Das Team des Samocca Cafes in Weimar um Leiter Kevin Köhler
Das Team setzt sich jeweils zur Hälfte aus Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Anna-Amalia-Bibliothek Inklusives Café "Samocca" nun auch in Weimar

18. Mai 2023, 08:48 Uhr

So bunt wie auf den Tellern geht es auch hinter den Kulissen zu: Im Café "Samocca" in Weimar arbeiten ganz unterschiedliche Menschen zusammen - mit und ohne Behinderung. Auch optisch kommt "Samocca" besonders daher. Die Einrichtung stammt zu großen Teilen aus Behinderten-Werkstätten der Diakonie.

Autorenbild Conny (Cornelia) Mauroner
Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Die Stadt Weimar hat nun auch ein inklusives Café - das "Samocca" mitten in der Innenstadt. Das Konzept des Cafés ist kein Neues. 2003 wurde es entwickelt. Inzwischen gibt es 17 solcher Cafés in ganz Deutschland.

Bettina Schmidt – Geschäftsführerin der Diakonie Landgut Holzdorf gGmbH vor dem Büchertausch-Regal
Bettina Schmidt hat die Idee nach Weimar geholt. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Bettina Schmidt, die Geschäftsführerin der Diakonie Landgut Holzdorf gGmbH, war fasziniert davon. Unbedingt wollte sie "Samocca" nach Weimar holen. Es ist nun die erste Filiale des Unternehmens im Freistaat. Hier arbeiten Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. "Die Abläufe sind darauf abgestimmt. Sie sind kleinteilig, nachvollziehbar und an jeder Stelle zu korrigieren", so Schmidt.

Gäste "müssen" mitarbeiten

Die Gäste lassen sich gern darauf ein. In der Karte ist ausführlich beschrieben, worauf es bei "Samocca" ankommt: Mitarbeit. Auf der Tischmitte ist ein Stiftbecher platziert, daneben liegen die Bestellkarten. Die Gäste kreuzen an, was sie haben möchten.

Bleistift, Menü und Bestellzettel zum Ankreuzen
Dass die Gäste ihre Bestellung auf Zetteln ankreuzen, erleichtert dem Team die Arbeit. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Die Auswahl reicht von unterschiedlichen Sorten Kaffee über Bagel, Mittagsgerichten bis hin zu Kuchen. "Vieles davon kommt aus unseren Werkstätten. So werden die Bagel zum Beispiel in Altengesees gebacken", sagt Bettina Schmidt.

Auch die Eier sind garantiert regional. "Die werden von unseren Hühnern im Landgut Holzdorf gelegt", sagt Kevin Köhler, der das Café leitet. Unter seinen Fittichen hat er Mitarbeiter mit kleinen und großen Einschränkungen. Geduld ist wichtig in seinem Job.

Kaffeeauswahl
Angeboten werden auch verschiedene besondere Kaffeesorten. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Mehr als nur ein Café

Vor dem "Samocca" hat Köhler im Landgut selbst gearbeitet. Die inklusive Arbeit ist ihm nicht fremd. Das "Samocca" ist für ihn mehr als nur ein Café. "Hier kommt erst der Mensch, dann kommen Kaffee und Kuchen", sagt Köhler.

Auch optisch kommt "Samocca" besonders daher. Die Einrichtung ist bis ins letzte Detail durchdacht. "Alles hat irgendwie mit Kaffee zu tun. Außerdem nutzen wir unsere Netzwerke", berichtet Bettina Schmidt. "Die Tischler aus unseren Werkstätten haben eine Lümmelbank gebaut. Die Kissen dafür sind aus Kaffeesäcken genäht."

Hier kommt erst der Mensch, dann kommen Kaffee und Kuchen.

Kevin Köhler Café-Chef

Die Bilder an der Wand sind dreidimensionale Installationen aus Kaffeegeschirr aus Weimarer Porzellan. "Die Frühstücke werden bei uns auf Etageren aus Sammeltassen serviert. An den Wänden hängen Porzellan-Gefäße, über deren einstige Verwendung wir nach wie vor rätseln.

Außergewöhnliche Dekoration – wer weiß, wofür die weißen Gefäße einst genutzt worden sind?
Über einen Tipp zum Zweck dieser Gefäße würde die Café-Crew sich freuen. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

"Wer uns da helfen kann, ist herzlich willkommen", so Schmidt. Ein Bücherregal lädt zum Schmökern ein. Während die Gäste auf ihre Mahlzeit warten, können Bücher gelesen, getauscht oder durchgeblättert werden.

Zeit und Gelassenheit vorausgesetzt

Zeit dafür wird den Gästen gelassen. In diesem Café herrscht keine Hektik. Der Besuch hier entschleunigt. Hier darf und sollte sich umgeschaut werden, auch im Regal mit Geschenkprodukten im Eingangsbereich.

In den Regalen werden Produkte aus den Diakonie Werkstätten Thüringens verkauft.
Alles hier stammt aus den Werkstätten der Diakonie und kann gekauft werden. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Präsentiert wird hier alles mögliche: von der Seife, über Kerzen bis hin zu Zigarren und Schokolade. Sämtliche Produkte wurden in den Werkstätten der Diakonie hergestellt. Wer Glück hat, findet auf einer alten Kirchenbank Platz. Ausgemustert und aufgemöbelt ebenfalls in einer der Werkstätten, steht sie im hinteren Teil des "Samocca"-Cafés.

Eine ausgediente Kirchenbank als Sitzmöbel
Eine alte Kirchenbank hat hier ein neues Plätzchen gefunden. Bildrechte: MDR/Conny Mauroner

Einst gehörte sie zur Weimarer Stadtkirche St. Peter und Paul. Doch dort wurde sie nicht mehr gebraucht. Hier hat sie nun ein neues Leben gefunden. Die alte Kirchenbank, auf der sich sehr gut auch frischer Kaffee genießen lässt.

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 12. Mai 2023 | 16:00 Uhr

2 Kommentare

Lyn vor 48 Wochen

Was für eine tolle Idee. Da würde ich bei Gelegenheit gern mal rein gehen.

Die Porzellan Gefäße stammen vielleicht aus einem alten Labor. In einer Apotheke. Ich meine, dass früher darin Substanzen mit einem Stößel verkleinert wurden. Ich bin nicht sicher, aber in einer Apotheke würde ich mal nachfragen.

randdresdner vor 48 Wochen

Prima Sache!!!

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