer Onlinewache voranbringen. Wir machen uns gleichermaßen stark für die gesetzliche Verankerung der Kennzeichnungspflicht und für die Stärkung und Weiterentwicklung der Polizeibeschwerdestelle. Wir wollen keine Einführung von Tasern und Videoüberwachung nur gezielt und anlassbezogen einsetzen, ihr Einsatz muss kontinuierlich evaluiert werden. Das Bildungszentrum der Polizei wollen wir stärken und weiterentwickeln.
Wir Grüne stehen für die Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements gegen Rechtsrockkonzerte sowie für Sensibilisierungsangebote für Sport- und Kampfsportvereine zur Verhinderung der Unterwanderung durch extreme Rechte. Die Forschungs- und Beratungsstrukturen gegen Rechtsextremismus in Thüringen brauchen außerdem finanzielle Stärkung.

Den Pakt für den Rechtsstaat setzen wir um.
Wir wollen einen Ausbau von Schlichtung und Mediation neben der klassischen Streitbeilegung in der Justiz. Die Ausbildung von Richter*innen und Staatsanwält*innen, von Justizmitarbeiter*innen und Beschäftigten im Justizvollzug wollen wir ausbauen und verbessern.

Wir setzen uns ein für die Schaffung eines kontrollierten, legalen Markts für Cannabis, um Konsument*innen zu entkriminalisieren und den Strafvollzug zu entlasten. Therapie-, Bildungs- und Qualifizierungsangebote sollen aus unserer Sicht noch besser in den Strafvollzug integriert werden. (Resozialisierung vom 1. Hafttag an)

... im Bereich Umwelt/ Klimaschutz?

Wir Grüne wollen den gesamten Energiebedarf Thüringens bis 2037 aus erneuerbaren Energien decken, Energie effizient nutzen und einsparen. Wir streben eintreibhausgasneutrales Thüringen bis 2040 an und wollen. Alle zukünftigen Gesetzesvorhaben am Klimaschutz messen.
Damit Thüringen das grüne Herz Deutschlands bleibt, kämpfen wir für gesunde und klimarobuste Wälder, artenreiche Wiesen, sauberes Wasser und gute Luft. Gemeinsam mit allen Engagierten wollen wir dauerhaft unsere einzigartige Tier- und Pflanzenwelt schützen - wie uns das mit dem Grünen Band an der ehemaligen innerdeutschen Grenze bereits gelungen ist.
Den Einsatz von Pestiziden in der Land- und Forstwirtschaft, aber auch im Privatgebrauch, wollen wir soweit es geht minimieren, denn sie sind Gift, insbesondere für Insekten und Bienen.
Wir streben ein Null-Hektar-Ziel an, um unsere wertvollen Böden vor weiterer Versiegelung zu bewahren. Neue Flächen sollen nur dann in Anspruch genommen werden, wenn sie anderswo freigegeben werden.

Autoabgase wollen wir zur Verbesserung der Atemluft und zur Verringerung von Gesundheitsgefährdungen reduzieren und die Umsetzung flächendeckender, wirkungsvoller Luftreinhaltepläne fördern.
Den Anschlussgrad an Kläranlangen wollen wir erhöhen.

Wir werden einen Biotopverbundplan erstellen, der eine Mindestgröße und -dichte von zur Vernetzung von Biotopen erforderlichen Verbindungselementen festlegt. Der Biotopplan soll rechtsverbindlicher Bestandteil in allen Raumplanungsebenen und seine finanzielle Umsetzung im Landeshaushalt verankert werden.
Wir stehen für die Erhaltung von Lebensräumen für stadttypische und gefährdete Tier- und Pflanzenarten, insektenfreundliche Stadtbegrünung, Wildblumenwiesen, die Renaturierung von Brachflächen, die Aktivierung neuer Flächenpotenziale durch Gewässerrenaturierung sowie die Schaffung grüner Straßenräume und "lebendiger" Gebäude.
Wir unterstützen kommunale und unternehmerische Strategien zur Kreislaufwirtschaft und Rohstoffrückgewinnung unterstützen (Mehrweggeschirr, Pfandsysteme, Reduzierung von Plastik und Mikroplastik) und werden so die Entwicklung hin zur "Zero-Waste"-Gesellschaft beschleunigen.

Wir setzen uns für eine umweltfreundliche Landwirtschaft ein, von der die Bäuer*innen gut leben können und die unsere natürlichen Lebensgrundlagen schont. Denn wir wollen, dass Landwirtschaft und Naturschutz Hand in Hand gehen und Tiere artgerecht gehalten werden.
Der Flächenanteil des Ökolandbaus soll bis 2024 auf 10 Prozent und bis 2030 auf 20 Prozent der Anbaufläche in Thüringen steigen.
Unser Ziel ist, dass die Thüringer Landwirtschaft bis spätestens 2040 klimaneutral wirtschaftet. Ökologisch wirtschaftende Betriebe sollen bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt berücksichtigt werden.

Die Düngeverordnung werden wir ändern und mittels Förderprogrammen die Nutzung von Nitrat und Phosphat in der Landwirtschaft reduzieren.
Wir werden außerdem eine Totalherbizid-Reduzierungs-Strategie erarbeiten (Neonicotinoide, Glyphosat). In den ersten 100 Tagen in einer kommenden Legislatur werden wir ein Insektenschutz-Sofortprogramm erarbeiten. Dem so genannten Landgrabbing werden wir entgegentreten, um die Landwirtschaft vor branchenfremden Investor*innen zu schützen. Wir wollen ein Ende der industriellen Massentierhaltung und eine Reduktion der Fleischproduktion. Wir werden einen Pakt für artgerechte Tierhaltung vereinbaren und verbindliche Grenzen für die Tierhaltung an einem Standort festlegen und Landesförderung an die Einhaltung des Paktes koppeln. Den Einsatz von Reserveantibiotika wollen wir beenden. Außerdem setzen wir uns ein für den Verzicht auf Kastenstände und den Verzicht auf das Kürzen der Ringelschwänze bei Schweinen.

Wir wollen eine Förderung von mobilen Schlachteinheiten und ein enges Netz dezentraler Schlachtstätten. Grünlandgebundene Mutterkuh-, Schaf- und Ziegenhaltung werden wir weiter fördern und erhalten.

Vervollständigen Sie bitte den Satz: In fünf Jahren sollte es in Thüringen ...

… ökologischer, weltoffener und solidarischer sein.

Quelle: MDR THÜRINGEN

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 27. Oktober 2019 | 18:00 Uhr

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