Die Sängerin CATT steht auf einer Bühne vor dem Mikrofon und spielt Gitarre 6 min
Die Sängerin Catt geht mit einem gerechteren Ticketsystem auf Tour. Dazu ist sie im Gespräch mit Ellen Schweda. Bildrechte: IMAGO / Peter Schickert
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In der Bewegung der Gemeinwohl-Ökonomie geht es um ein gutes Leben für alle. Im professionellen Konzertbetrieb gab es da bisher keine Konzepte. Doch nun geht die Sängerin Catt mit einem gerechteren Ticketsystem auf Tour.

MDR SPUTNIK Mo 30.12.2024 08:10Uhr 06:29 min

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Konzertpreise Sängerin Catt aus Weimar testet solidarische Ticket-Preise

30. Dezember 2024, 15:09 Uhr

Durch die Inflation sind auch die Preise für Konzert-Tickets rasant gestiegen, große Konzerne beherrschen den Markt. Doch was ist ein für alle verantwortbarer Ticket-Preis, der trotzdem die Kosten einer Konzertveranstaltung deckt – und bei dem auch noch etwas für die Künstlerin abfällt? Die in Weimar lebende Sängerin Catt geht mit einem neuen, gestaffelten Ticketpreis-System auf Tour. Dabei sollen Menschen mit mehr Geld diejenigen unterstützen, die weniger haben. Es ist ein Experiment, angelehnt an die Gemeinwohl-Ökonomie.

  • Die Sängerin Catt will, dass ihre Konzerte möglichst vielen Menschen zugänglich sind.
  • In Zusammenarbeit mit dem Konzertveranstalter "Rausgegangen" entstand deshalb eine Ticketsoftware mit drei Preisklassen.
  • Das neue System ist unabhängig, große Konzerne verdienen nicht mit.

Die Musikerin Catt aus Weimar geht im Frühling 2025 auf Tour. Diesmal gab es im Vorfeld nicht nur die künstlerische Arbeit an dem neuen Album, sondern auch neue Ideen in Sachen Organisation rund um die Tour.

Es begann mit der Frage nach dem Ticketpreis. In Zeiten der Inflation werden die Preise für Konzert-Tickets im Zusammenhang mit steigenden Kosten immer höher. Die Musikerin aber will, dass ihre Konzerte für alle Menschen zugänglich sind. Deshalb wünschte sie sich von ihrem Team verschiedene Ticketpreis-Kategorien. Erst hätten ihr alle einen Vogel gezeigt und gesagt: "Du willst doch auch Geld verdienen", erzählt Catt im Gespräch bei MDR KULTUR. Doch dann habe man sich an die Arbeit gemacht, zusammen mit dem unabhängigen Konzertveranstalter "Rausgegangen".

MDR KULTUR-Studiosession mit Catt

Catt 22 min
Bildrechte: Tran Chau
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Das neue Album von Catt heißt "Why, why", es ist das als schwierig geltende zweite Werk nach dem Debüt. Dass Catt die Herausforderung mit Bravour gemeistert hat, davon können Sie sich in der Studiosession überzeugen.

MDR KULTUR - Das Radio Sa 05.12.2020 16:00Uhr 22:29 min

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Neues Ticketsystem mit drei Preiskategorien

Herausgekommen ist eine Ticketsoftware mit drei verschiedenen Preisklassen. Es gibt ein reguläres Ticket zu einem Normalpreis, das die anfallenden Kosten für die Veranstaltung eines Konzerts weitgehend deckt. Doch Leute, die "gerade ein bisschen mehr übrig hätten", so Catt, könnten ein so genanntes Supporter-Ticket erwerben. Beim Kauf dieser etwas teureren Karten würden dann automatisch "Community-Tickets" frei geschaltet – für Menschen, die gerade nicht so viel Geld hätten. "Das ist ein Experiment", betont die Musikerin. Man müsse sehen, ob sich das ausgleiche. Aber es mache sie gerade glücklich: "Diese Gemeinschaftsarbeit von all den wunderbaren Menschen, die mich umgeben, und die Bock haben, etwas Neues zu erschaffen in einer Welt, in der gerade viele Dinge ein bisschen schwieriger geworden sind."

Das ist ein Experiment.

Catt, Musikerin und Sängerin über ihr neues Ticket-System

Große Konzerne verdienen nicht mit

Große Konzerne erhielten eine immer größere Monopolstellung, führt Catt aus. Sie nennt das Beispiel "Dynamic Pricing", eine Strategie, bei der sich die Preise dem aktuellen Markt und Bedarf anpassen. So passiere es, dass eine Karte für ein Konzert von Adele plötzlich 500 Euro koste. Wo genau das Geld lande, wisse dabei niemand. Mit dem neuen Ticketsystem habe man jetzt "diese recht elegante Lösung" gefunden, um an großen Konzernen "vorbeizuhantieren".

Konzertbranche in der Krise

MDR KULTUR hatte über die Konzertbranche berichtet, die mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2024 zurückblickt. Während Ticket-Preise für große Konzerte mit internationalen Stars ins Unermessliche steigen, kämpfen kleinere Veranstalter ums Überleben. Manche Clubs konnten 2024 nur durch Spendenkampagnen eine Schließung verhindern. Teure Tickets für Stars wie Taylor Swift oder Depeche Mode sind Fans bereit zu zahlen. Doch Newcomer-Konzerte zum Beispiel sind häufig ein Minusgeschäft, erklärte Johannes Everke vom Branchenverband BDKV bei MDR KULTUR. Dabei seien gerade Newcomer-Konzerte wichtig, ansonsten "fehlen in ein paar Jahren die Stars, die ganze Stadien füllen".

Catt (Katharina Schorling), Berliner Musikerin
Bildrechte: Tatjana Glowinski

Über Catt Mit ihrem Debüt "Moon" wurde Catt 2019 als nächste deutsche Pop-Hoffnung gefeiert. Die junge Musikerin ist in einem Drei-Häuser-Dorf in Niedersachsen aufgewachsen und lebt heute in Weimar. Sie spielt mehrere Instrumente, tritt solo sowie mit ihrer Band auf. 2020 veröffentlichte die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin das Album "Why Why" und 2023 ihr drittes Album "Change". 2024 folgte die Single "Nothing Changes". Im Mai 2025 geht Catt auf Tour.

Quelle: Catt im Gespräch mit Ellen Schweda bei MDR KULTUR, Kulturdesk
Redaktionelle Bearbeitung: jb

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 30. Dezember 2024 | 08:10 Uhr

16 Kommentare

tomkey vor 20 Wochen

Es geht nicht um eine Adele oder andere bekannte Mainstream Künstler und Künstlerinnen mit ihren riesigen Locations wie Stadion oder eine große Konzerthalle mit zichtausenden Plätzen. Es geht um Künstlerinnen und Künstler wie die im Artikel vorgestellte Sängerin Catt, die mit kleiner Band, wenig Equipment und Drumherum wie Übernachtung und Verpflegung/ Catering auskommt. Kostet eine Band 500€, dazu Übernachtung organisieren, Essen/Getränke, so ist man als Veranstalter bei 700-800 € dabei. Das Geld sollte durch den Eintritt einnehmen, Ticket also mind 10€. Ob dann die notwendigen 80 Leute kommen steht auf einem anderen Blatt. Clubs haben Glück den Getränkeverkauf selbst unter sich zu haben. Das sichert dann fehlende Einnahmen beim Eintritt ab, sollte aber nicht die Regel sein. Denn Clubs oder eine Location kostet ja auch wie Strom, Betriebs/ Nebenkosten oder Miete/Pacht. Das muss alles erwirtschaftet werden. Verkauf läuft meist über Freiwillige, wir haben dazu einen Verein gegründet.

martin vor 20 Wochen

@camper21: Die sog. VIP-Tickets beinhalten ja auch eine andere 'Leistung' als die normalen. Das ist ja eine andere Art von Staffelung als beim 'CATT-Modell'. Bei der Bahn gibt es ja auch 1. und 2. Klasse.

Dynamische Preise je nach Auslastung gibt es in der Tat in vielen Branchen - aber auch das entspricht m.M.n. nur wenig dem Solidarmodell.

Und ja, die Neoliberalen überlassen ihre Gewinnmaximierung gern 'dem Markt'. Allerdings geht es beim Solidarmodell ja nicht um Gewinnmaximierung.

camper21 vor 20 Wochen

martin, selbst bei Adele gab es gestaffelte Preise, was sehr zum Verdruss der Konzertteilnehmer sorgte. Für die Gutverdiener gab es VIP Tickets für 500 Euro, für Otto Normalverbraucher Tickets für 80 Euro und kurz vor Beginn wurden die restlichen Plätze in allen Kategorien für 35 Euro verkauft. Bei den Kapitalisten regelt es der Markt.

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