Landtagswahl Thüringen 2024 Wahlprogramme im Vergleich: Asylpolitik

26. August 2024, 10:47 Uhr

Inhalt des Artikels:


Allgemein

Sollten Asylbewerber zentral oder dezentral untergebracht werden? Wie kann Integration am besten gelingen, und was ist mit Ausreisepflichtigen? Was Linke, AfD, CDU, SPD, Grüne, FDP und BSW in ihren Programmen schreiben, lesen Sie hier.

Zum Anhören gibt es die Parteipositionen zu diesem Thema, wenn Sie hier klicken.


Die Linke

Die Linke will ein humaneres Asylrecht erreichen: Besondere Schutzbedarfe sollen bei Ankunft und Verteilung systematisch und frühzeitig erfasst werden. Erstaufnahmekapazitäten sollen landesweit ausgebaut werden, ebenso eine behördenunabhängige Asylverfahrensberatung. Geflüchtete sollen ihren Aufenthaltsort in Thüringen frei wählen dürfen.

Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sollen nicht abgeschoben werden dürfen. Eltern oder Geschwister unbegleiteter Minderjähriger sollen einfacher nachziehen können.

Im Bundesrat will sich die Linke für eine Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes zu Gunsten eines solidarischen Einwanderungsgesetzes einsetzen. Das soll verbunden werden mit dem Abbau von Hürden beim Zugang zu Sprach- und Integrationskursen sowie in Arbeit. Der eingeschränkte Familiennachzug soll aufgehoben werden.


AfD

Die AfD meint, das Recht auf Asyl muss ausschließlich tatsächlich politisch Verfolgten vorbehalten bleiben. Eine Debatte zu Änderungen beim individuellen Rechtsanspruch auf Asyl darf aus ihrer Sicht kein Tabu sein. Die AfD will die Versorgungs- und Unterbringungsstandards für Asylbewerber senken. Ein "menschenwürdiges Existenzminimum" soll sichergestellt werden. Es soll vor allem Sachleistungen geben und möglichst wenig Bargeld. Die Gesundheitskarte für Asylbewerber will die AfD abschaffen und nur eine Mindestversorgung sicherstellen.

Die AfD will mitgeführtes Bargeld und Wertgegenstände von Asylbewerbern konfiszieren lassen und damit Versorgungskosten zum Teil abdecken.

Gewaltauffällige Asylbewerber sollen bis zur Abschiebung oder freiwilligen Ausreise in gesonderten Einrichtungen abseits von Ortschaften bzw. Abschiebehaftanstalten untergebracht werden. Grundsätzlich plant die Partei eine "Abschiebeinitiative" mit vom Land organisierten Flügen. Die Härtefallkommission für strittige Fälle soll abgeschafft werden.

Die AfD fordert den Stopp von Kirchenasyl und anderer Unterstützung für Asylbewerber sowie das Ende der öffentlichen Förderung für solche Initiativen.


CDU

In der Asylpolitik meint die CDU: Wer schutzberechtigt ist und Hilfe benötigt, dem wird geholfen. Wer keinen Schutzgrund hat oder sich nicht an die Regeln hält, der soll Deutschland nach dem Willen der CDU sofort wieder verlassen.

Unter Aufsicht einer Zentralen Ausländerbehörde sollen "Thüringer Zentren für Aufnahme und Rückführung" etabliert werden. In diesen Zentren sollen die Menschen untergebracht werden, die keine Bleibeperspektive haben. Von dort soll eine direkte Abschiebung erfolgen. Für Asylbewerber mit geringen Aussichten auf Anerkennung will die CDU beschleunigte Verfahren einführen.

In Erst- und Gemeinschaftsunterkünften will die CDU Geldleistungen vollständig auf Sachleistungen umstellen. Die Bezahlkarte für Asylsuchende soll thüringenweit eingeführt werden. Das Angebot gemeinnütziger Arbeitsgelegenheiten, zu deren Wahrnehmung Asylbewerber verpflichtet sind, soll ausgebaut werden.

Menschen aus der Ukraine sollen nach Willen der CDU nicht mehr sofort Bürgergeld, sondern zunächst Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten.


SPD

Die SPD Thüringen vertritt laut Wahlprogramm eine soziale Migrationspolitik. Menschen, die Schutz benötigen, erhalten in Thüringen Asyl. Unabhängig von der Chance auf Anerkennung des Asylverfahrens sollen alle eine würdige und faire Behandlung erfahren.

Die SPD unterstützt die Arbeit kommunaler Ausländerbeiräte und Migrantenselbstorganisationen. Sie will den Zugang zu Sprachkursen und zum Arbeitsmarkt erleichtern. Der Wechsel vom Asyl in die Arbeitsmigration soll ausgeweitet werden.

Die SPD will die Bundesregelungen zum Familiennachzug und für die Arbeitserlaubnis für Geduldete vereinfachen. Kommunale Ausländerbehörden sollen zu Integrationsbehörden und Servicestellen weiterentwickelt werden. Ein Landesamt für Migration und Integration soll Fachkompetenzen und Expertise bündeln und auch für den Arbeitsmarkt positive Effekte erzielen.


Grüne

Die Grünen verteidigen das Grundrecht auf Asyl. Sie treten für eine menschenwürdige dezentrale Unterbringung von Geflüchteten ein und den bedarfsgerechten Ausbau und die Modernisierung der Erstaufnahme. Sie wollen für nach Deutschland Geflüchtete von Beginn an Zugang zu Sprach- und Integrationskursen, Beratung und eine möglichst schnelle Teilhabe am Arbeitsmarkt. Sie verlangen ein bedingungsloses Recht auf Bildung zum Nachholen von Schulabschlüssen.

Kommunen sollen entlastet werden, etwa durch eine schnellere Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen. Im Programm wird die Einführung eines stichtagsunabhängigen "Spurwechsels" von der Asyl- in die Erwerbsmigration und die Ausweitung des Chancenaufenthaltsrechts gefordert. Die Grünen wollen das Konstrukt sicherer Herkunftsländer abschaffen und die Abschiebung in Krisenregionen oder Länder mit massiven Menschenrechtsverletzungen stoppen. 


FDP

Die FDP bekennt sich zum Recht auf Asyl. Sie möchte die Asylverfahren allerdings beschleunigen. Menschen, die nach Deutschland kommen, sollen schnell erfahren, ob sie eine Bleibeperspektive haben oder nicht. Dafür soll an der Erstaufnahmeeinrichtung eine Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge angesiedelt werden.

Wenn ein Verbleib möglich ist, sollen Geflüchtete unter Umständen auch schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden. Die Kommunen will die FDP finanziell und organisatorisch so ausstatten, dass sie die Integration gut leisten können.

Eine neue zentrale Ausländerbehörde soll die Kommunen sowohl bei Identitätsfeststellungen als auch bei Abschiebungen unterstützen. Für letztere sollen spezialisierte Einheiten gebildet werden.


BSW

Das BSW bekennt sich zum Grundrecht auf Asyl. Allerdings müsse sich die Verteilung und Integration geflüchteter Menschen an der kommunalen Leistungsfähigkeit orientieren. Daher will das BSW die Zahl der Migranten reduzieren. Das soll geschehen, indem Asylverfahren schon an EU-Außengrenzen sowie in Drittstaaten gestellt werden.

Außerdem will sich die Partei darum kümmern, dass Ausreisepflichtige das Land verlassen. Wer bleiben darf, soll schnell in den Arbeitsmarkt integriert werden. Bereits während des Asylverfahrens sollen Bewerber einfache Tätigkeiten übernehmen.

Das BSW unterstützt die Bezahlkarte für Asylbewerber. Ihnen soll zudem ausschließlich das verfassungsrechtlich geforderte Existenzminimum in Form von Sachleistungen gewährt werden. Auch will das BSW Anreize für eine schnelle Ausreise.

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