Erinnerungskultur Streit um Thälmann-Gedenken in Weimar: Gericht gibt Klägern recht

16. Januar 2023, 19:23 Uhr

2019 wurde der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands ein Thälmann-Gedenken auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald untersagt und ihr stattdessen ein Platz in Weimar zugewiesen. Beides war rechtswidrig.

Kläger aus dem Umfeld der Marxistisch Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) haben im Streit über Gedenkveranstaltungen zum 75. Jahrestag der Ermordung von Ernst Thälmann (1886-1944) recht bekommen.

Auflagen und Verbote der Stadtverwaltung von Weimar sowie der Leitung der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora seien rechtswidrig gewesen, teilte das Verwaltungsgericht Weimar am Montag mit. Die noch nicht rechtskräftigen Urteile über Klagen zu den Veranstaltungen von 2019 ergingen demnach bereits im Dezember.

Weimar Verwaltungsgericht Thüringer Oberverwaltungsgericht Verfassungsgerichtshof
Auflagen und Verbote für die Gedenkveranstaltungen zur Ermordung Ernst Thälmanns waren nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar rechtswidrig. Bildrechte: MDR/Sebastian Großert

Keine nachvollziehbare Begründung

Die Gedenkstätte hätte kostenlose Führungen auf dem Lagergelände im Rahmen des geplanten Gedenkens erlauben müssen, so das Verwaltungsgericht. Die Gedenkstättenleitung habe dies mit der Begründung abgelehnt, dass die von der MLPD propagierten Ziele nicht mit dem Stiftungszweck vereinbar seien, die Gedenkstätten als Orte der Erinnerung an die dort begangenen Verbrechen zu bewahren.

Das Gericht begründete die Entscheidung unter Hinweis auf das Stiftungsgesetz. Demnach sei die Gedenkstätte nicht nur Ort der Trauer und Erinnerung. Sie diene auch dazu, das ehemalige Konzentrationslager zugänglich zu machen. Die Gedenkstättenleitung habe ihre Entscheidung den Klägern gegenüber nicht nachvollziehbar begründet.

Tor der Gedenkstätte Buchenwald
Hätte nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar kostenlose Führungen auf dem Lagergelände im Rahmen des geplanten Gedenkens erlauben müssen: die Leitung der Gendenkstätte Buchenwald. Bildrechte: MDR/Grit Hasselmann

Verlegung an Ernst-Thälmann-Denkmal war unzulässig

Nach dem Urteil hätte die Stadtverwaltung die Gedenkveranstaltung überdies nicht von der Gedenkstätte an das Ernst-Thälmann-Denkmal unweit des Bahnhofs in Weimar verlegen lassen dürfen. Dies stelle einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit darf, der nach Auffassung des Gerichts nur zulässig sei, wenn eine Störung der öffentlichen Ordnung droht.

Ermordung 1944 im KZ Buchenwald

Ernst Thälmann war von 1925 bis 1933 Vorsitzender der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), die er im Reichstag vertrat und für die er bei den Reichspräsidentenwahlen von 1925 bis 1932 kandidierte. Thälmann wurde im Sommer 1944 im KZ Buchenwald ermordet.

MDR (epd/co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 16. Januar 2023 | 18:00 Uhr

50 Kommentare

W.Merseburger am 18.01.2023

Harka2,
Da die Kommentarfunktion noch offen ist, möchte ich zu Ihrem Beitrag sagen, genau so wie sie es beschreiben war es im Wesentlichen. Die bürgerlichen Klitterer haben aber diese Tatsachen so verfälscht, um die NS-Verbrechen in Buchenwald gegen das Internierungslager der Roten Armee "anzurechenen" und so eine Verharmlosung zu erreichen. Obwohl ich geschichtlich interessiert bin, habe auch ich nicht gewusst, das Thälmann in Bautzen eingesperrt war.

emlo am 17.01.2023

@Ilse: Wenn ich Ihre Kommentare so lese, dann wundert mich das überhaupt nicht und ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass das wahrscheinlich mindestens auf Gegenseitigkeit beruhte.

Roter Erfurter am 17.01.2023

Faschismus und Kommunismus sind wie Feuer und Wasser. Das Großkapital förderte die Faschisten, weil sie ihre Gegner, die revolutionäre Arbeiterbewegung mit Gewalt unterdrückte. Der RFB wurde zur Verteidigung und Abwehr gegen rechte Schlägertrupps gebildet

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