Schulverwaltung Immer mehr Schulen ohne Direktoren

09. Juli 2022, 18:06 Uhr

In den rund 800 Schulen in Thüringen sind laut Bildungsministerium aktuell 51 Schulleiterposten unbesetzt. Nach Einschätzung der Lehrergewerkschaft GEW könnte die Dunkelziffer der unbesetzten Stellen indes noch größer sein.

An den Grund-, Förder- und Regelschulen in Thüringen wird es immer schwieriger, freie Direktorenstellen zu besetzen. "Durch den derzeit stattfindenden Generationenwechsel ist die Tendenz bei freien Schulleiterstellen derzeit ansteigend", fasst ein Sprecher des Thüringer Kultusministeriums die Lage zusammen.

Insgesamt seien in den rund 800 Thüringer Schulen aktuell 51 Schulleiterposten unbesetzt. Am stärksten seien Grundschulen betroffen: Dort seien fast zehn Prozent der rund 400 Stellen vakant. An Gymnasien und Berufsschule sei die Lage hingegen vergleichsweise stabil.

Auch Kommunen in der Pflicht

Viele Rektoren gingen in den Ruhestand, trotz einer Absenkung der Anforderungen gebe es immer wieder ergebnislos ausgeschriebene Stellen, so Knothe. An den Grundschulen schrecke vor allem die zusätzliche Arbeit viele Bewerber ab. Besonders in Einrichtungen, an denen ohnehin schon Lehrermangel herrsche, sei die Arbeitsbelastung oft hoch und könne auch durch finanzielle Anreize nicht immer ausgeglichen werden.

In den vergangenen Jahren seien zwar verstärkt neue Lehrer eingestellt worden, besonders auf dem Land sei es aber teils schwierig, genug Interessenten zu finden. Daher sieht das Ministerium auch die Gemeinden in der Pflicht: Ähnlich wie bei Allgemeinärzten seien auch kommunale Programme zur Lehrergewinnung nötig. Denkbar seien etwa günstige Baugrundstücke oder günstiger Wohnraum für Lehrer. Generell müsse es eine stärkere "Willkommenskultur für Lehrkräfte" in ländlichen Kommunen geben.

Dunkelziffer laut GEW noch höher

Nach Einschätzung der Lehrergewerkschaft GEW könnte die Dunkelziffer der unbesetzten Stellen indes noch größer sein, als durch die Statistiken ersichtlich ist. So komme es immer wieder vor, dass kommissarische Schulleiter den zentralen Posten über Jahre hinweg übernähmen oder eine Schulleitung zwei Schulen führe. "Schulleitungen werden nicht nur an ihre Grenzen belastet, sondern darüber hinaus", fasst GEW-Sprecher Michael Kummer zusammen.

Die Zahl der Bewerber müsse deutlich erhöht werden, damit eine tatsächliche Auswahl der für die Stelle am besten geeigneten Person stattfinden könne, die auch die entsprechenden Führungsqualitäten mitbringe. Zwar habe das Land Thüringen einiges versucht, die Neubesetzung von Schulleiterstellen zu fördern. Das sei aber nicht ausreichend.

Geld als Anreiz ist nicht genug

Der Thüringer Lehrerverband (tlv) sieht den Direktorenmangel als einen Teil des generellen Personalmangels. Hinzu kämen aber Faktoren wie die sogenannten Konkurrentenklagen, bei denen ein Mitbewerber für die Schulleiterstelle Klage einreicht, weil eine andere Person die ausgeschriebene Stelle erhalten habe, erklärt die Sprecherin des tlv, Juliane Moghimi.

Das verzögere die Neubesetzung und schrecke manche Bewerber ab. Gerade für jüngere Lehrer sei eine angemessene Work-Life-Balance zunehmend wichtiger als die finanziellen Vorteile, die mit der Stelle verbunden seien, erklärt Moghimi. Bewerber wüssten, dass Schulen mit den vielen Probleme alleine gelassen würden. "Geld alleine reicht nicht aus - dafür lohnt es sich nicht", sagt Moghimi.

Schulleitung als Teamaufgabe

Nötig sei es daher, die Direktoren aktiv zu entlasten. Im pädagogischen Bereich durch multiprofessionelle Teams aus Schulsozialarbeitern, Schulpsychologen und durch Helfer im Verwaltungsbereich.

Die GEW sieht die Problemlage ähnlich und fordert die Schaffung von Stellen für Verwaltungsassistenzen als Hilfe für Schulleiter. Diesen müsse wieder ausreichend Zeit für Führungsaufgaben und die Schulentwicklung gegeben werden.

Zudem müssten Weiterbildungsangebote seitens des Landes ausgebaut und Coaching- oder Mentorenangebote gerade für neue Schulleiter geschaffen werden.

MDR/dpa (gh)

1 Kommentar

Freies Moria am 11.07.2022

Die Ausreden sind so altbekannt wie die tatsächliche Situation - alle demokratischen Parteien haben sich bisher tapfer einer Lösung in den Weg gestellt und aktiv weggeguckt, anders kann man es nicht mehr beschreiben nach 20+ Jahren...
Wenig Erwähnung finden stets die Schulämter - vielleicht hilft es ja, einmal die Notlage nach Schulämtern aufzuschlüsseln. Ich vermute, ohne es nachgesehen zu haben, daß es bei der Besetzungsquote sehr unterschiedliche Situationen gibt, und das dies ganz bestimmt nicht nur mit einem Stadt/Land Gefälle zu tun hat...

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