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Drohendes DefizitKritik am Theater Erfurt wächstvon Blanka Weber, MDR KULTUR

24. November 2023, 18:05 Uhr

Nachdem bekannt wurde, dass das Theater Erfurt in finanziellen Schwierigkeiten steckt, gibt es nun verstärkt Kritik. Stadträte bemängeln, das Theater habe Quartalsberichte nicht rechtzeitig vorgelegt. Auch die Jahresrechnung 2022 stehe noch aus, bestätigte Erfurts Kulturbeigeordneter MDR KULTUR. Kritik gibt es auch am Führungsstil von Intendant Guy Montavon.

von MDR

Dass die Domstufenfestspiele des Theaters in der Thüringer Landeshauptstadt – zumindest beim Verkauf der Tickets – kein großer Erfolg waren, wird erst jetzt deutlich. Knapp eine Million Euro habe man weniger eingenommen als erwartet, heißt es. Die Stadt hat nun eine Ausgabensperre verhängt. Denn bis Jahresende könnte das Defizit des Theaters drei Millionen Euro betragen. Man wolle alles tun und sei mit Nachdruck daran interessiert, dieses Defizit bis Jahresende zu minimieren, heißt es von der Theaterleitung.

Auch Intendant Guy Montavon steht in der Kritik

Für den Intendanten Guy Montavon ist es nicht das einzige Problem. Seit Wochen steht er in der Kritik. Eher verdeckt melden sich Beschäftige und ehemalige Beschäftige, die ihren Unmut über den Umgang des Intendanten mit seinem Personal äußern. Die Vorwürfe reichen von Mobbing über diskriminierende Umgangsformen und einem wenig zeitgemäßen Ton in manchen Proben bis hin zu sexualisierter Diskriminierung.

Nun kommen die finanziellen Schwierigkeiten hinzu. Als Gründe dafür sieht Tobias Knoblich, der Kulturbeigeordnete der Stadt Erfurt, auch die jetzigen Tarifsteigerungen und die allgemeine Teuerungsrate. Knoblich sagte MDR KULTUR, er habe nun eine Ausgabensperre verhängt. Von Insolvenz könne man nicht sprechen. Dies sei bei einem Eigenbetrieb der Stadt auch nicht möglich, so Knoblich. Aber es sei "ein Alarmzeichen“.

Kritik vom Stadtrat: Quartalsberichte nicht rechtzeitig vorgelegt

Problematisch ist aus Sicht der Stadträte, dass das Theater seine Quartalsberichte nicht rechtzeitig vorgelegt hat. Auch die Jahresrechnung 2022 stünde noch aus, bestätigt der Kulturbeigeordnete. Der Stadtrat hat zunächst beschlossen, unkompliziert 770.000 Euro zu bewilligen. Ab 2025 könnte die Situation besser werden. Dann greifen neue Finanzierungsvereinbarungen mit dem Land. 

Stadtrat Niklas Waßmann von der CDU sieht das kritisch und bemängelt, die Stadt habe mit dem Land schlecht verhandelt. Man werde viele Ideen nicht umsetzen können, die man mit einem Transformationsprozess des Theaters erreichen wollte. Bis 2027 ist Guy Montavon Intendant des Hauses, dann sollen andere Strukturen greifen. Die Ausgestaltung seines Vertrags wird stadtintern mittlerweile als "vielleicht ein bisschen überbordend" bezeichnet.

Vermutlich werde jetzt beim Personal des Theaters gespart werden müssen, vielleicht auch bei der Ausstattung, fasst Tobias Knoblich die notwendigen Maßnahmen zusammen. "Es kann auch bedeuten, dass man in den Spielplan eingreifen muss", so der Kulturbeigeordnete.

Kulturbeigeordneter sieht keine Anhaltspunkte für Veruntreuung

In den vergangenen Wochen ist nicht nur Kritik am persönlichen Stil des Intendanten laut geworden, auch der Vorwurf, dass Mittel und Ressourcen nicht korrekt verwendet wurden, steht – hinter vorgehaltener Hand – im Raum. Tobias Knoblich weist das zurück und sagt, es gehe nicht um Veruntreuung: "Wir hatten erst das Rechnungsprüfungsamt im Theater. Wir haben keine Anhaltspunkte, dass nicht zweckgerechte Ausgaben getätigt wurden." Dennoch mahnt auch er zur Sparsamkeit. "In Anbetracht der finanziellen Not werden wir uns intensiv mit dem Haushalt auseinandersetzen", sagt Knoblich.

Dass vor allem der Intendant des Theaters, Guy Montavon, derzeit in der Kritik steht, nehmen die Stadträte unterschiedlich zur Kenntnis. Laura Wahl von den Bündnisgrünen sieht durchaus Handlungsbedarf und sagt, sie verstehe, dass es jetzt auch gerichtliche Auseinandersetzungen gebe, "trotzdem habe ich die Erwartung, dass man nach den Erfahrungen mit MeToo sensibel mit solchen Vorwürfen umgeht.“

MDR (Blanka Weber)
Redaktionelle Bearbeitung: td

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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 24. November 2023 | 13:10 Uhr