Keine Versiegelung Weimar verabschiedet sich von Plänen für umstrittenes Gewerbegebiet
Hauptinhalt
14. Oktober 2022, 19:36 Uhr
Bei Gelmeroda wird vorerst kein neues Gewerbegebiet entstehen. Die Stadt Weimar hat ihre Pläne endgültig beerdigt. Diese hatten eine Teilversiegelung der 70 Hektar Ackerfläche vorgesehen. Die CDU kritisiert die Entscheidung, die Grünen applaudieren.
Die Stadt Weimar hat sich von ihren Plänen für ein neues Gewerbegebiet auf einem Acker im Vorort Gelmeroda verabschiedet. Das gab Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos) am Mittwochabend auf einer Einwohnerversammlung in Gelmeroda bekannt.
Ortsteilbürgermeisterin Veronika Majewski sagte MDR THÜRINGEN dazu: "Alle Menschen im Ort sind erleichtert über diese Entscheidung. Wir sind dankbar dafür. Die Landwirtschaft braucht ihre Flächen."
Im Juli war eine Vorlage der Stadtverwaltung für das Gewerbegebiet nach Protesten unter anderem aus dem Ortsteil Gelmeroda im Stadtrat gescheitert. Oberbürgermeister Kleine hatte danach erklärt, er wolle den Plan zunächst nicht weiter verfolgen, weil "mit Teilen dieses Stadtrats" keine sachliche Diskussion zu führen sei. Als generelle Absage wollte Kleine dies aber nicht verstanden wissen.
Stadt wollte Firmen mit Wachstumspotenzial anlocken
Das Gewerbegebiet sollte auf 70 Hektar Fläche entstehen, die heute landwirtschaftlich genutzt werden. 30 Hektar der Fläche sollten dabei insgesamt versiegelt werden - die restlichen 40 Hektar waren unter anderem für ökologische Ausgleichsmaßnahmen reserviert. Mit dem Gewerbegebiet wollte die Stadt laut Kleine Firmen mit Wachstumspotenzial aus der Energie- oder Umwelttechnik mit einem Flächenbedarf von mindestens fünf Hektar anziehen.
In die Kritik geraten war das Vorhaben deshalb, weil sich zum einen die Bürger Gelmerodas nicht in die Pläne miteinbezogen gefühlt hatten. Außerdem, so hatten beispielsweise die Grünen im Weimarer Stadtrat angeführt, wäre das Projekt aus klimapolitischer Sicht aufgrund der Flächenversiegelung nicht zeitgemäß gewesen.
CDU kritisiert Aus für Gewerbegebiet
Die Weimarer CDU kritisierte den Verzicht der Stadtverwaltung auf ein Gewerbegebiet. Die Unternehmervereinigung Mittelstands- und Wirtschaftsunion nannte es am Freitag unverständlich, dass Kleine nach dem Nein des Stadtrats keinen neuen Anlauf wagen wolle. Davon habe er noch gesprochen, nachdem das Projekt im Juli keine Mehrheit gefunden hatte.
Die Unternehmervereinigung betonte, Weimar müsse neue Einnahmequellen erschließen. Gelinge das nicht, würden die freiwilligen Ausgaben für Kinder, Jugend und Kultur gekürzt werden müssen. Zugleich machte die CDU deutlich, dass sie das Projekt auf dem Acker in Gelmeroda nicht aufgeben will.
Dagegen begrüßte die Stadtratsfraktion der Grünen den Verzicht auf das Projekt. Vorsitzender Andreas Leps erklärte, aus Sicht der Grünen hat die Stadt nicht nachweisen können, dass das Gewerbegebiet notwendig ist. Es sei jetzt nötig, sich auf Grundzüge einer künftigen Wirtschaftspolitik für Weimar zu verständigen. Der Oberbürgermeister sollte diese Diskussion moderieren.
MDR (dst)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 13. Oktober 2022 | 16:30 Uhr
hansfriederleistner am 15.10.2022
Überall wird über Wohnungsmangel geklagt. Wenn aber die Baupreise explodieren und jeder Quadratmeter nicht bebaut werden soll, gibt es da keine Besserung. Dazu gehört aber die komplette Infrastruktur. Also zurück in die Wälder und Höhlen.
kleinerfrontkaempfer am 14.10.2022
Zwischen 1990 und 2000 gingen in der EU täglich mindestens 275 ha Boden durch Verbauung verloren, das entspricht 1.000 km2 im Jahr. Die Hälfte davon ist dauerhaft durch undurchlässige Schichten von Gebäuden, Straßen und Parkplätzen versiegelt. Dem Bericht zufolge ist diese Entwicklungstendenz in den letzten Jahren auf 252 ha pro Tag gesunken, aber das Ausmaß des Landverbrauchs ist immer noch besorgniserregend. In den Folgejahren sind die Verhältnisse nicht sehr viel besser geworden.
Gelmeroda ist zwar nur ein kleiner Teil in diesem europäischen Riesengebiet. Mit Blick auf die Klimakrise aber genau so wichtig. Jeder Politiker sollte den Blick über den Tellerrand machen.