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Ein Mäusebussard: Im Willroder Forst in Erfurt bereitet ein solcher Vogel jedes Jahr manchem Besucher oder Anwohner Probleme. Bildrechte: IMAGO/imagebroker

Der RedakteurWarum ein Greifvogel in Erfurt Jagd auf Jogger und Anwohner macht

01. Juni 2023, 10:32 Uhr

Greifvögel attackieren jedes Jahr über mehrere Wochen Jogger oder Spaziergänger - auch im Willrodaer Forst in Erfurt. Einige der Angegriffenen wurden dabei auch verletzt. Aber warum passiert das? Was sind das für Greifvogel? Und wie kann man sich schützen? Das wollte Maik Müller aus Erfurt wissen.

In der Regel ist es der Mäusebussard, der in unseren Breiten schon mal Jagd auf Spaziergänger oder Jogger macht. Das liegt auch daran, dass der Bussard durchaus in Parks oder siedlungsnah zu Hause ist und so Begegnungen zwischen Mensch und Bussard keine Seltenheit sind. Die längste Zeit des Jahres ist das auch alles problemlos, aber zwischen Ende Mai und Anfang Juli, wenn der Bussard mit dem Nachwuchs beschäftigt ist, werden alle, die dem Nest zu nahe kommen, verjagt. Und was "zu nahe" bedeutet, liegt im Ermessen des Vogels.

Der Angriff ist meistens nur ein Scheinangriff, erfolgt in der Regel von hinten und ohne Vorwarnung. Es gibt weder einen Ruf noch ein "Adlerkreisen" im Vorfeld, sondern es gibt einen ordentlichen Knall und dann ist der Vogel da und auch schon wieder weg. Die Frisur könnte leiden und ein paar Kratzer auf dem Kopf sind auch nicht ausgeschlossen.

Es ist noch kein Fall bekannt, bei dem ein Jogger die Beute eines Bussards geworden wäre. Selbst die durchtrainiertesten Jogger bringen dafür einfach noch viel zu viel Masse mit. Ein Bussard wiegt zwischen 700 Gramm und einem Kilogramm und seine Beutetiere sind in der Regel so groß wie eine Maus.

Es ist nicht so, dass der Mensch schlimm verletzt wird. Einfach ein Basecap aufsetzen, da passiert gar nichts.

Herbert Schütz, Adler- und Falkenhof Schütz in Kranichfeld

Überängstliche könnten einen Fahrradhelm tragen und eine Schutzbrille - für alle Fälle - aber das ist wirklich schon zu viel des Guten. Das Schlimmste ist der Schreck. Mit Vorsicht zu genießen sind allerdings auch die Tiere in der Falknerei, wenn sie brüten. Obwohl oder weil sie den Menschen als Teil der Sippe anerkennen und ihre Pfleger auch erkennen.

Wenn wir in die Volieren gehen während der Brutzeit, werden auch unsere Zuchtpaare ausgesprochen unfreundlich.

Benedikt Nyssen, Falknerei Burg Greifenstein

Dem Mäusebussard spricht Benedikt Nyssen auch ein etwas übersteigertes Selbstbewusstsein zu: "Die denken manchmal, sie sind ein Adler." Sind sie aber nicht, die wenigen Steinadler in den Alpen beispielsweise sind eher durch Menschen bedroht als umgekehrt.

Überhaupt könnte auch der Mensch schuld daran sein, dass der Mäusebussard mal einen Jogger erschreckt. Herbert Schütz vermutet, dass das ausgewilderte Bussarde sind, die vielleicht in einer Auffangstation aufgepäppelt wurden und so ein wenig die Scheu vorm Menschen verloren haben, zu dicht an Siedlungen brüten und somit auch öfter ihre vermeintlichen Artgenossen vertreiben müssen.

Von oben droht also keine Gefahr?

Droht von oben also keine Gefahr? Zumindest nicht uns Menschen, so lange wir uns aus dem Weg gehen - der Greifvogel und wir. Bei einer Flugshow ist es natürlich klar, dass es zu einer Annäherung kommt. Und es ist schon ein faszinierendes Schauspiel, die Jäger der Lüfte aus der Nähe zu beobachten. Die Tiere sind zwar an den Umgang mit Menschen gewöhnt, trotzdem gibt es Grenzen.

Sie bleiben Raubtiere und haben einen Jagdinstinkt. Ein kleines süßes Kuscheltier könnte diesen wecken und wenn sie ihren Irrtum bemerken, dann ist es vielleicht schon zu spät. Deshalb: Kuscheltierverbot. Und dass Hunde in den meisten Shows dieser Art nicht erwünscht sind, hat eher den Grund, dass sie die Vögel stören, wobei so ein niedliches kleines Schoßhündchen auch lecker aussehen könnte.

Ein Steinadler von vier bis fünf Kilogramm, der in der Natur auch mal einen Fuchs jagen würde, den interessiert es nicht, wenn der Jagdtrieb ausgelöst wird, ob da eine Leine dran ist oder nicht.

Benedikt Nyssen, Falknerei Burg Greifenstein

Aber das ist wirklich eher eine sehr theoretische Gefahr. Anders sieht es mit der Wacholderdrossel aus. Das Tierchen ist etwas kleiner als eine Amsel und rötlich braun gefärbt. Sie fliegt keine Scheinangriffe. Wer dem Nest zu nahe kommt, dem geht's dann ziemlich beschissen.

Der Vogel greift nämlich an wie ein Kampfflugzeug und kotet, wie der Experte sagt. Netzräuber können hier genauso zum Opfer werden wie neugierige Menschen. Aber hierfür müsste der Jogger schon ins Geäst klettern.

Der Kot ist flüssig und klebrig wie Leim und der Greifvogel, der das Nest ausräumen wollte, kann wegen des verklebten Gefieders nicht mehr fliegen.

Herbert Schütz, Adler- und Falkenhof Schütz in Kranichfeld

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MDR (sar)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Ramm am Nachmittag | 20. Juni 2022 | 16:40 Uhr

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