Küllstedt Seltene Deutschklasse: Ukrainische Lehrerin unterrichtet weiter an Regelschule

02. Juni 2023, 19:49 Uhr

Vor einem Jahr suchte Thüringen händeringend Deutschlehrerinnen aus der Ukraine, um geflüchteten Kindern und Jugendlichen im Unterricht besser integrieren zu können. Eine der ersten war Nataliia Yurchuk aus Kiew. Wie MDR THÜRINGEN berichtete, erhielt die 41-Jährige an der Regelschule Küllstedt im Eichsfeld einen befristeten Vertrag. Dieser wurde inzwischen verlängert.

Sascha (16), Jewa (16) und Jegor (12) sitzen in Raum 217 der Regelschule Küllstedt im Eichsfeld. Die drei Geflüchteten sind inzwischen in Struth und Effelder im Eichsfeld zu Hause. In der Schule lernen sie in Mathe, Kunst, Sport, Englisch und Musik gemeinsam mit ihren Klassen.

Außerdem haben sie pro Woche 13 Stunden Deutsch bei Nataliia Yurchuk. Die 41-jährige Ukrainerin ist ihre Deutschlehrerin und ihre Ansprechpartnerin im Schulalltag. Wenn die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel ihre Klassenlehrerin oder Mitschüler nicht verstehen, können sie sich an Nataliia Yurchuk wenden.

Krieg erschwert Integration

"Der Krieg erschwert die Integration", sagt Nataliia Yurchuk. Nicht zu wissen, wann es wie weitergeht, sei auch für junge Menschen schwierig.

Natalja hat bis zu Beginn des russischen Angriffskrieges an einer Kiewer Privatschule Deutsch unterrichtet und nachmittag Sprachkurse gegeben.

Jetzt wohnt sie mit ihren Kindern in einem kleinen Ort unweit von Mühlhausen. An ihrer neuen Schule in Küllstedt fühlt sie sich sehr wohl. "Die Kollegen haben mich freundlich aufgenommen und unterstützen mich", schwärmt Nataliia Yurchuk. Deshalb kommt sie auch gern jeden Tag mit dem Bus nach Küllstedt. Wenn möglich, kann sie auch mit Kollegen mitfahren.

Eine Bereicherung für die Schule

"Die ukrainischen Schüler sind eine Bereicherung für unsere Schule", sagt Schulleiterin Verena Crivellaro. Nataliia Yurchuk selbst sei ein "Glücksfall". Denn im ländlichen Raum gibt es normalerweise keine "Deutschklasse". Im Moment profitieren neben acht ukrainischen Schülerinnen und Schülern auch ein 13-Jähriger aus Ungarn vom Deutschunterricht.

Es gibt sogar zwei Gruppen; eine für Fortgeschrittene und eine für die Schüler, die erst später nach Deutschland geflüchtet sind. Fast die ganze Gruppe hat die Prüfung "A2" bestanden.

Es gibt Hausaufgaben. "So kann ich feststellen, ob sie alles verstanden haben", erklärt Nataliia. Im Unterricht wird alles gleichzeitig gemacht: Die Grammatik wird gleichzeitig mit neuen Wörtern geübt. Es gibt auch digitale Grammatik- und Lexikspiele.

Nach dem Krieg zurück nach Kiew

Nach dem Krieg will Nataliia Yurchuk zurück nach Kiew zu ihrem Mann und ihrer Familie. Sie will auch ihre Arbeit an einer Privatschule in Kiew fortsetzen. "Eigentlich mache ich hier in Küllstedt das, was ich in der Ukraine gemacht habe", erklärt die Lehrerin.

Im Unterricht werde nicht über das Thema "Krieg" gesprochen. Ganz ausklammern lasse es sich nicht, weil die Kinder zu viele Informationen von Zuhause haben und die Kriegsereignisse und -folgen genau mitbekommen. Insbesondere, wenn sie neu sind.

300 Schüler in Nordthüringen haben im Moment Deutschunterricht

Laut Nordthüringer Schulamt Worbis ist es im Vorjahr kaum möglich gewesen, ukrainische Lehrererinnen einzustellen. Auf den Aufruf im Vorjahr hatten sich nur wenige Bewerberinnen gemeldet, sagt Referatsleiter Bernd Kittlaus. Zusätzlich sei es schwierig gewesen, das vorgeschriebene polizeiliche Führungszeugnis vorzulegen. Dieses Zeugnis hat Nataliia Yurchuk im letzten Sommer nachgereicht.

Außer in Küllstedt gibt es in Mühlhausen, Leinefelde, Heiligenstadt, Sondershausen und Nordhausen solche Deutschklassen; insgesamt sind es 26 Klassen. "Nicht nur für ukrainische Schüler", sagt Kittlaus. Weil sich kaum ukrainische Lehrerinnen gefunden haben, musste nach anderen Lehrkräften, zum Teil auch Ruheständlern, gesucht werden. Wegen der Fluktuation bei ukrainischen Schülern könnten regelmäßig andere Kinder von den langen Wartelisten nachrücken.

MDR (fra)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 02. Juni 2023 | 18:40 Uhr

1 Kommentar

Atheist am 03.06.2023

Unglaublich, während für Deutsche Kinder kaum Lehrer zur Verfügung stehen sind andere tund um versorgt und die Medien wundern sich auch noch über AfD Zuwachs.

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