eine Frau sitzt in einem Rufbus
Die Kleinbusse haben Platz für sieben Person. Im Durchschnitt fährt aber nur ein Gast pro Fahrt im Wagen mit. Bildrechte: MDR/Armin Kung

Mobilität Bus auf Bestellung: Rufbus-System bleibt in Thüringen Flickenteppich

22. November 2021, 15:03 Uhr

In Mecklenburg-Vorpommern soll es bald ein einheitliches Rufbus-System für das ganze Land geben. In Thüringen spielt das "Bus-Taxi", das nur auf Bestellung rollt, bisher eine eher unbedeutende Rolle. Außer im Eichsfeld.

Porträt Regionalkorrespondent Armin Kung
Bildrechte: MDR/Daniela Dufft

Rufbusse fahren dort, wo wenig Menschen leben und Linienbusse kaum noch halten. Statt leerer Großbusse fahren die kleineren Rufbusse nur auf Bestellung - gerade für dünn besiedelte Landstriche ein bewährtes System. Besonders am Wochenende und bei "Tagesrandlagen", also zu Uhrzeiten mit wenig Nahverkehrsgästen, setzen Verkehrsbetriebe seit Jahren auf den Rufbus.

Im ländlichen Vorpommern fährt das Rufbus-System "ILSE" seit August über Landkreisgrenzen hinweg. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) kündigte sogar ein "einheitliches Rufbus-System" für das ganze Bundesland an. Das Bus-Taxi soll den Landbewohnern noch schmackhafter gemacht werden.

Keine Pläne für einheitliches Rufbus-System in Thüringen

In Thüringen dagegen bleibt die Zukunft der Rufbusse kommunal - und die gegenwärtige Bedeutung marginal. Der Anteil am Regionalbusverkehr liegt bei 2,8 Prozent und im Stadtbusverkehr bei etwa 2,2 Prozent an den Gesamtkilometern. In 14 Thüringer Landkreisen und sieben Städten gibt es eine Art Rufbus-Angebot. Allerding fallen in diese Statistik des Verkehrsministeriums auch Anruf-Sammeltaxis. Auf Anfrage von MDR THÜRINGEN meldete das Verkehrsministerium, dass es keine Pläne für ein einheitliches Rufbus-System in Thüringen gibt.

Trotzdem betonte Verkehrsministerin Susanna Karawanskij den Stellenwert des Systems: "Rufbusse sind für uns eine sinnvolle Ergänzung bestehender ÖPNV-Angebote, die eine flexible und bedarfsgerechte Mobilität für die Menschen, insbesondere im ländlichen Raum, abdecken können. Wir unterstützen die Landkreise politisch und finanziell dabei, das Rufbusangebot auszubauen."

Eichsfeld ist Rufbus-Spitzenreiter

Im Norden Thüringens fahren laut Verkehrsministerium die meisten Rufbusse. Im Kyffhäuserkreis, im Unstrut-Hainich-Kreis und in Nordhausen sind sie verbreitet. Weiter südlich gibt es größere Angebote unter anderem in Schmalkalden-Meiningen, im Wartburg-Kreis und Jena.

Thüringens einsamer Spitzenreiter ist der Landkreis Eichsfeld. Hier werden 50 Prozent aller Rufbus-Kilometer des Freistaats erfahren. Die EW Bus, ein Tochterunternehmen der Eichsfeldwerke, hat laut eigenen Angaben rund 691.000 "Fahrplan-Kilometer" in "RufBus-Kilometer" umgewandelt. Drei hauptamtliche Rufbusse und wahlweise vier elektrische Midi-Busse sind im Nordwesten unterwegs.

Rufbus gegen Klimawandel?

Eine seiner größten Stärken zeigt der Rufbus, wenn er nicht fährt. Statt festgelegte Routen - mit oder ohne Gäste - stumpf abzufahren, fährt der Bus nur auf Nachfrage. Allein die EW Bus hat im Coronajahr 2020 damit nach eigenen Angaben 259 Tonnen CO2 eingespart. Für den Verkehrsbetrieb ein klares Indiz für die Nachhaltigkeit des Systems.

Neueste Idee: Bestell-App

Im Eichsfeld soll der Rufbus in Zukunft noch flexibler werden. EW Bus kündigte an, dass Rufbus-Gäste den Service bald per App bestellen können. Anrufen sei dann nicht mehr nötig.

Quelle: MDR (gh)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 21. November 2021 | 18:00 Uhr

7 Kommentare

Lyn am 22.11.2021

Wartburgkreis.

Anrufen, min 1 Std vorher, klappt! Man kann den auch längerfristig vorher bestellen.
Abends habe ich das allerdings noch nicht versucht.
Und leider werden nicht alle gewünschten Strecken abgedeckt. Ich wünsche mir da dringend eine Erweiterung. Das muss wohl erst genehmigt werden, denn die Busse, äh Grostaxis, werden quasi vom Land finanziert.

Eine App wäre super.

Im Hessischen kann man über die Bahnapp auch alle Busse finden - und auch bezahlen. Ich kann dort 1 Ticket von A nach B buchen, Bus, Bahn, Stadtlinie, habe dann alles in 1 Ticket. Dort ist das System vereinheitlicht.

Das möchte ich auch gern in Thüringen haben.

D.L. am 22.11.2021

Erfahrungen aus Zwickau/Pöhlau seinerzeit: Samstag ab 18 Uhr, sonntags/feiertags ganztägig. Rufbus hieß, mindestens 2 Std vor der geplanten Fahrt die Verkehrsbetriebe anrufen und eine Fahrt buchen, was praktisch hieß, ein Taxi kommt. Was eine extreme Abhängigkeit von den Taxibetrieben bedeutet. Konkret: Feierabend im Advent Samstag 20 Uhr, Taxi 12 Uhr bestellt. Abfahrt 20:17 (geht nur nach Fahrplan). 20:25 kurz vor Weihnachten kein Taxi. Telefonat: es sind am Abend nur 3 Taxi zu Verfügung. Wir schicken eines zum nächsten Fahrplan Zeitpunkt, also 1 Std warten.
Oder Sonntag Abend, Lebensgefährtin Zug nach Göttingen gebucht, letzter Anschluss, Rufbus/Taxi pünktlich gebucht. Nur kein Taxi... Letztendlich haben die Verkehrsbetriebe (war ja Stammkunde) einen kompletten Bus geschickt, Zug noch erreicht.
Fazit: an sich eine gute Idee, wenn die Infrastruktur und der verkehrstechnische Hintergrund stimmt. Praktisch wäre auf jeden Fall eine App.

MDR-Team am 22.11.2021

Liebe User, wir sind natürlich auch neugierig... Haben Sie schon Erfahrungen mit oder Beobachtungen zu Rufbussen gemacht? Für welche Wege sind sie sinnvoll, für welche weniger?

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