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BundesgartenschauKann es tatsächlich in Erfurt eine zweite Buga geben?

17. August 2022, 15:26 Uhr

Nach der erstmaligen Absage einer Bundesgartenschau möchte Oberbürgermeister Bausewein die Chance nutzen, noch eine Buga nach Erfurt zu holen. Doch wie stehen die Chancen dafür und welche Gefahren gibt es?

von Antje Kirsten, MDR THÜRINGEN

Hunderttausende Menschen hatten 2021 Erfurt besucht, um sich die Bundesgartenschau anzusehen. Nun gibt es möglicherweise die Chance, dies zu wiederholen. Doch davor gibt es noch eine Menge Fragen zu klären - und Überzeugungsarbeit zu leisten.

Würde die Bundesgartenschau in diesem Sommer in Erfurt stattfinden, die Gärtner kämen mit dem Bewässern, Gießkannenschleppen nicht hinterher. Wie sich das Klima in den nächsten vier Jahren entwickelt, kann bestenfalls nur vage prognostiziert werden.

Doch schon 2026 möchte Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) Erfurt erneut mit einer Buga bespielen. Seinen (Stroh-)Hut hat er jüngst in den Ring geworfen, nachdem die Rostocker die an sie vor Jahren schon vergebene Gartenschau zurückgegeben hatten.

Neuer Buga-Anlauf nur durch erstmalige Absage möglich

Die Rostocker Bürgerschaft hatte Ende Juni mit deutlicher Mehrheit die Absage der Bundesgartenschau 2025 beschlossen. Es ist die erste Absage in der 70-jährigen Buga-Geschichte.

Aber ist das für Erfurt überhaupt machbar, schon in vier Jahren erneut die deutschlandweite und internationale Gartenfan-Gemeinde zu empfangen und zu überraschen? Mit einem: "Wir öffnen schnell mal den Ega-Park" ist es nicht getan.

Rückblick:

Die Bundesgartenschau 2021 war zehn Jahre lang vorbereitet worden. Die Investitionssumme in die neugestaltete Gera-Aue, den sanierten 61 Jahre alten Ega-Park und in den besucherfreundlicher umgebauten Petersberg, der nun einen Fahrstuhl, eine neue Ausstellung und ein Besucherzentrum hat, lag immerhin bei rund 180 Millionen Euro. Der Großteil des Geldes waren Bundes- und Landesmittel.

In die Buga 2021 waren über Jahre hinweg hunderte Erfurter einbezogen worden, so gab es unter anderem zehn Buga-Dialoge. Der neue Ega-Spielplatz fußt auch auf Ideen der Kinder, die mit dem ersten Tag des Zuschlags der Gartenschau an Erfurt mit im Boot waren. All das, sagen die Experten, kann so nicht einmal annähernd in vier Jahren aus dem Boden gestampft werden.

Oberbürgermeister Bausewein hält dagegen: Erfurt hatte ein schwieriges Buga-Jahr, weil es ein Corona-Jahr war, und könnte in vier Jahren das Ausgefallene, das nur mit Abstand Stattgefundene nachholen und die eine oder andere zündende Gartenidee dazu packen. 

Erfurter Buga 2.0 als Wahlkampf-Thema?

Für den SPD-Mann, der überlegt, ein viertes Mal als Oberbürgermeister anzutreten, könnte die "Wiederholungs"-Buga zum Wahlkamfthema werden. "Kann aber auch nach hinten losgehen, wenn Kritiker befürchten, dass andere Projekte wie die Schulsanierung auf der Strecke bleiben", weiß auch Bausewein.

Kann aber auch nach hinten losgehen, wenn Kritiker befürchten, dass andere Projekte wie die Schulsanierung auf der Strecke bleiben

Andreas Bausewein | SPD-Oberbürgermeister von Erfurt

Ega-Geschäftsführerin steht nicht zur Verfügung

Eine, die sofort abgewunken hat, ist Ega-Geschäftsführerin Kathrin Weiß. Als erneute Buga-Geschäftsführerin steht sie nicht zu Verfügung. Hört man sich unter ehemaligen Mitarbeitern der Buga-Gesellschaft und unter den Gärtnern um, dann haben sie ihre Zweifel. Eine erneute Buga, heißt es wäre toll, aber nicht so schnell.

Der Kraftakt - 171 Tage mit relativ kleiner Mannschaft und auch Werbebudget zu stemmen - hat Spaß gemacht und ausgelaugt. Luft holen, sei angesagt, meinen die einen. Andere sehen in einer Buga 2026 eine erneute große Werbechance für die Stadt und den Freistaat.

Ex-Buga-Chefin Kathrin Weiß im Interview mit dem MDR Garten. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Von der Deutschen Bundesgartenschau-Gesellschaft mbH heißt es: "Wir begrüßen das Interesse aus Erfurt." Nach der Urlaubszeit werde er die Gespräche mit OB Bausewein wieder aufnehmen, teilte Geschäftsführer Jochen Sandner MDR THÜRINGEN mit. Eine "Deadline" - bis wann etwas entschieden werden muss - gebe es nicht.

Bausewein sieht Rückhalt bei Erfurtern

Buga 2026 ja oder nein, dazu will sich der Erfurter Stadtrat im Herbst final positionieren. Oberbürgermeister Andreas Bausewein (SPD) hatte sich per Umfrage schon mal Rückendeckung aus der Bevölkerung geholt. Danach gaben 40 Prozent der insgesamt 500 Befragten an, es "sehr gut" zu finden, wenn die Buga 2025 oder ein Jahr später wieder in Erfurt stattfinden würde. Weitere 34 Prozent fänden es "eher gut". "Wir denken, dass diese 75 Prozent natürlich ein klarer Auftrag sind", kommentierte das ein Stadtsprecher.

Andreas Bausewein möchte die Buga in Erfurt wiederholen. Bildrechte: IMAGO/Future Image

So ist die Meinung im Erfurter Stadtrat

Die rot-rot-grüne Mehrheit im Stadtrat sieht eine mögliche Neuauflage positiv, hat aber viele Fragen dazu. Von der Linkspartei heißt es, nun müsse der OB ein Konzept auf den Tisch legen. "Wichtig ist mir und meiner Fraktion detailliert zu erfahren, was die Neuauflage kosten würde und wie sie durchgeführt werden könnte. Wie schon im Stadtrat angekündigt, werden wir auch ganz genau hinschauen, dass unter der Buga 2025 keine anderen städtischen Projekte leiden", erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Karola Stange. Die Fraktion der Linkspartei plädiert daher nach eigenen Angaben für mehr Gelassenheit bis die harten Fakten auf dem Tisch liegen.

"Ohne verlässliche und belastbare Fördermittelzusagen vom Land und vom Bund können und werden wir keine weitere Buga ausrichten.", sagt Bauseweins Parteifreund und SPD-Fraktionsvorsitzender Frank Warnecke, fügt aber auch an: "Unterstützende Investitionen könnten in die Anschaffung moderner Straßenbahnen und Busse fließen sowie die Sanierung der Nordhäuser Straße und die Vollendung des Radwegeschlusses zwischen Domplatz und Universität", so Warnecke weiter.

Die Grünen sehen eine erneute Bewerbung äußerst kritisch. Dazu heißt es aus der Fraktion unter anderem: "Eine Buga, auch wenn es nur eine so genannte Durchführungs-Buga ist, bindet immer eine Menge Personal. Wir haben aber als Stadt eine Menge an anderweitigen Baustellen, insbesondere das im letzten Stadtrat verabschiedete Programm zur Schulsanierung wird enorme personelle Ressourcen, vor allem im Amt für Gebäudemanagement, binden. Das ist jetzt dringend und dieses Programm gilt es schnellstmöglich umzusetzen".

Ein klares Nein kommt von CDU und AfD. CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Hose kommentiert die Pläne für eine erneute, zeitnahe, Bundesgartenschau mit den Worten: "Die Buga 2021 war zweifelsfrei ein Erfolg für Erfurt. Ebenso war sie aber auch ein Kraftakt für die Stadtverwaltung. Wichtige Themen wie die Schulsanierung oder der Hochwasserschutz mussten jahrelang zurückstehen. Das können wir uns in den nächsten Jahren nicht nochmal erlauben. Die Stadt muss sich jetzt um ihre großen Probleme kümmern. Auch in der Politik muss die Pflicht vor der Kür stehen."

Auch die Fraktion Mehrwertstadt kann einer Wiederholung wenig abgewinnen. Fraktionschef Sebastian Perdelwitz erklärte: "Es gibt zu viele andere Themen, die Priorität haben und als Chefsache behandelt werden müssten, wie Schulbau und Klimaschutz. Nicht unwesentlich erscheint uns jedoch auch die Bereitschaft der Verwaltungsmitarbeiter und -innen, welche die eigentliche Arbeit einer erneuten Buga leisten müssen. Hier haben wir keine Jubelschreie vernommen."

Die AfD-Fraktion erklärt, dass sie aufgrund der derzeitigen finanziellen Lage der Stadt Erfurt einer Wiederholung der Buga in den kommenden Jahren nicht zustimmen kann. Die Buga 2021 habe mit einem Millionendefizit abgeschlossen und angesichts der aktuellen Haushaltslage der Stadt Erfurt, einer Investitionssperre in Höhe von acht Millionen Euro und dem Investitionsstaus in der Gebäude- und Verkehrsinfrastruktur, wäre die Wiederholung der Buga verantwortungslos, teilt die Fraktion MDR THÜRINGEN schriftlich mit.

FDP und Freie Wähler stehen einer erneuten Buga positiv gegenüber, sehen darin eine weitere Chance, den Bekanntheitsgrad der Stadt zu erhöhen. Maßgabe sei es aber, so FDP-Stadtrat Christian Poloczek-Becher, dass die Buga nicht zu Lasten anderer Projekte wie Schulsanierung und Verkehrsinfrastruktur geht. Die FDP fordert auch ein Personalentwicklungskonzept ein, dass der Personalnot entgegenwirkt. "Der Oberbürgermeister darf sich nicht nur im Erfolg der Buga 2021 und einer neuen Buga 2026 sonnen sondern muss jetzt durchgreifen und handeln."

Peter Stampf von den Freien Wählern äußert sich gesprächsbereit. Damit Erfurt sich bewerben kann, brauche es ein nachhaltiges und finanzierbares Konzept. Eine erneute Buga müsste in städtischer Verantwortung vorbereitet und realisiert werden. Gleichzeitig müsse das Schulsanierungs- und Neubauprogramm ohne finanzielle oder personelle Einschitte weitergehen. Stampf forderte auch, dass Erfurt mit dem Land über erneute Buga-Zuschüsse verhandelt.

Übrigens: Oberbürgermeister Andreas Bausewein war eines der wenigen Stadtoberhäupter Deutschlands, das eine Bundesgartenschau eingeworben, den Vertrag darüber geschlossen und sie zehn Jahre später - immer noch im Amt - auch eröffnet hat.

MDR (rom)

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