NahverkehrSo laufen die Vorbereitungen für das 9-Euro-Ticket in Thüringen
Thüringens Verkehrsunternehmen bereiten sich intensiv auf den Verkauf des Neun-Euro-Monatstickets vor. Wegen des Tickets rechnet der Verkehrsbund Mittelthüringen von Juni bis August mit deutlich mehr Fahrgästen.
Nach Angaben des Verkehrsverbundes Mittelthüringen (VMT) soll das Ticket nicht an der Umsetzung scheitern. Geschäftsführer Christoph Heuing rechnet damit, dass Ende Mai der Vorverkauf online und an den Automaten im Verbundgebiet beginnen könne. Er verwies aber auch auf die langen Vorlauffristen im Nahverkehr und den Herausforderungen, vor denen die Unternehmen jetzt stünden.
Bisher größtes Projekt in so kurzer Zeit für VMT
Etwas so Großes habe der VMT noch nie in so kurzer Zeit gemacht, sagte Heuing. Das neue Ticket müsse etwa in den Fahrscheinautomaten angelegt und die Benutzeroberfläche dafür geändert werden. Zum Start wird es laut Heuing nicht perfekt laufen. Eventuell könne es vereinzelt dazu kommen, dass das Ticket in der Kürze der Zeit nicht in jedem Regionalbus in ganz Deutschland verkauft werden kann.
Erstattung von Jahresabos noch ungeklärt
Die Abo-Kunden der VMT-Mitgliedsunternehmen sollen ebenfalls in den Genuss des Tickets kommen. Heuing sagte, sie würden automatisch weniger zahlen und müssten dafür nichts tun. Wie die Erstattung im voraus bezahlter Langfrist-Tickets aussehe, werde noch geklärt.
In Kürze: Was ist das Neun-Euro-TicketDas Neun-Euro-Ticket soll bundesweit von Juni bis August angeboten werden, um Verbraucher angesichts hoher Spritpreise eine günstige Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzubieten.
Für neun Euro soll jeder Ticketkäufer jeweils einen Monat lang den öffentlichen Nah- und Regionalverkehr im ganzen Bundesgebiet nutzen können.
Wer mag, soll also mit Regionalzügen etwa von Thüringen bis an die Ostsee fahren können.
Das Ticket soll an Schaltern und Automaten, sowie einer Online-Plattform zur digitalen Buchung erhältlich sein.
Abo-Kunden bekommen den Differenzbetrag in den Folgemonaten ausgeglichen. An einer Lösung für Semester- oder Jobtickets wird gearbeitet.
Ausgenommen vom Ticket sind der Fernverkehr sowie Fernbusse und -züge.
Erfurter Bahn fehlen Rahmenbedingungen
Auch die Erfurter Bahn bereitet sich derzeit technisch auf den Verkauf des 9-Euro-Tickets vor. Laut Vertriebsleiter Jan Dutschek müssen aber noch die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen geklärt werden.
Ähnlich äußerte sich die IOV Omnibusverkehr GmbH Ilmenau, die das Ticket sowohl digital als auch im Direktverkauf in den Bussen anbieten will. Voraussetzung dafür sei ein schnelles Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene, hieß es von dem Unternehmen.
VMT rechnet mit deutlich mehr Fahrgästen
Aufgrund des 9-Euro-Tickets rechnet der VMT von Juni bis August mit deutlich mehr Fahrgästen. Das Aufkommen werde regional sehr unterschiedlich sein. In den Städten könne es zu Kapazitätsproblemen kommen, da dort zu Stoßzeiten bereits jetzt alle Fahrzeuge im Einsatz seien. Auf dem Land hingegen werde angesichts der nicht ausreichenden Netzdichte im öffentlichen Nahverkehr überwiegend Auto gefahren, teile eine Sprecherin mit.
Für Fahrradfahrer gelten nach Kenntnisstand des VMT auch weiterhin die gleichen Regeln wie bisher. Zusätzliche Tickets für Fahrräder müssen im Regionalverkehr nicht gekauft werden. Auch in den Straßenbahnen und in Bussen gilt diesbezüglich, was immer galt, hieß es.
Dem Verbund Mittelthüringen gehören 15 Verkehrsunternehmen an. Er umfasst die Städte Erfurt, Weimar, Jena und Gera sowie die Kreise Gotha, Weimarer Land, Saale-Holzland, Saalfeld-Rudolstadt und Saale-Orla.
Teil des Entlastungspakets der Ampel in Berlin
Das Angebot ist Teil des sogenannten Entlastungspakets, dass vom Bundestag beschlossen wurde. Es soll vom 1. Juni bis zum 31. August gelten und muss von den Bundesländern umgesetzt werden.
Über die Finanzierung gibt es allerdings Streit zwischen Bund und Ländern, die dem Vorhaben im Bundesrat noch zustimmen müssen. Der Bund hat für das Ticket rund 2,5 Milliarden Euro eingeplant. Thüringen würde davon laut Verkehrsministerium nach den derzeitigen Berechnungen rund 33 Millionen Euro erhalten. Die Thüringer Verkehrsunternehmen hoffen, dass sie Anfang Juni bereits Ausgleichszahlungen erhalten. Eine Regelung dazu steht aber noch aus.
Kontroverse Landtags-Debatte am Mittwoch
In einer von der SPD beantragten Aktuellen Stunde hat der Landtag kontrovers über das Ticket diskutiert. Die FDP sprach von einem "medialen Strohfeuer", das den öffentlichen Personennahverkehr auf Dauer nicht stärken werde. Auch AfD und CDU lehnten das Neun-Euro-Ticket ab. Die Unions-Abgeordnete Christina Tasch war der Auffassung, dass Pendler im ländlichen Raum nichts von den Ticket-Plänen hätten. Auch weitere Abgeordnete sahen das Problem im Nahverkehr nicht in den Kosten, sondern im mitunter ihrer Meinung nach unzureichenden Angebot.
Grüne und Sozialdemokraten verteidigten die Pläne ihrer Parteikollegen in der Berliner Ampelregierung. Lutz Liebscher von der SPD appellierte aber an die Bundesregierung, die Länder nicht auf Mehrkosten sitzen zu lassen.
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dpa/MDR (jn,ls)
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 04. Mai 2022 | 19:00 Uhr
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