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Björ Höcke - Spitzenkandidat der Thüringer AfD. Bildrechte: IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Landtagswahl 2024AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke

31. August 2024, 10:00 Uhr

Björn Höcke kennt sich aus mit Gegenwind. Zum dritten Mal tritt der Nordrhein-Westfale bei einer Thüringer Landtagswahl als Spitzenkandidat seiner AfD an. Und stets waren die Wahlkämpfe begleitet von vehementer Kritik an ihm. Das wird auch in diesem Jahr so sein. Doch eine Sache ist anders.

von Lars Sänger, MDR THÜRINGEN

Seit Monaten ist gefühlt zumindest die halbe Republik in Aufruhr. Wird Björn Höcke in Thüringen nach der Macht greifen und Ministerpräsident? Aufgeregt wird diese Frage landauf, landab diskutiert. Vor allem, weil die Umfragen die AfD und ihren Spitzenkandidaten als stärkste Kraft aus der Landtagswahl hervorgehen sehen.

Und tatsächlich deutet sich an, dass der vom Thüringer Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Landesverband die meisten Abgeordneten ins neue Parlament entsenden wird. Jedoch: Der Traum vom ersten AfD-Ministerpräsidenten Höcke scheint sich wohl vorerst trotzdem nicht zu erfüllen. Dafür fehlen dem Spitzenkandidaten schlichtweg die Koalitionspartner.  

Für Höcke steht viel auf dem Spiel 

Björn Höcke scheut Niederlagen. Denn die würden so gar nicht zum Image des starken Anführers passen. Und deshalb, vermuten sowohl Parteifreunde als auch Kritiker, vermeidet der 52-Jährige so gut es geht unsichere Abstimmungen, die mit seiner Person verknüpft werden könnten. Höcke, für viele der Vordenker der AfD, hat vielleicht deshalb nie – und trotz sich bietender Gelegenheiten – für den Bundesvorstand seiner Partei kandidiert.  

Doch in diesem Jahr muss Höcke mindestens einmal kandidieren und auch gewinnen. Bei der Landtagswahl. Höcke ist sogar zum Gewinnen verdammt. Denn tut er das nicht, droht ausgerechnet der Spitzenkandidat ohne Sitz im neuen Landtag dazustehen. Hintergrund ist das Thüringer Wahlrecht.

Konkret geht es um die mögliche Situation, dass die AfD mehr Wahlkreise (und damit Direktmandate) gewinnt, als ihr laut Zeitstimmen-Ergebnis Sitze im neuen Landtag zustehen. Die Folge wäre, dass zwar alle – und zwar ausnahmslos nur – die AfD-Wahlkreis-Gewinner ins Parlament einzögen. Platz eins auf der sogenannten Landesliste, den Höcke belegt, würde dann nicht zum Einzug in den Landtag berechtigen. Die AfD als Wahlsieger, aber ohne Höcke im Parlament. Es wäre aus Parteisicht das Worst-Case-Szenario. 

Björn Höcke möchte Ministerpräsident werden - aber auch im Parlament sitzen. Bildrechte: MDR/Levin Schwarzkopf

Um dieses Szenario zu vermeiden, hat Höcke tief in die Strategie-Kiste gegriffen. Er hat den Wahlkreis gewechselt. Höcke, der stets die Bedeutung von Heimatverbundenheit und Nahbarkeit betont, tritt nicht mehr an seinem Wohnort im Eichsfeld an. Höcke kandidiert stattdessen im Landkreis Greiz, also am anderen Ende Thüringens. Anlass dürfte sein, dass Höcke seinen bisherigen, heimischen Wahlkreis schon zwei Mal nicht gewinnen konnte. Stets war der CDU-Kandidat dem AfD-Frontmann enteilt. 

Deswegen wird Höcke jetzt zum Pendler. Nach Greiz. Ostthüringen gilt als Hochburg der Rechtspopulisten. Der Frage danach, wie oft er die 244 Kilometer von Zuhause in Bornhagen nach Greiz pendeln will, weicht Höcke aus. "Ich bin auf jeden Fall da und werden je nach Bedarf Sprechstunden anbieten." Danach, dass der AfD-Mann regelmäßig vor Ort und spontan für seine Wähler ansprechbar sein wird, klingt das nicht.  

Interne Kritik am Spitzenkandidaten Höcke

Dass Höcke in Greiz kandidiert, finden derweil nicht alle in der Thüringer AfD gut. Einerseits, weil die Wahltaktik – dass es eine ist, bestreitet übrigens auch die Parteispitze nicht – durchschaubar ist. Und anderseits, weil Höcke einem anderen den Platz wegnimmt. In einem Interview mit der FAZ räumt der Chef des Kreisverbandes, Thomas Trommer, ein: Es habe durchaus Leute im Kreis gegeben, die gerne für die AfD angetreten wären.   

Und das ist es auch, was die Sache mit dem Gegenwind für Höcke in diesem Jahr anders macht. Zu den externen Kritikern und Gegnern, ist ein neues Lager dazugekommen. Das Lager der internen Kritiker in der AfD Thüringen. Sie treten so laut und öffentlich auf wie nie zuvor. Höcke hat den Unmut mindestens zweier Kreisverbände auf sich gezogen. Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt und im Wartburgkreis.  

AfD-Wartburgkreis: Höcke ist "niederträchtig"

Im AfD-Kreisverband Wartburgkreis ist man, gelinde ausgedrückt, sauer auf Höcke und die Parteispitze in Erfurt. Die nämlich soll verhindert haben, dass zwei Mitglieder des Kreisverbandes bei der Landtagswahl antreten können. Die beiden Wahlkreise bleiben jetzt unbesetzt, weil die Parteispitze die notwendigen Unterschriften nicht beim Wahlleiter abgab.

Das, so der Vorwurf des Kreisverbands, sei bewusst passiert, um Höckes Chancen auf den Wiedereinzug in den Landtag zu verbessern. Denn: Wo keine Kandidaten, da keine Direkt-Mandate. Und je weniger Direkt-Mandate, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass die besagte Landesliste doch zum Zuge kommt.

Der Ruhlaer AfD-Bundestagsabgeordnete Klaus Stöber spricht in diesem Zusammenhang von einer "niederträchtigen Art" Höckes. Und weiter: Höcke überschätze sich innerhalb der Partei.  

Saalfeld-Rudolstadt: Interner Streit eskaliert 

Im Kreisverband Saalfeld-Rudolstadt hat die interne Kritik am Spitzenkandidaten nichts mit der Landtagswahl zu tun. Dort war die Kommunalwahl Auslöser. Zunächst hatte sich der Kreisverband intern zerstritten. Im Ergebnis gab es bei der Kommunalwahl zwei unterschiedliche Listen mit AfD-Kaniddaten.

Eine unter dem Namen der AfD. Die zweite hieß "Alternative für den Wahlkreis". Höcke warb schließlich für die Alternative-Liste und nicht für die offizielle der AfD. Teile des Kreisverbandes forderten daraufhin ein Parteiausschlussverfahren gegen den Landesvorsitzenden.  

Angeklagt im Wahlkampf 

Als wäre die Atmosphäre parteiintern nicht schon belastet genug, überschattet noch ein anderes Thema den Wahlkampf Höckes. Ein Gericht in Mühlhausen hat, nach seinen beiden Verurteilungen in Halle/Saale, eine weitere Anklage gegen ihn zugelassen. Der Vorwurf: Volksverhetzung.

Wann die Verhandlung beginnt, steht noch nicht fest. Gut möglich aber, dass der Auftakt in die heiße Phase des Wahlkampfs fällt. Für Höcke wäre das eine weitere Gelegenheit, sich – wie schon bei den beiden Prozessen in Halle – als politisch Verfolgter darzustellen.  

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MDR

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