Mietvertrag läuft ausApoldas Kulturfabrik schließt im Oktober endgültig
Apoldas Kulturfabrik sagt Lebwohl: Das Kulturprojekt in der alten Woll- und Strickfabrik steht vor dem endgültigen Aus. Im Oktober läuft der Mietvertrag aus und die vier verbliebenen Künstler müssen sich eine neue Bleibe suchen. Die Sanierung ist unabhängig von den Kosten vom Verein auch nicht gewollt, denn dann würde die Fabrik den Charme des Ursprünglichen verlieren.
Nun also doch - in der Kulturfabrik Apolda gehen die Lichter aus. Projektleiterin Philine Görnandt steigt nach rund zehn Jahren Arbeit in Apolda aus. Über eine Zeitungsannonce hatte Görnandt das Atelier "Kulturfabrik" gefunden, die 1921 erbaut und viele Jahre vom Woll- und Strickfabrikanten Karl Köcher genutzt worden war. Ein Haus mit Charisma. Damals geleitet von Kunstprofessors Achim Preiß und der Kulturmanagerin Sibylle Müller. 2013 waren sie es, die die Immobilie entdeckten und Künstlern dort Freiraum ließen.
Doch schon immer war die Kulturfabrik ein Sorgenkind. Der Einbau der Heizung beispielsweise war ein teures Unterfangen, zumal die riesigen Räume kaum beheizbar waren. Doch die Stadt kam den Künstlern entgegen. Es gab einen Deal: Die Mieter zahlten die Kosten des Heizungsbaus und mussten dafür nur eine schmale Miete und Betriebskosten zahlen.
Sanierung für den Brandschutz nötig
Zehn Jahre lang sollte das funktionieren. Zwischenzeitlich steigen Preiß und Müller aus der Kulturfabrik aus. Philine Görnandt übernahm und stand 2021 schon einmal vor der Entscheidung. Damals lief der Mietvertrag mit der Stadt aus und baurechtliche Fragen ploppten auf. Im Mittelpunkt stand der Brandschutz der Immobilie. Denn die Kulturfabrik hatte sich zu einem Ort entwickelt, an dem regelmäßig Veranstaltungen stattfanden - große und kleine. In der Museumsnacht strömten die Besucher hinein, ein Höhepunkt war ein Weißes Fest und immer wieder gab es Ausstellungen und Konzerte.
Doch mit der Zeit wurden die Sorgenfalten auf der Stirn der Sachbearbeiter in Apoldas Baubehörde tiefer. Der Fabrik fehlte es an Fluchtwegen. Die Stadt als Eigentümerin sah sich außerstande das Objekt zu sanieren. Viel zu hoch waren die Kosten geschätzt. Der damalige Bürgermeister Rüdiger Eisenbrand (parteilos), suchte nach Lösungen und bot den Kreativen unter anderem einen Erbpachtvertrag an.
Zweistelliger Millionenbetrag nötig
"Doch der war aus Sicht unseres neu gegründeten Vereins keine Option. Wir hätten zwar kaum Mietkosten gehabt, hätten jedoch alle Investitionen in Millionenhöhe allein stemmen müssen", sagt Görnandt. Es gab einen Kompromiss und der hieß: Aufschub. Die Stadt gab den Fabrik-Betreibern zwei Jahre mehr Zeit. Die Konditionen bleiben die Gleichen, die baulichen Probleme jedoch auch.
"Das sind Größenordnungen, die sind nicht überschaubar", sagt die Künstlerin. "Auch der Dachstuhl und die Fassade müssten erneuert werden. Das ist unrealistisch, das allein oder als Verein zu stemmen." Die Stadt schätzt die Investitionskosten bis heute auf einen zweistelligen Millionenbetrag.
"Außerdem würde das Haus auch den Charme verlieren, in den ich mich verliebt habe. Wir alle hier mögen ja gerade das Unfertige, das Ursprüngliche. Da passt eine voll sanierte Immobile nicht dazu." Die Sanierung ist für Görnandt also kein Thema.
Stadt will Künstler in Apolda halten
Nun läuft der Mietvertrag endgültig aus. "Als Stadt können wir kaum ein neues Angebot machen. Es wäre unverantwortlich, jetzt nicht baulich einzuschreiten", sagt Neu-Bürgermeister Olaf Müller (CDU). Deshalb zieht Philine Görnandt nun die Reißleine. Sie wird die Kulturfabrik verlassen und hat alle Verträge, auch mit den Versorgern bereits gekündigt.
Ich hatte immer vor dem Tag Angst, an dem ich den Hebel der Heizungsanlage umlegen musste. Das Gas es strömt nur so.
Philine Görnandt über die enormen Heizkosten
Ihre Untermieter werden wohl mitgehen müssen. Sie sind nur noch zu dritt. Olaf Müller und sein Team bemühen sich jedoch und wollen das Künstlerkollektiv in Apolda halten. "Wir würden ihnen vielleicht auch die Zeit bis zum nächsten Frühjahr geben, aber der Winter in der Fabrik wäre teuer - allein die Heizung."
Philine Görnandt weiß das aus Erfahrung: "Ich hatte immer vor dem Tag Angst, an dem ich den Hebel der Heizungsanlage umlegen musste. Das Gas es strömt nur so. Das sind Betriebskosten im vierstelligen Bereich - Monat für Monat."
Ende als Neuanfang
Wenn es in diesem Winter kalt wird, ist Görnandt schon weg. Sie will auch nicht in Apolda bleiben. Selbst wenn die Stadt eine neue Immobile für die Künstler findet. Die Künstlerin hat ihren Frieden mit der Kulturfabrik gemacht. Sie geht mit einem Lächeln im Gesicht. "Es waren spannende und erfüllende Jahre. Ich habe Erfahrungen gesammelt, tolle Menschen kennengelernt, durfte kreativ sein und mich verwirklichen."
Inzwischen hat sie sich ein Häuschen auf dem Land ausgebaut und ein Geschäft in Naumburg eröffnet. Das Ende der Kulturfabrik ist für sie ein Neubeginn. Apolda wird sie nicht für immer den Rücken kehren. "Ich werde bestimmt einmal wiederkommen und neue Projekte hier anstoßen", sagt Görnandt. Es wäre auch schwer vorstellbar, wenn nicht.
Wie sich ihre Künstlerkolleginnen entscheiden, wissen sie noch nicht. Vielleicht bleiben sie zusammen und bauen eine neue, kleinere Kulturfabrik an einem anderen Ort in Apolda auf.
MDR (ask)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit vom Tag | 08. September 2024 | 18:05 Uhr
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