Bildungswesen Wie gelingt die Schulkooperation zwischen Meuselwitz und Lucka?
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11. September 2024, 05:00 Uhr
2023 beschloss der Kreistag im Altenburger Land den Erhalt der Regelschule Lucka. Die Schule wurde Teil der Regelschule Meuselwitz. Ein Pilotprojekt, dass auch für weniger Unterrichtsausfall sorgen sollte. Ein Jahr später haben wir nachgefragt.
Die Klasse 6d von Jana Schneider sitzt am Morgen im Geografieunterricht. Nicht im angestammten Klassenzimmer in der Regelschule Lucka, sondern im sieben Kilometer entfernten Meuselwitz. Hierher sind die 24 Schüler schon im vergangenen Februar umgezogen. "Wir haben die fünf Klassen mit rund 100 Schülern nach Meuselwitz geholt", sagt Schulleiter Martin Stark. "Und die Schüler sind auch im neuen Schuljahr hiergeblieben."
Regeschule Lucka als Außenstelle von Meuselwitz
Eigentlich sollte die Luckaer Regelschule nach einem Kreistagsbeschluss erhalten werden. Dafür hatten sich nicht nur die Eltern der betroffenen Kinder, sondern auch die Kreistagsmitglieder stark gemacht. Im August des vergangenen Jahres hatte Landrat Uwe Melzer (CDU) eine gute Nachricht in die damalige fünfte Klasse mitgebracht. Es gehe weiter in Lucka, hieß es. Als Außenstelle der Regelschule Meuselwitz.
Eine Schulleitung am Hauptstandort und Unterricht vor Ort, so das Konzept. Schulleiter Martin Stark war damals schon skeptisch, dass das funktioniert. "Wir haben in Meuselwitz schon jetzt zu wenige Lehrer und sollen aber in Lucka bei Unterrichtsausfall aushelfen", sagte er damals. "Wie soll das gehen?"
Das Problem hatten damals auch die Elternvertreter angesprochen. Doch die Entscheidung stand. Mit Sondergenehmigung des Bildungsministeriums starteten die Meuselwitzer durch. Doch die schwierige Lehrkräftesituation machte aller Euphorie einen Strich durch die Rechnung. "Wir haben aktuell rund 100 Ausfallstunden in der Woche, bei 19 Klassen", sagt Martin Stark. "Das entspricht mindestens einem Unterrichtstag pro Klasse."
So eine Kooperation funktioniert nur dann, wenn auch Unterricht stattfinden kann.
Das führte auch zu massiven Protesten der Eltern. Landratsamtmitarbeiter Bernd Wenzlau spricht von Brandbriefen, die Schulverwaltung und Schulamt Ostthüringen bekommen hätten. Die Behörden suchten nach eigenen Angaben händeringend nach einer Lösung. Die beiden Standorte seien so allerdings nicht zu halten gewesen.
"So eine Kooperation funktioniert nur dann, wenn auch Unterricht stattfinden kann", sagt Bernd Wenzlau. Das sei in Lucka nicht mehr gegeben. Die dünne Personaldecke sei auch durch die zurückgehenden Schülerzahlen bedingt. Schon in den vergangenen Jahren habe man die Regelschule mit Schülern aus dem Meuselwitzer Ortsteil Wintersdorf auffüllen müssen.
Erste Bilanz: Ist das Projekt gescheitert?
Das Bildungsministerium in Erfurt will noch nicht von einem Scheitern der Kooperation sprechen. Trotz der schwierigen Ausgangslage habe das Projekt dabei geholfen, die Situation für die Schülerinnen und Schüler abzufedern.
Auch die standortübergreifende Einsatzplanung für die Lehrer habe im Rahmen der Möglichkeiten gut funktioniert, heißt es aus Erfurt. Dass die Meuselwitzer schon nach einem halben Jahr die Notbremse ziehen mussten - dazu sieht das Ministerium allerdings keine Alternative.
Auch wenn die Erfurter aktuell keinen vollständigen Überblick über ähnliche Projekte vorlegen können: Meuselwitz und Lucka sind kein Einzelfall. Solche Kooperationen sind generell in Thüringen möglich, wenn sie eine Standortschließung verhindern könne.
Kooperationen in anderen Thüringer Regionen
So habe die Jenaplan Schule in Suhl eine Schule in Schmiedefeld aufgenommen. In Ostthüringen gebe es zwischen Gößnitz und Ponitz seit einiger Zeit eine Grundschule mit zwei Standorten. Allerdings müsse jeder Fall einzeln betrachtet werden. Ein Patentrezept für Schulkooperationen sieht das Ministerium nicht.
Die Erfurter wollen sich auch nicht festlegen, wie es nun in Meuselwitz weitergehen soll. Das sei Sache des Schulträgers im Landratsamt. Dort fordert man dringend eine bessere Ausstattung mit Lehrern, um endlich dem massiven Unterrichtsausfall wirkungsvoll begegnen zu können. In der Regelschule Meuselwitz hat inzwischen eine junge Frau ein duales Lehramtsstudium begonnen. Als eine von 50 Nachwuchskräften in Thüringen.
Kinder und Eltern haben sich arrangiert
Die Luckaer Kinder und auch ihre Eltern haben sich inzwischen mit der Situation arrangiert, sagt Schulleiter Martin Stark. Laut einer Umfrage fühlen sich die Kinder in Meuselwitz wohl und kommen gern in die Schule. Ob der Kreistag einen neuen Anlauf nimmt und den Standort Lucka erneut belebt oder das Projekt sang- und klanglos beerdigt, ist noch nicht klar.
Die Schulverwaltung hat zumindest vorgesorgt. Laut Bernd Wenzlau wurde in Lucka für den Fall der Fälle auf Landkreiskosten ein neues W-LAN-Netz verlegt. Damit die Schüler im Falle einer Rückkehr wenigstens die Schul-Tablets nutzen können.
MDR (adr,lou)
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 10. September 2024 | 19:00 Uhr
Bergfreund2 vor 3 Wochen
Die ehemalige Impuls Schule Schmiedefeld ist eine Außenstelle der Jenaplan Schule Suhl geworden, nicht der Lautenbergschule.
Diese Kooperation ist politisch gewollt, ob sie funktioniert, wird man sehen. Jedenfalls sind in Schmiedefeld im letzten Jahr nicht zu tolerierende Unterrichtsausfälle zu verzeichnen gewesen, eine Verbesserung der Lage wäre allen Beteiligten zu wünschen.
MDR-Team vor 3 Wochen
Vielen Dank für den Hinweis.
Wir haben das im Artikel korrigiert.