Mittelbau-DoraGeschändeter Baum von KZ-Gedenkstätte erinnerte an französischen Häftling
Unbekannte haben im Gedenkhain des ehemaligen KZ Mittelbau-Dora in Nordhausen eine Birke zerstört. Der auf dem ehemaligen Landesgartenschau-Gelände stehende Baum wurde abgesägt. Er erinnerte an einen französischen Häftling, der als Elektriker untertage arbeiten musste.
- In Nordhausen ist ein Erinnerungsbaum für einen KZ-Häftling zerstört worden.
- Die Birke war dem französischen Elektriker und Häftling Maurice Cadinot gewidmet.
- Der Gedenkstättenleiter Jens-Christian Wagner fürchtet erneute Nachahmungstaten.
Unbekannte haben im Gedenkhain der Gedenkstätte Mittelbau-Dora eine Birke abgesägt. Wie die Polizei mitteilte, wurde die Tat an der Frauenberger Stiege in der Altstadt Nordhausen am Sonntagmorgen festgestellt.
In dem Gedenkhain auf dem ehemaligen Landesgartenschau-Gelände waren 2011 insgesamt 53 Birken gepflanzt worden, um die Erinnerung an die Häftlinge wachzuhalten. Die Polizei ermittelt zu den Hintergründen. Es werden Zeugen gesucht.
Baum erinnerte an französischen Häftling
Wie eine Sprecherin der Gedenkstätte MDR THÜRINGEN mitteilte, erinnerte die Birke an den 2010 verstorbenen KZ-Überlebenden Maurice Cadinot. Der französische Elektriker war im Juli 1943 zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt worden. Im November 1943 wurde er verhaftet und ins Lager Dora gebracht, wo er mit anderen Häftlingen untertage leben und elektrische Arbeiten im Stollen verrichten musste.
Anfang April 1945 wurde Cadinot auf einen Räumungstransport gezwungen. In Bergen-Belsen angekommen, wurde er am 15. April befreit und konnte bald nach Frankreich zurückkehren. Dort arbeitete er ein Jahr später wieder als Elektriker in seiner Heimatstadt Lillebonne.
Konzentrationslager berüchtigt für Zwangsarbeit
Das 1943 eingerichtete KZ Mittelbau-Dora war berüchtigt für die Zwangsarbeit in Stollenanlagen, in denen die Häftlinge unter unmenschlichsten Bedingungen Raketen und andere Rüstungsgüter herstellen mussten. Jeder dritte der rund 60.000 Häftlinge überlebte dies nicht.
Gedenkstättenleiter fürchtet Nachahmungstäter
Der Leiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, sieht in dem weiteren abgesägten Gedenkbaum für KZ-Opfer einen Angriff auf die deutsche Erinnerungskultur. "Ich glaube nicht, dass das einfacher Vandalismus war", sagte Wagner am Montag der "Deutschen Presse-Agentur".
Gleichzeitig fürchtet er eine mögliche Nachahmungstat mit Blick auf die Zerstörung mehrerer Buchen bei der Gedenkstätte Buchenwald: "Einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den beiden Taten sehe ich", sagte Wagner. An den Bäumen in Nordhausen und Buchenwald ständen Gedenktafeln mit Informationen zu den Häftlingen, an die erinnert werde. "Wer diese Bäume absägt, weiß, was er tut."
Erneute Schändung nach Buchenwald
Erst vor wenigen Tagen waren an der Gedenkstätte des KZ Buchenwald bei Weimar sieben Erinnerungsbäume für KZ-Opfer von Unbekannten abgesägt worden. Kurz darauf waren bei Schöndorf, einem nahe dem Lager gelegenen Ortsteil von Weimar, zwei Bäume umgeknickt und bei drei weiteren Rindenteile entfernt worden.
Mehr zu den Schändungen
MDR (dst), dpa
Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN - Das Radio | Regionalnachrichten | 07. August 2022 | 12:30 Uhr
Kommentare
{{text}}