Beschäftigte des Helios-Klinikums Erfurt streiken mit Transparenten, Verdi-Fahnen und Warnwesten
Beschäftigte des Helios-Klinikums Erfurt streiken vor dem Krankenhaus mit Transparenten, Verdi-Fahnen und Warnwesten. Bildrechte: MDR/Andreas Kehrer

Höhere Löhne gefordert Streik am Helios-Klinikum Erfurt - Operationen verschoben

08. März 2023, 10:58 Uhr

Am Helios-Klinikum in Erfurt hat am Morgen ein Streik begonnen: Den ganzen Mittwoch lang legen Beschäftigte die Arbeit nieder. Mehr als 150 Angestellte beteiligen sich bereits. Sie fordern unter anderem höhere Löhne. Operationen in dem Krankenhaus sollen verschoben werden. Die Betreuung von Notfällen ist abgesichert. Auch in Jena gibt es am Mittwoch Streiks.

Am Mittwochmorgen haben Beschäftigte des Helios-Klinikums in Erfurt die Arbeit niedergelegt. An dem Streik beteiligten sich bis zum Vormittag mehr als 150 Beschäftigte. Die Gewerkschaft Verdi erwartet, dass sich im Verlauf des Tages noch mehr Menschen dem ersten größeren Streik an dem Krankenhaus seit 1993 anschließen werden.

Wie Verdi-Gewerkschaftssekretär Hannes Gottschalk erklärte, will die Belegschaft klar machen, dass gute medizinische Versorgung nicht für wenig Geld zu haben ist.

Beschäftigte des Helios-Klinikums Erfurt streiken in Warnwesten
Im Streik: Verdi-Gewerkschaftssekretär Hannes Gottschalk unterstützt die Helios-Beschäftigten bei ihrer Forderung nach höheren Löhnen. Bildrechte: MDR/Andreas Kehrer

Streik am Helios-Klinikum von 6 bis 22 Uhr

Der Streik ist von 6 bis 22 Uhr geplant. Durch eine Notdienst-Vereinbarung soll eine lebensnotwendige medizinische Versorgung dennoch gewährleistet bleiben. Wie das Klinikum auf Anfrage von MDR THÜRINGEN mitteilte, sollen ausgewählte Operationen nach Möglichkeit verschoben werden.

Notdienst-Vereinbarung während des Streiks

Die Gewerkschaft Verdi und der Helios-Konzern haben eine Notdienst-Vereinbarung für die Zeit des Streiks getroffen. Diese regelt, dass Streikende in dringenden Fällen zur Arbeit gerufen werden können, um Patientinnen und Patienten zu versorgen.

Neben der Kundgebung vor dem Klinikeingang ist eine Demonstration am Nachmittag geplant. Dabei planen die Angestellten, vom Streiklokal in der Nordhäuser Straße zum Fischmarkt zu ziehen und sich dort mit der Demonstration zum Frauentag zusammenzuschließen. "Pflege ist Care-Arbeit und deshalb sind es besonders viele Frauen, die den Krankenhausalltag bewältigen und dafür eine gerechte Entlohnung fordern", sagte Gottschalk.

Das fordert Verdi und das bietet Helios bisher an

Verdi fordert aufgrund der hohen Inflation 10,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 500 Euro pro Monat, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Das Gehalt der Auszubildenden soll um 200 Euro steigen. Die Helios-Unternehmensgruppe bietet hingegen einen Tarifvertrag über 24 Monate an, der mit zwei Lohnsteigerungen um jeweils zwei Prozent einhergeht. Außerdem soll den Beschäftigten eine Inflations-Ausgleichsprämie in Höhe von 2.000 Euro in zwei Raten gezahlt werden. Auszubildende würden demnach die halbe Prämie erhalten.

Bundesweit erster Klinik-Streik in aktuellem Tarifstreit

Das Helios-Klinikum Erfurt ist bundesweit das erste Krankenhaus, das in diesem Tarifstreit die Arbeit niederlegt. Im vergangenen Jahr sind am Erfurter Klinikum eine Reihe von Missständen öffentlich geworden. Dabei geht es unter anderem um altersdiskriminierende Bezahlung, eine unrechtmäßig reduzierte Weihnachtszulage und eine ungerechte Auszahlung der Corona-Prämie. Außerdem wandten sich Pflegekräfte schon im Februar 2022 in einem offenen Brief an die Geschäftsführung und forderten eine spürbare Entlastung - geschehen ist bisher aber nichts.

Der neue Tarifvertrag wird für 35 Helios-Kliniken in Deutschland verhandelt und betrifft rund 21.000 Beschäftigte. Weitere Arbeitskampfmaßnahmen auch an anderen Helios-Kliniken werden von Verdi derzeit vorbereitet.

Beschäftigte des Helios-Klinikums Erfurt streiken mit Transparenten und Warnwesten
Der neue Tarifvertrag wird für 35 Helios-Kliniken in Deutschland verhandelt und betrifft rund 21.000 Beschäftigte. Bildrechte: MDR/Andreas Kehrer

Warnstreiks auch in Kindergärten in Jena

In Jena werden seit Mittwochmorgen zudem mehrere Bereiche der Stadtverwaltung bestreikt - vor allem die Kindertagesstätten. Sechs der insgesamt elf kommunalen Kindergärten bleiben geschlossen. In den übrigen gibt es eine Notbetreuung. Ganztägig geschlossen ist auch der Bürgerservice der Stadt. Mehr als 150 Termine wurden abgesagt.

Verdi will mit dem Warnstreik erreichen, dass die Arbeitgeberseite ein neues Angebot vorlegt. Verdi fordert für die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat.

MDR (ask, uka)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 08. März 2023 | 07:00 Uhr

23 Kommentare

Fakt am 08.03.2023

@Männlein von...:

Ein städtischer Kulturbetrieb, ergo auch ein Stadttheater, ist öffentlicher Dienst.
Und wenn es nicht so wäre: ver.di umfasst fünf Fachbereiche. Darunter auch einer, der neben Verlagen, Druck- und Papierindustrie, Medien und Journalisten auch unter dem Oberbegriff Kultur Künstler und Kulturschaffende vertritt.

Lobedaer am 08.03.2023

Im internationalen Vergleich sind die Löhne so im mittleren Bereich. Aber wir haben einen gierigen Staat, der in vielen Fällen über 50 % Steuern und Sozialabgaben erhebt, sodass netto wenig übrig bleibt. Unglaubwürdig? Einfach mal überschlagen: Bei 3.000 € brutto werden etwa 20 % Sozialabgaben fällig, also 600 €. Der Arbeitgeber muss ebenfalls 600 € berappen, sodass die Kosten auf 3.600 € steigen. Diese 3.600 € müssen Sie(!) verdienen. Ansonsten ist Ihr Arbeitsplatz unwirtschaftlich. Entweder kündigt der Arbeitgeber Ihnen, oder er geht selbst recht rasch in die Insolvenz. 1200 € Sozialabgaben von 3.600 € sind 1/3 oder 33,3 %. Dann müssen da gerade noch 17 % Lohnsteuer dazukommen, dann ist die Hälfte des von Ihnen Erwirtschafteten weg. Das ist nicht die Schuld des Arbeitgebers.

Dass die GKV ein Fass ohne Boden ist, sollte eigentlich bekannt sein. Die Gelder dort sind nie gut investiert.

Lobedaer am 08.03.2023

Da machen Sie sich etwas vor, Schwester65! Sie kämpfen nicht für die Patienten. Sie kämpfen nur für sich und Ihren Geldbeutel, was vollkommen legitim ist. Das ist auch die einzige Rechtfertigung für Arbeitskämpfe. Der Arbeitgeber ist jedoch der falsche Ansprechpartner, wenn immer mehr Leute den Beruf verlassen. Viele politische Weichenstellungen der Vergangenheit rächen sich nun. Unter Seehofer wie unter Renate Schmidt ging es nur um Kostendämpfung. Größter Nachteil ist jedoch die GKV, die jedem vorgaukelt, alles "kostenlos" bekommen zu können. Kostenbewusstsein haben die wenigsten. Die Arztkontakte in Deutschland betragen ein Vielfaches als z.B. in Schweden. Daher wäre ein erster Schritt, die GKV abzuschaffen. Entweder überführt man die in private Versicherungen, und der Patient muss die Kosten vorfinanzieren. Oder man macht wie in Schweden ein rein staatliches System, wo um 16 Uhr Schluss ist. Wer um 15.30 Uhr drei vor ihm wartende Patienten sieht, geht, da er nicht mehr dran kommt.

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