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Weimarer LandWie Freiwillige Tiere aus der Ukraine retten und nach Thüringen holen

28. März 2023, 12:55 Uhr

Der Krieg in der Ukraine hat einen Flüchtlingsstrom ausgelöst. Hundertausende Menschen mussten ihr zu Hause verlassen. Was zurückblieb, waren nicht nur Hab und Gut. Oftmals musste sich die Menschen auch von ihren Tieren trennen. Unversorgt blieben Hunde, Katzen und andere Haustiere zurück. Tierschützer haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Geschöpfe aus Kriegsgebieten in der Ukraine in Sicherheit zu holen.

von Conny Mauroner, MDR THÜRINGEN

Sie riskiert das eigene Leben, um das der Tiere zu retten. Als die freie Journalistin und Tierschützerin Judith Pein am 24. Februar 2022 vom Ausbruch des Kriegs in der Ukraine hört, macht sie sich sofort auf den Weg: "Ich bin nach Polen gefahren und habe dort eine Rettungsschleuse für Tiere eröffnet", erzählt sie.

Zunächst haben Pein und ihr Team von der Tierschutzorganisation Peta Flüchtlingen geholfen, die samt Haustieren über die Grenzen gekommen sind. "Manche hatten ihre Katzen dabei. Sie haben sie drei Tage lang unter der Jacke versteckt. Andere hatten ihre Meerschweinchen in Einkaufstüten gepackt und mitgenommen."

Kapazitäten waren schnell ausgeschöpft

Pein und ihr Team haben Kontakte zu Tierschutzorganisationen in der Ukraine geknüpft und Tierheime in Polen gesucht. Dort sollten die Tiere unterkommen, die in Flüchtlingsunterkünften nicht immer willkommen waren. Doch die Kapazitäten waren schnell ausgeschöpft. Immer mehr Tiere brauchten Hilfe. Immer mehr Menschen baten um Unterstützung. "Wir bekamen Anrufe von Tierschutzorganisationen in der Ostukraine. Man berichtete von Einwohnern, die nicht aus den schlimmsten Kriegsgebieten flüchten wollten. Sie wollten ihre Tiere nicht im Stich lassen."

In einem Fall haben sie einem Familienvater Hunde, Katzen und selbst eine Dohle abgenommen. Erst als der Mann wusste, dass seine Tiere in guten Händen sind, habe er sich in Sicherheit in die Westukraine begeben. "Damit helfen wir nicht nur Tieren, sondern auch Menschen", sagt Judith Pein.

Mit Helm und Schutzweste im Kriegsgebiet

Aber auch um die vielen zurück gelassenen Tiere kümmert sich die Organisation. Mit Schutzhelm und schusssicherer Weste wagt sich Judith Pein immer wieder ins Kriegsgebiet vor. Selbst im umkämpften Bachmuth ist sie gewesen. "Es ist ein Risiko und natürlich ist immer auch Glück dabei. Wir hören die Mörser zischen und sehen die Drohnen über uns. Wir müssen einfach immer nur schnell sein." Die Gefahr ist Judith Pein sehr wohl bewusst. "Aber ich kann doch nicht zu Hause ruhig auf der Couch sitzen und wissen, dass in der Ostukraine die Tiere qualvoll zu Tode kommen."

Die Liebe zu Tieren treibt die Journalistin aus Nordrhein-Westfalen immer wieder an. Unermüdlich holt sie Hunde, Katzen, sogar Hühner aus zerschossenen Ruinen. "Die Katzen streunen ziellos und verzweifelt durch die Straßen. Sie haben Hunger und brauchen unsere Hilfe." Die Tiere einfach mitnehmen und nach Deutschland bringen, das können die Peta-Mitglieder aber nicht. Oftmals harren sie in Tierheimen in der Westukraine aus. Oder aber sie werden nach Polen oder Ungarn gebracht und durchlaufen dort ihre Quarantäne.

Tollwut ist weiter ein Problem

Tollwut ist in der Ukraine immer noch ein Problem. Auch deshalb müssen die Hunde voll geimpft und frei von Krankheiten sein. Einer, der das gewissenhaft kontrolliert, ist Stefan Kleinhans, Amtstierazt im Weimarer Land . Kommen die Tiere hier an, nimmt er sie sich genau unter die Lupe. "Ich vergleiche, ob Hund und Ausweis tatsächlich übereinstimmen, und auch ob die Tollwut-Antikörper gut ausgebildet sind. Im Notfall muss nachgeimpft werden."

Kleinhans war es, der den Kontakt zwischen Judith Pein und Ramona Roscher hergestellt hat. Roscher betreibt die "Hundeakademie Wolfserbe" in Bad Berka im Weimarer Land. Auf einem vier Hektar großen Gelände kümmert sie sich in erster Linie um gefährliche Hunde. Nun kommen auch ukrainische Tiere dazu. "Aktuell haben wir 37 Hunde. Wir überlegen sogar, etwas anzubauen."

Ukrainische Tiere auf Suche nach neuem Zuhause

Die ukrainischen Hunde, so hofft Roscher, sollen nicht lange auf dem Gelände bleiben. Die Tiere sollen vermittelt werden oder Pflegefamilien finden. "Die meisten von ihnen sind Hunde, die ohnehin aus Familien kommen und sehr freundlich sind. Auffällige Hunde würde ich nicht weggeben", sagt die erfahrene Hundetrainierin. Roscher freut sich über Interessenten, aber auch über Futterspenden für ihre vielen Tiere. Alles hilft, die Arbeit ist teuer und aufwendig. Auch Peta finanziert das Ukraine-Projekt überwiegend aus Spenden. 1.300 Tonnen Futter wurden hergestellt und in die Ostukraine gebracht. "Damit sind tausende Tiere über den Winter gekommen", freut sich Judith Pein.

Ob sie Arbeit bald beenden wird? "Nein, ganz sicher nicht", sagt Pein. "Es sind immer noch so viele Tiere im Kriegsgebiet. Sie brauchen Hilfe. Sie brauchen Unterstützung." Judith Pein, Ramona Roscher und auch Amtstierarzt Stefan Kleinhans haben sich dies zur Aufgabe gemacht. Sie wollen den traumatisierten Hunden helfen und sie in neue Hände vermitteln. "Aber auch eine Wiedervereinigung wäre möglich. Wenn nur ein Hund sein Herrchen wiederfindet, dann hat sich das Ganze schon gelohnt", sagt Tierarzt Kleinhans.

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MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Der Vormittag | 28. März 2023 | 09:49 Uhr

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