In Thüringen und in anderen Bundesländern wählen die Wahlberechtigten den Landtag. Der Landtag wiederum wählt in geheimer Wahl den Ministerpräsidenten. Einmal ernannt, setzt dieser dann seine Regierung ein. In Deutschland ist dieses politische System mit einem starken Parlament und der starken Rolle von Parteien historisch gewachsen. Man spricht auch von einem parlamentarischen Regierungssystem. Das heißt, dass die Regierung vom Parlament abhängig ist.
In der Regel schließen sich Fraktionen zusammen, um die Parlamentsmehrheit zu bilden. Diese Koalition trägt dann den Ministerpräsidenten und dessen Regierung und kann ihn auch wieder abwählen. In der politischen Praxis kommt es dadurch zu einem engen Zusammenspiel von Parlamentsmehrheit und Regierung.
Vorteil dieser Konstellation ist, dass Entscheidungen und Gesetze schnell getroffen werden können, ohne dass sich Parlament und Regierung blockieren. Wegen der vorherrschenden Fraktionsdisziplin (eine Fraktion stimmt in der Regel gemeinsam ab), ist meist schon vor der eigentlichen Abstimmung klar, ob ein Gesetz angenommen wird oder nicht. So werden Gesetzesinitiativen, die aus Reihen der Regierungsfraktion oder aus der Regierung kommen, meist angenommen.
Zu beachten ist, dass Gesetze nicht erst bei der Abstimmung im Landtag "gemacht" werden, sondern bereits zuvor in den Ausschüssen, Arbeitskreisen oder in anderen Runden entstehen. Ob ein Abgeordneter bei einer Abstimmung im Landtag anwesend ist, sagt daher nichts darüber aus, wie fleißig er ist. Die Abstimmung im Landtag dient eher als transparenter Akt nach außen und soll die Positionen der Fraktionen und Parlamentarier verdeutlichen.
Die Rechte der Opposition sind im parlamentarischen System relativ schwach ausgeprägt. Gesetzesinitiativen haben aufgrund der fehlenden Mehrheit schon im Vorfeld wenig Aussicht auf Erfolg. Ist ein guter Antrag dabei, kann es in Einzelfällen möglich sein, dass die Regierungsfraktionen oder die Landesregierung einen Gesetzentwurf aufnehmen, ihn abändern und als eigenen verkaufen.
Die Nähe von Parlament und Regierung wird von einigen Kritikern auch als Nachteil angesehen. Der Vorwurf: Es herrscht keine klare Gewaltenteilung zwischen gesetzgebender (Legislative) und ausführender (Exekutive) Gewalt. Verstärkt wird dies noch dadurch, dass Abgeordnete im Landtag gleichzeitig Mitglied der Regierung sein können, quasi eine Doppelfunktion ausüben.
Entgegen diesem parlamentarisch organisierten System steht das präsidentielle System, wie es beispielsweise in den USA vorherrscht. Der Präsident oder Regierungschef wird dort wie auch das Parlament direkt vom Volk gewählt. Vorteil ist, dass eine klare Trennung von Exekutive und Legislative vorherrscht. Allerdings kann es auch zu Blockaden kommen - wenn nämlich der Präsident einem anderen politischen Lager angehört als die Mehrheit im Kongress. Initiativen des Präsidenten können somit schon im Vorfeld abgeblockt werden. Andererseits muss er sich einer Mehrheitsabstimmung des Kongresses fügen. Im Zweifel muss der Präsident über die Parteigrenzen hinweg für Zustimmung werben, um "Abweichler" für sich zu gewinnen.
Auch in Deutschland gibt es diese Form eines präsidentiellen Systems, und zwar auf kommunaler Ebene. Dort werden Bürgermeister oder Landräte wie in Thüringen direkt gewählt. Auf Bundes- und Landesebene herrscht dagegen wie beschrieben das parlamentarische System vor.