Warten auf den Boom Wie Altenburg von der Nähe zu Leipzig profitieren könnte
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Studierende, Start-Ups und überall Neubauten: Leipzig boomt. Mit der Konsequenz, dass die Mieten steigen und weniger Wohnraum verfügbar ist. Die Thüringer Stadt Altenburg ist mit der S-Bahn nur knapp 40 Minuten entfernt und hat laut Oberbürgermeister André Neumann rund 6.000 leerstehende Wohnungen. Leipziger Familien nutzen das Wohnangebot schon, der große Zuzug bleibt bisher aber aus. Doch der Oberbürgermeister ist trotzdem optimistisch.

- Noch gibt es in Altenburg nicht viel Zuzug aus Leipzig.
- Rund 6.000 Wohnungen stehen laut Oberbürgermeister in Altenburg leer.
- Altenburg will in Leipzig bekannter werden.
Arnulf Dähne ist ein umtriebiger Mensch. Als Restaurator tourt er seit Jahren durch ganz Mitteldeutschland. Sein Ausgangspunkt hierfür war lange Zeit Leipzig. Dort hat er seine Frau kennengelernt und im zentral gelegenen Waldstraßenviertel eine Familie gegründet. Die Stadt wird den Dähnes mit der Zeit aber zu eng: "Das war alles ganz niedlich, aber sobald die Kinder dann größer werden, denkt man schon nach und fragt sich: Mensch, kein Garten, kein Balkon und immer nur diese Stadtlandschaft. Kann man da nicht was dran ändern?"
Altenburg hat alles, was man braucht.
Ein Umzug innerhalb Leipzigs wäre für die Familie zu teuer gewesen. Da Dähne beruflich ohnehin schon viel Kontakt nach Altenburg hatte, war eine Alternative schnell gefunden. 2014 ziehen sie dorthin um, was Dähne bis heute nicht bereut: "Altenburg hat alles, was man braucht. Neben Theater, Kino, Vereinen gibt es hier auch etliche Gymnasien und Grundschulen, sodass man wirklich auch willkommen ist als Familie."
Zuzug aus Leipzig durch Familien
Die Dähnes sind ein Paradebeispiel dafür, wer laut Oberbürgermeister André Neumann (CDU) von Leipzig nach Altenburg zieht: Familien, die Häuser oder Grundstücke suchen und sich langfristig niederlassen wollen. Einen großen Boom nimmt der zugezogene Dähne bisher aber nicht wahr: "Ich habe vor dem Umzug gedacht, dass das eine Sache von wenigen Jahren ist, weil in Leipzig die Luft immer enger und die Preise höher wurden. Ich bin erstaunt, wie wenig Bewegung tatsächlich passiert ist."
Viele Wohnungen müssen saniert werden
Seit 2017 sind jährlich bis zu 80 Menschen von Leipzig nach Altenburg gezogen. Dass es bisher nicht mehr Menschen sind, liegt laut OB Neumann daran, dass es im näheren Leipziger Umfeld noch genügend Raum gibt. Außerdem stehen laut Neumann in Altenburg zwar 6.000 Wohnungen leer, sodass das Angebot theoretisch sehr groß sei. Praktisch kämen aber nur 800 Wohnungen in Betracht, in die sofort eingezogen werden könnte. Der Rest muss saniert werden, wie Neumann ausführt: "Die stehen seit fast 30 Jahren leer. Da reicht es auch nicht, einfach drin zu malern. Nein, es müssen die Dächer gemacht werden, es müssen Dämmungen eingebaut und Küchen und Bäder installiert werden."
Ziel der Stadt: Altenburg bekannter machen
Hinzu kommt, das viele Menschen Altenburg laut Neumann schlichtweg nicht auf dem Schirm haben: "Es gibt im Umkreis von 90 Minuten Fahrreichweite 4,6 Millionen Menschen. Davon kennen uns vielleicht 300.000 oder eine halbe Million Menschen."
Wir werden ein interessanter Wohnort werden und sein. Und das wird von Leipzig aus noch mehr Dynamik aufnehmen.
Neumann will die Stadt deshalb in Leipzig bekannter machen, um einerseits als Wohnort, andererseits aber auch als Ausflugsziel mehr von der Nähe zu Leipzig zu profitieren. Mit der Leipziger Stadtverwaltung sei man hierfür zwar nicht in Gesprächen, aber zum Beispiel mit Leipziger Tourismusverbänden. Auch mit Investoren aus Leipzig wie Patrik Fahrenkamp von der Stadtbau AG sei man in Kontakt. Mit ihm versuche man zum Beispiel eine private Hochschule in die Stadt zu holen, was Altenburg auch für junge Leipziger attraktiver machen würde. Neumann: "Wenn das tatsächlich verwirklicht werden sollte, dann wäre das ein Sechser im Lotto."
Oberbürgermeister hofft auf verbesserten Bahnanschluss
Was den Zuzug aus Leipzig im Allgemeinen angeht, erhofft sich Neumann auch einen Schwung durch eine verbesserte Bahnanbindung ab 2026. Dann soll man schon in einer halben Stunde von Altenburg nach Leipzig kommen können, weshalb Neumann insgesamt positiv in die Zukunft schaut: "Wir werden ein interessanter Wohnort werden und sein. Und das wird von Leipzig aus noch mehr Dynamik aufnehmen."
MDR (cfr)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Das Fazit vom Tag | 20. Dezember 2022 | 18:00 Uhr
Harka2 vor 24 Wochen
@Tpass
Die Altenburger Bürger haben sich freiwillig für Thüringen entschieden. Der komplette Zusammenbruch der Industrie in der Region hat zudem nichts mit der Zugehörigkeit zu einem Bundesland zu tun.
Harka2 vor 24 Wochen
Wer in Altenburg unter der Woche eine offene Kneipe sucht, der merkt sehr schnell, warum kein Mensch nach Altenburg will, denn es wird kaum eine finden. Das nach der Wende gebaute große Tagungshotel steht leer. Es hat den seltenen Ruf es zu schaffen, mir ein Zimmer zuzuweisen, welches noch nicht mal ein gemachtes Bett hatte. Ich sollte ernsthaft das Bett selber machen und in der Bettwäsche des letzten Gastes schlafen. Die Alternative war dann ein völlig nach Zigarettenrauch stinkendes Zimmer. Erst dann machte man sich die Mühe ein Zimmer herzurichten. Das angebotene Frühstück war das übersichtlichste, welches ich je bekam, nicht mal genug Butter gab es. 40 Minuten Fahrzeit von Hauotbahnhof zu Hauptbahnhof klingt gut, ist es aber nicht, denn die Leute wohnen in Altenburg nicht alle im (heruntergekommenen) Bahnhof und sie arbeiten nicht im Leipziger Hbf - ergo kommen da noch Pendlerzeiten dazu.
DermbacherIn vor 24 Wochen
Kein Wunder, dass niemand von Leipzig nach Altenburg ziehen will, denn in Altenburg wohnen und in Leipzig arbeiten dafür gehen doch glatt zwei bis drei Stunden Fahrzeit täglich drauf. Außerdem ist die Kreisstadt Altenburg kulturell nicht so attraktiv.