Lehrkräfte auf dem LandLehrerverband und GEW in Thüringen zweifeln an Wirksamkeit von Zuschuss
Ab Oktober bekommen Lehrkräfte in Thüringen einen Zuschuss, wenn sie sich dafür entscheiden, auf dem Land zu arbeiten. Damit möchte das Land dem Lehrermangel entgegenwirken. Die Politik verteidigt die Entscheidung aus dem Jahr 2020. Lehrerverband und Gewerkschaft glauben jedoch nicht an die Wirksamkeit der Maßnahme.
- Frank Fritze vom thüringischen Lehrerverband glaubt nicht an die Wirksamkeit des Gehaltszuschusses und fürchtet Probleme unter den Kolleginnen und Kollegen.
- Thüringens Bildungsminister Helmut Holter ist überzeugt, dass auch Lehrende, die den Zuschuss nicht erhalten, von der Maßnahme profitieren können.
- Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Sachsen erwartet aus Erfahrungen im eigenen Bundesland nicht, dass die Maßnahme große Wirkung zeigt.
Frank Fritze, stellvertretender Vorsitzender des thüringischen Lehrerverbandes, glaubt nicht, dass der Zuschuss für verbeamtete Lehrende auf dem Land ein wirksames Mittel gegen Lehrermangel sein wird.
Dafür könnte es das Ungerechtigkeitsgefühl unter den Kolleginnen und Kollegen befeuern, befürchtet Fritze: "Wir haben doch jetzt schon zwei unterschiedliche Verhältnisse in den Schulen. Das sind einmal die verbeamteten Lehrer und einmal die nach Tarif beschäftigten Lehrer, die auch unterschiedlich verdienen, für dieselbe Arbeit. Jetzt kommen noch mal die Beamten mit den Zuschlägen dazu. Jetzt habe ich schon drei Gehaltsgruppen für dieselbe Tätigkeit."
Holter: Auch Lehrende ohne Zuschuss profitieren
Thüringens Bildungsminister Helmut Holter kennt die Kritik an dem Gehaltszuschuss, der 2020 bereits beschlossen wurde und nun ab Oktober 2022 umgesetzt werden soll. Er glaubt, dass auch diejenigen Lehrenden in den strukturschwachen Regionen von der Maßnahme profitieren können, die den Zuschuss nicht bekommen.
"Die Belastung der dort tätigen Kolleginnen und Kollegen ist jetzt schon enorm, sie würde weiter steigen, wenn wir es nicht schaffen, dort Lehrerinnen und Lehrer hinzubringen. Deswegen ist diese Zulage, die wir dort zahlen, am Ende auch eine Entlastung derer, die an diesen Schulen und in diesen Bedarfsregionen tätig sind", erklärt der Minister.
Die Sorge, der Lehrermangel würde einfach umverteilt und Lehrerinnen und Lehrer, die an die Landschulen gehen, würden in den Städten ein Loch hinterlassen, kann Minister Holter teilweise nachvollziehen: "Hier geht es darum, tatsächlich gleichmäßig die Kolleginnen und Kollegen zum Einsatz zu bringen. Das kann sein, dass dann unter anderem jemand in eine Bedarfsregion abwandert, aber das ist dann auch bewusst gewollt, um dort den Unterricht abzusichern."
GEW: Zuschuss verfehlt Wirkung
Von der Maßnahme sollte man nicht so viel erwarten, sagt wiederum Uschi Kruse, Landesvorsitzende der GEW Sachsen. In ihrem Bundesland gibt es ähnliche Angebote schon seit 2016. Sie vermutet, dass die meisten, die es nutzen, auch ohne den Zuschuss aus persönlichen Gründen ins Ländliche gegangen wären.
"Für die Thüringer habe ich die Empfehlung, dass man genau hinguckt, was man macht, dass man wirklich evaluiert und dass man dann auch sagt, ja diese Maßnahme ist wirkungsvoll und diese ist es nicht", sagt Kruse.
Höhere Gehaltsklasse wohl erfolgreich
Bundesweit tauschen sich Lehrerverbände zu erfolgreichen Maßnahmen aus. Dabei ist eine hervorgestochen: Stellen, die mehrfach erfolglos ausgeschrieben waren, wurden einfach eine Gehaltsklasse hochgestuft und damit für Anwärterinnen und Anwärter interessanter.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | MDR AKTUELL RADIO | 08. September 2022 | 06:00 Uhr