Jahrestag Kriegsende Mehr als 1.500 Menschen bei Demonstrationen in Weimar

09. Mai 2023, 10:22 Uhr

An mehreren Demonstrationen in Weimar haben sich laut Polizei mehr als 1.500 Menschen beteiligt. Dabei waren bei den Protestaktionen doppelt so viele Menschen beteiligt wie an der Demonstration der "Montagsspaziergänger".

Am Montagabend hat es mehrere Demonstrationen in Weimar gegeben. Wie ein Sprecher der Landespolizei sagte, verfolgten etwa 500 Menschen eine Rede des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke auf dem Theaterplatz. Die Veranstaltung am Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkrieges hatten die sogenannten Montagsspaziergänger organisiert. Die Zahl der Gegendemonstranten gab die Polizei am Dienstagmorgen mit 1.000 an. Sie korrigierte damit ihre eigenen Angaben vom Montagabend, als die Beamten noch von 500 Gegendemonstranten gesprochen hatten.

Mehrere hundert Menschen kamen zu einer Demonstration, auf der auch der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke gesprochen hat.
Mehrere Hundert Menschen kamen zu einer Demonstration, auf der auch der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke sprach. Bildrechte: MDR/Uli Sondermann-Becker

Gedenkstätten-Leiter: "Höcke ist Antisemit und Rassist"

Der Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, Jens-Christian Wagner, bekräftigte bei seiner Rede vor Gegendemonstranten seine Kritik an dem Auftritt Höckes "ausgerechnet am Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus". Er bezeichnete Höcke als "notorischen Antisemiten, Rassisten und Geschichtsrevisionisten". Es sei eine Schande, dass Höcke an diesem Tag vor dem Deutschen Nationaltheater spreche, in dem 1919 "die von den Nazis verhasste demokratische Weimarer Verfassung verabschiedet wurde".

Wagner bezeichnete den Geschichtsrevisionismus als Bindeglied der neuen und der alten Rechten. Dieser helfe, "dass die Lehren aus der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen überwunden werden, also die Achtung von Menschenrechten, Demokratie, Frieden und Humanität". Das Kleinreden, Relativeren und Leugnen der NS-Verbrechen bezeichnete er als ein Grundmerkmal der AfD-Geschichtspolitik.

An den "Montagsspaziergängern" kritisierte der Gedenkstätten-Leiter schließlich die Neigung, sich "angesichts komplizierter und bedrohlicher Lagen in simple Verschwörungslegenden zu flüchten, so abstrus und widersprüchlich diese auch sein mögen".

AfD-Chef Höcke: "Sowas wie Parlamente wird es auch in Zukunft geben"

Der Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke hingegen befürchtete in seiner Rede vor den Weimarer "Montagsspaziergängern" eine "Digital-Diktatur" und behauptete, ein neuer Faschismus werde kommen. Höcke forderte zudem die Macht der Parteien massiv zurückzudrängen. Dazu erklärte er: Aber es sei gut, dass es Versammlungen gebe. Sowie: "Und sowas wie Parlamente wird es auch in Zukunft geben". Für Höcke stellt der 8. Mai 1945 lediglich das Ende des "Hitlerismus" dar. Er rief von einem Pickup vor einem Döner-Imbiss neben dem Theater: "Nie wieder Faschismus, nie wieder Diktatur."

Gegen Höcke ermittelt aktuell die Staatsanwaltschaft Halle wegen einer Wahlkampfrede. Der Thüringer Justizausschuss hatte dessen Immunität aufgehoben, womit eine Anklage möglich ist. Die Thüringer AfD wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung geführt und beobachtet. Mit lautem Trommeln, Musik und Pfiffen übertönten die Gegendemonstranten weitgehend die Rede von Höcke.

Demonstranten protestieren in Weimar gegen eine Kundgebung, auf der auch der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke spricht.
In Weimar protestierten Menschen gegen eine Kundgebung mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke als Redner. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

"Initative "Gold statt Braun" hat zuvor zum Verhüllen aufgerufen

Die Initiative "Gold statt Braun" hatte im Vorfeld der Demonstrationen auch in Weimar dazu aufgerufen, Fenster und Fassaden golden zu verkleiden. Unter anderem war das Denkmal von Goethe und Schiller auf dem Theaterplatz verhüllt worden.

Im Konzentrationslager Buchenwald nahe der Stadt Weimar seinen Außenlagern wurden von den Nazis rund 56.000 Menschen ermordet oder starben durch Krankheit, Hunger, Zwangsarbeit und medizinische Experimente. Mehr als 8.000 sowjetische Kriegsgefangene wurden erschossen.

MDR (dki/cfr/dst)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 08. Mai 2023 | 19:34 Uhr

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