Steigende Nebenkosten Kündigungen von Wohnungen in Erfurt nur Momentaufnahme

10. Oktober 2022, 11:45 Uhr

Im September teilte die Kommunale Wohnungsgenossenschaft Kowo in Erfurt mit, dass immer mehr Mieter wegen der gestiegenen Nebenkosten ihre Wohnungen kündigen. Ist es dabei geblieben? MDR THÜRINGEN hat nachgefragt.

Dass immer mehr Mieter ihre Wohnungen aufgrund der stark gestiegenen Nebenkosten kündigen, wie die Kommunale Wohnungsgesellschaft Kowo in Erfurt im September meldete, ist offenbar eine Momentaufnahme gewesen. Kowo-Geschäftsführer Alexander Hilge sagte MDR THÜRINGEN damals, die Kündigungen hätten eine Dimension, die Anlass zur Sorge bereite.

Es ist Gottseidank so, dass der Trend sich nicht fortsetzt.

Cornelia Schönherr Kowo-Sprecherin

Kowo-Sprecherin Cornelia Schönherr bestätigt Hilges Aussagen für diesen begrenzten Zeitraum: "Im August hatten wir tatsächlich 15 Prozent mehr Kündigungen als im Juli." Doch das sei jetzt nicht mehr so. "Wir haben uns die aktuellen Zahlen ganz genau angeschaut und es ist Gottseidank so, dass der Trend sich nicht fortsetzt."

Um 80 Prozent gestiegene Nebenkosten

Im Zuge der Energiekrise war die Vorauszahlung der Nebenkosten bei der Kowo um 80 Prozent gegenüber 2021 gestiegen. Das bedeute bei einer Wohnung für zwei Personen auf 53 Quadratmetern eine durchschnittliche Erhöhung von 68 auf 122 Euro, erklärt die Kowo-Sprecherin. "Natürlich ist das ganz unterschiedlich bei den Mietern. Manche bekommen etwas von der Vorauszahlung zurückgezahlt, manche müssen nachzahlen."

Die Mieter sehen ja auch den Wohnungsmarkt.

Cornelia Schönherr Kowo-Sprecherin

Die Kowo gehört zu den Wohnungsunternehmen, die auch Sozialwohnungen anbieten. Die Mieten seien dementsprechend vergleichsmäßig günstig. Zwar hätten einige Mieter angekündigt, ihre Wohnung zu kündigen - "da kamen wirklich solche Aussagen von den Mietern". Doch, so Cornelia Schönherr, "die Mieter sehen ja auch den Wohnungsmarkt."

Wohngebiet Jena-Lobeda , Plattenbauten reihen sich aneinander
Jenawohnen vermietet unter anderem Wohnungen in Jena-Lobeda. (Archivbild) Bildrechte: IMAGO / Bild13

Ähnlich sieht es in Jena bei der Wohnungsgesellschaft Jenawohnen aus. So sagt Pressesprecher Gunnar Poschmann: "Wenn man umzieht, wird es nicht automatisch günstiger." Vermehrte Wohnungskündigungen gebe es bei Jenawohnen nicht. "Bei uns ist genau das Gegenteil der Fall, die Leute ziehen weniger weg." Bestandsmieten seien in der Regel preiswerter als Neumieten. Hinzu komme: "Wir sind anders in der sozialen Verantwortung als private Vermieter."

Keine vermehrten Abmeldungen aus Erfurt

Dass es in Erfurt keinen Trend zum Wegzug aus der Stadt gibt, bestätigt auch die Verwaltung. "In Erfurt kann nicht beobachtet werden, dass es eine erhöhte Anzahl an Abmeldung von Nebenwohnsitzen oder Um- und Wegzügen gibt", sagte ein Sprecher MDR THÜRINGEN auf Nachfrage.

Auch die Vermutung, dass die Menschen in Orte ziehen, die günstigere Mieten bieten, kann so nicht bestätigt werden. So antworteten die Stadt Sömmerda, die Gemeinde am Ettersberg und die Stadt Blankenhain, dass sie keine vermehrten Zuzüge registrierten.

Wir haben ununterbrochen Nachfragen nach Wohnungen.

Gunnar Poschmann Sprecher Jenawohnen

Zudem ist bei beiden großen Wohnungsgesellschaften in Erfurt und Jena den Sprechern zufolge die Nachfrage größer als das Angebot. Das sei nicht außergewöhnlich, vielmehr sei das "immer so", sagt die Kowo-Sprecherin. Gunnar Poschmann ergänzt für Jena: "Wir haben ununterbrochen Nachfragen nach Wohnungen."

Im Zuge der derzeitigen Energiekrise sei es wichtig, "alles zu tun, damit unsere Mieter in unseren Wohnungen bleiben. Da beraten wir viel", sagt Cornelia Schönherr. "Jetzt haben wir eine ganz besondere Situation und da schauen wir noch mehr als sonst, wie wir Mietern helfen und sie unterstützen können. Das individuelle Gespräch ist wichtiger denn je."

Es wird keiner wegen der aktuell gestiegenen Nebenkosten bei uns seine Wohnung verlieren.

Gunnar Poschmann Sprecher Jenawohnen

Gunnar Poschmann fügt hinzu: "Menschen, die unverschuldet in Not geraten, sollen sich unbedingt bei ihrem Vermieter melden. Es wird keiner wegen der aktuell gestiegenen Nebenkosten bei uns seine Wohnung verlieren. Man muss nur rechtzeitig Bescheid sagen, wir finden eine Lösung."

Die Kowo hat rund 12.300 Wohnungen in Erfurt, Jenawohnen, nach eigenen Angaben größter Vermieter Thüringens, hat 14.500 Wohnungen.

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 24. September 2022 | 08:00 Uhr

5 Kommentare

AlexLeipzig am 08.10.2022

Peter Pan, ich glaube auch, daß insgesamt zuviel Panik gemacht wird, von manchen unbewusst (Warnungen oder mögliche Probleme werden als "Weltuntergang" interpretiert, obwohl das gar nicht gemeint war). Von manchen auch ganz bewusst lanciert und forciert (wir wissen, wer gemeint ist). Mehr Sachlichkeit und "ruhig Blut" lässt so manches Problem auf ein realistisches Maß schrumpfen, damit lässt es sich schlussendlich auch besser lösen.

Peter Pan am 08.10.2022

Ist das jetzt die neue Strategie in Mitteldeutschland? Erstmal richtig Panik machen um dann wieder leise zurückzurudern, also war meine frage vor einigen Wochen doch berechtigt, wo es dann diese billigeren Wohnungen geben sollte und jetzt erfahren wir auch, das die Nachfrage nach neuen Wohnungen viel höher ist als das Angebot, warum dann erst die Menschen verrückt machen?

Saphira am 08.10.2022

Bezeichnend ist, dass jetzt seine Mitarbeiter das wieder glatt ziehen müssen.

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