Deutsch-deutsche GrenzeVon Grenztouristen und Toten: Neue Dauerausstellung im Grenzmuseum Schifflersgrund
Das Grenzmuseum Schifflersgrund im Eichsfeld öffnete 1991 und war das erste Grenzmuseum im geeinten Deutschland. Eine neue Dauerausstellung bietet nun überraschende Perspektiven – zum Beispiel auf "Grenztouristen", die aus ganz West-Europa an die Grenze zur DDR kamen. Ein besonderer Fokus der Ausstellung liegt auf der Geschichte des Grenztoten Heinz-Josef Große. Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow macht besonders ein Punkt der Ausstellung nachdenklich.
- Das neu eröffnete Grenzmuseum Schifflersgrund in Thüringen zeigt Perspektiven auf die DDR-Grenzgeschichte, die bislang kaum bekannt waren.
- Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow lobt das Museum für die Aufarbeitung, bei der Zeitzeugen aus Ost und West zu Wort kommen.
- Die neue Ausstellung legt den Fokus auf den Fall von Heinz-Josef Große, der beim Versuch, die Grenze zu überqueren, erschossen wurde.
Im Grenzmuseum Schifflersgrund im Eichsfeld gibt es eine neue Dauerausstellung. In eigens dafür errichteten Museumsgebäuden werden die Besucherinnen und Besucher chronologisch durch die deutsch-deutsche Grenzgeschichte geführt. Die Ausstellung trägt den Titel "Der Schifflersgrund und die innerdeutsche Grenze".
Grenzmuseum will junge Generationen erreichen
Der Museumsleiter Christian Stöber sagte MDR KULTUR, die Erinnerungen an diese Zeit seien in der Bevölkerung "immer noch sehr präsent". Man habe in der neuen Ausstellung besonders darauf geachtet, die Grenze als "gemeinsamen Erfahrungsraum" von Ost- und Westdeutschen zu erzählen.
So findet sich im Museum zum Beispiel eine ganze Wand, die sich mit westeuropäischem Grenztourismus beschäftigt. Millionen Menschen aus der BRD und dem restlichen West-Europa seien an die Grenze gekommen, um sich einen Eindruck von den Grenzanlagen und der DDR zu verschaffen.
Man biete Perspektiven, die überraschend und bisher in der Geschichtsschreibung unterrepräsentiert seien, sagte Museumsleiter Stöber bei MDR KULTUR. Das gelte auch für die Musemspädagogik: Mit einem zusätzlichen Podcast, einer interaktiven Grenzwanderung und einer Smartphone-App mit 360-Grad-Blick wolle das Museum besonders die junge Generation ansprechen, so Museumsleiter Stöber.
Ramelow: Grenzmuseum Schifflersgrund als "Mahnmal"
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow lobt das Museum für die verschiedenen Blickwinkel. Im Interview mit MDR KULTUR sagte er, es sei wichtig, dass das Grenzmuseum die Geschichte von Ost- und Westseite "gleichberechtigt" erzähle. Nur so könne die Erinnerung "für beide Seiten sichtbar" werden.
Ramelow sieht das Grenzmuseum Schifflersgrund außerdem als Mahnmal für kommende Generationen: "An dieser Stelle hätte zu jedem Zeitpunkt der nächste große Krieg ausbrechen können.“ Das sei zum Glück nicht passiert und umso mehr müsse man diese Erinnerung "nutzbar machen", sagte der Ministerpräsident MDR KULTUR.
Besonders der Fluchtversuch des damals 34-jährigen DDR-Bürgers Heinz-Josef Große steht bei der neuen Ausstellung im Fokus. Große hatte 1982 einen Radlader an den Grenzzaun gefahren und war dann über den Zaun gesprungen. DDR-Grenzsoldaten eröffneten nach Warnschüssen das Feuer und töteten den Bauarbeiter.
Seltener Grenztod in der DDR mit westdeutschen Zeugen
Es ist laut Museumleiter Stöber einer der wenigen Todesfälle an der Grenze, bei denen es westdeutsche Zeitzeugen gegeben habe. Durch die gute Dokumentation und dadurch, dass der "Tatort fast im Original" erhalten sei, könne man die Geschichte von Große nun sehr detailliert erzählen.
Thüringens Ministerpräsident Ramelow sagte, die Geschichte von Heinz-Josef Große müsse daran erinnern, welches Privileg man heute "mit offenen Grenzen im Schengenraum" habe. Dass wachsender Nationalismus dazu führe, "dass man überall wieder Grenzen bauen will", finde er "beklemmend".
Informationen zur Ausstellung
"Der Schifflersgrund und die innerdeutsche Grenze"
Adresse:
Platz der Wiedervereinigung 1, 37318 Asbach-Sickenberg
Öffnungszeiten:
täglich 10 bis 17 Uhr
Eintritt:
Erwachsene 5 Euro, ermäßigt 4,50 Euro
Es werden auch Führungen angeboten.
Quelle: MDR KULTUR (Philipp Lakomy)
Redaktionelle Bearbeitung: bh, sg
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Dieses Thema im Programm:MDR KULTUR - Das Radio | 08. November 2024 | 07:40 Uhr