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FinanzenGeras Haushalt 2023 im Stadtrat: "Wir haben ein gigantisches Personalproblem"

25. Januar 2023, 07:25 Uhr

Der Geraer Stadtrat debattiert am Mittwoch über den städtischen Haushalt für 2023. Der Entwurf steht, doch das größere Problem bleibt ungelöst: Wie kann Gera seine Personalkosten in den Griff bekommen?

von Franziska Heymann, MDR THÜRINGEN

Es war der vorweihnachtliche Aufreger in Gera: Das Konto für die Personalgehälter und -löhne war leer. Geld musste umgeschichtet werden - sehr zum Ärger der Stadträte. Nun steht am Mittwoch im Kommunalparlament die Debatte über den Haushalt 2023 an. Und damit es mit dem ausgeglichenen Etat klappt, hat die Verwaltung in den vergangenen beiden Wochen fast sieben Millionen Euro aus dem Entwurf gestrichen.

Zwar steigen die Schlüsselzuweisungen des Landes an die Stadt Gera von rund 95 Millionen Euro fürs Jahr 2022 auf gut 103 Millionen Euro für diesen Haushalt. Das sind aber fast sieben Millionen Euro weniger Zuweisungen als erhofft. Und so mussten Finanzbürgermeister Kurt Dannenberg (CDU) und sein Team kurzfristig umplanen.

Einsparpotenzial bei Personalkosten

Dannenberg, derzeit Stellvertreter des erkrankten Oberbürgermeisters Julian Vonarb (pl), verhängte Mitte Januar einen Einstellungsstopp, um 1,4 Millionen Euro zu sparen. "Denn wenn wir einmal Personal eingestellt haben, müssen wir das bezahlen. Es verschwindet nicht von heute auf morgen", sagte Dannenberg MDR THÜRINGEN und verwies darauf, dass mittelfristig die Personalkosten um sieben bis acht Millionen Euro steigen würden. Die Verwaltung sei auf einem "Plateau" angekommen, was es zu untersuchen gelte, um effizientere Verwaltungsstrukturen zu schaffen.

Stadträte fordern effizientere Verwaltung

Dem Stadtrat ist die Personalsituation im Rathaus mit seinen gut 1.000 Angestellten schon lange ein Dorn im Auge. Bei der Haushaltsdebatte am Mittwoch werden die Abgeordneten erneut ein Personalentwicklungskonzept von Oberbürgermeister Vonarb einfordern - denn zuletzt hatte Gera zweimal hintereinander die im Haushalt verankerte Personalkostengrenze gerissen. Das Landesverwaltungsamt fordert deshalb eine ausführliche Stellungnahme von Vonarb, um auch mögliche Konsequenzen für Stadt und Oberbürgermeister zu prüfen.

Wichtige Stellen werden weiter besetzt

Nach dem Advents-Aufreger betont Dannenberg jedoch: "Die Stadt Gera konnte bisher zu jeder Zeit die Personalkosten bezahlen." Auch würden wichtige Stellen auf jeden Fall besetzt, wie beispielsweise die des Amtsarztes.

Bereits geschlossene Verträge sollen nicht gekündigt werden, auch Auszubildende werden weiterhin eingestellt. "Wir brauchen Nachwuchs. Und wir wollen uns als Arbeitgeber nicht unmöglich machen", so Dannenberg. Wie lange der generelle Einstellungsstopp gilt, ist allerdings offen.

Stadt könnte Rechnungen einfach später bezahlen

Neben den Personalkosten soll bei den Investitionen gespart werden. "Das ist aber kein Streichen, eher ein Verschiebebahnhof", erklärt Dannenberg die Fünf-Millionen-Euro-Liste, die in den vergangenen Tagen gemeinsam mit Verwaltung, Kämmerei und Stadtratsfraktionen erarbeitet wurde.

Um den Haushalt für 2023 glattzubügeln, wurden unter anderem die Investitionen für Schulcampus, Brückenneubau, Gefahrenabwehrzentrum und Straßen daraufhin überprüft, wann denn tatsächlich die Rechnungen fällig werden. Dannenberg verweist dabei auf die "allseits bekannten Lieferengpässe".

Lange Lieferzeiten erschweren Haushaltsplanung

Denn weil der Geraer Haushalt angesichts der späten Entscheidung im Landtag nicht im November, sondern bestenfalls am 25. Januar verabschiedet wird, verschieben sich auch die Investitionen. Ein Beispiel: Bevor ein neues Fahrzeug für den Tierpark ausgeschrieben werden kann, muss auch noch das Landesverwaltungsamt sein Okay zum Haushalt geben.

Frühestens im Juni könnte also laut Dannenberg das neue Fahrzeug bestellt werden: "Bei einer aktuellen Lieferzeit von zwölf Monaten muss das erst 2024 bezahlt werden. Wir würden also in diesem Jahr Geld binden, dass wir noch gar nicht ausgeben können."

Noch schlimmer sei es bei Fahrzeugen für Feuerwehr und Rettungsdienst, da lägen die Lieferzeiten aktuell bei bis zu 24 Monaten. Mit Hilfe einer sogenannten Verpflichtungsermächtigung dürfen notwendige Ausgaben dennoch beauftragt werden.

Überwiegend Unterstützung in Ausschüssen

In den Ausschüssen des Stadtrates wurden die Pläne bisher mit großer Mehrheit gebilligt. "Ich rechne es Bürgermeister Dannenberg hoch an, dass er sein 'Baby' Gefahrenabwehrzentrum erstmal geopfert hat, damit am Schulcampus Lusan weiter geplant werden kann", sagte CDU-Stadtrat Andreas Kinder. Für das Zentrum wird derzeit gerade einmal an einer Machbarkeitsstudie gearbeitet - am neuen Bildungscampus wird dagegen bereits intensiv geplant.

AfD-Fraktionschef Harald Frank kritisiert, dass durch die Sparliste ein Investitionsstau droht. Dannenberg sieht das anders: "Diese Liste führt tatsächlich nicht dazu, dass der Haushalt in den kommenden Jahren überstrapaziert wird, weil wir in der Mittelfristplanung ebenfalls ausgeglichene Haushalte zeigen müssen."

Zähneknirschende Zustimmung der Fraktionen wahrscheinlich

Übermäßig harmonisch dürfte es am Mittwoch im als diskussionsfreudig bekannten Stadtrat Gera dennoch nicht zugehen. "Wir haben ein gigantisches Personalproblem, das durch den Oberbürgermeister verursacht ist. Und das hindert uns daran, notwendige Investitionen in der Stadt zu tätigen", sagte Michael Gerstenberger, haushaltspolitischer Sprecher der Links-Fraktion, MDR THÜRINGEN. Es gebe kein Personalentwicklungskonzept, kein Strukturkonzept, es fehlten Aussagen zur Innenstadtentwicklung und zu Gewerbegebieten.

Auch CDU-Mann Kinder ist genervt davon, dass die Stadträte immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt werden. "Über die explodierenden Personalkosten hätte OB Vonarb ja auch schon mal letzten Sommer mit uns sprechen können", sagt er und fordert wie Gerstenberger endlich ein Konzept für das Personal. Die drei größten Fraktionen haben dennoch angekündigt, dem Haushalt am Mittwoch zuzustimmen.

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MDR (dst)

Dieses Thema im Programm:MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 22. Januar 2023 | 18:20 Uhr

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