Der Rechtsextremist Christian Klar (Foto) organisiert seit der Corona-Zeit jeden Montag Demonstrationen in Gera. Hier am 28. Oktober 2024.
Der Rechtsextremist Christian Klar (Foto) organisiert seit der Corona-Zeit jeden Montag Demonstrationen in Gera, wie hier am 28. Oktober 2024. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Auflagen Stadt Gera beklagt Imageschaden durch Montagsdemos und prüft Bürgerwehr-Aufrufe

02. Oktober 2024, 15:45 Uhr

Die Stadt Gera beklagt wegen der regelmäßigen Montagsdemonstrationen einen großen Imageschaden. Sie sagt, dass sie keine strengeren Auflagen für die Demos aussprechen könne - selbst wenn diese gar nicht angemeldet sind. Dazu prüft sie Aufrufe für eine Bürgerwehr.

Die Stadt Gera beklagt wegen der regelmäßigen Montagsdemonstrationen einen großen Imageschaden. Die Außenwirkung sei nicht gut, sagte eine Stadtsprecherin MDR THÜRINGEN, vor allem für Gera als Wirtschaftsstandort. Strengere Auflagen für die Demonstranten könne es aber nicht geben, heißt es.

Es spiele sich alles im rechtlichen Rahmen ab. Das gilt laut Stadtverwaltung auch dann, wenn Versammlungen wie beispielsweise Aufmärsche rund um den Rechtsextremisten Christian Klar gar nicht angemeldet werden.

Es gebe keinen Grund, diese Versammlungen aufzulösen, nur weil sie nicht angemeldet seien, so die Sprecherin. Sie verweist auf das Versammlungsrecht als hohes Gut. Seit mehreren Wochen finden Proteste gegen die Montagsdemonstrationen von Klar statt.

Stadt vermisst Unterstützung vom Land - Ministerium sieht Stadt in der Pflicht

Allerdings vermisst die Stadt Unterstützung vom Land. Dort gibt es zwar eine "Task Force Versammlungslagen" beim Innenministerium. Die sei aber nicht zuständig für Gera, so ein Ministeriumssprecher. Zuständig für das Versammlungsgeschehen in der Stadt sei grundsätzlich die Stadt. Die Task Force könne mit dem Landesverwaltungsamt bei Interesse unterstützend zur Seite stehen, wenn es ausreichend prüfbare Unterlagen gebe.

Kurt Dannenberg
Kurt Dannenberg (CDU), Oberbürgermeister von Gera. Bildrechte: picture alliance/dpa | Heiko Rebsch

Rechtliche Lösungen, dem "zunehmenden Hass" entgegenzuwirken, den Geras Oberbürgermeister Kurt Dannenberg (CDU) kürzlich beklagte, gebe es nicht. Es sei kein juristisches, sondern ein gesellschaftliches Problem.

Wie wird eine Demonstration angemeldet und was ist zu beachten? (Zum Aufklappen)

Eine öffentliche Versammlung oder Demonstration muss in der Regel der jeweiligen Kommune oder dem Landratsamt spätestens 48 Stunden vor Beginn angemeldet werden. Formell genehmigt werden muss diese jedoch von der Behörde nicht.

Bei Eilversammlungen kann die Frist verkürzt werden, wenn sonst das Ziel der Demonstration nicht erreicht werden kann.

Bei der Anmeldung in Gera ist nach Angaben der Stadt zum Beispiel Name und Adresse des Veranstalters und Versammlungsleiters anzugeben sowie Zeit, Ort, Strecke der Versammlung, dazu die voraussichtliche Teilnehmerzahl und die Zahl der Ordner sowie eingesetzte "Hilfsmittel" wie Lautsprecher oder Transparente.

Wenn erforderlich, gibt es vor dem Start Kooperationsgespräche zwischen dem Anmelder, der Ordnungsbehörde und der Polizei, etwa zur Strecke, zu nötigen Straßensperrungen oder Auflagen.

Eine angemeldete öffentliche Versammlung kann verboten werden oder Auflagen erhalten, wenn laut Gesetz "die öffentliche Sicherheit und Ordnung bei der Durchführung [...] unmittelbar gefährdet ist".

Eine öffentliche Versammlung kann zudem aufgelöst werden, wenn
- sie nicht angemeldet ist,
- von den Angaben der Anmeldung abgewichen wird,
- den Auflagen nicht entsprochen wird,
- wenn diese an einem historisch herausragenden Gedenkort für die Opfer des Nationalsozialismus stattfindet.

Während einer öffentlichen Versammlung entscheidet grundsätzlich die Ordnungsbehörde, ob etwa gegen Auflagen verstoßen wird. Nur wenn die Ordnungsbehörde nicht vor Ort ist, kann die Polizei anstelle der Behörde Verstöße einschätzen und reagieren.

Die Polizei kann trotzdem eine öffentliche Versammlung auflösen, wenn
- der Anmelder eine laut Bundesverfassungsgericht verfassungswidrige Partei ist,
- Veranstalter oder Teilnehmer Ziele einer laut Bundesverfassungsgericht verfassungswidrigen Partei oder derer Ersatzorganisation fördern will,
- die anmeldende Vereinigung etwa durch ein Gericht verboten wurde,
- die Versammlung gewalttätig wird oder unmittelbare Gefahr für Teilnehmer besteht,
- Demonstrationsteilnehmer mit Waffen nicht umgehend ausgeschlossen werden,
- gegen Strafgesetze verstoßen wird.

Dazu kann die Polizei einzelne Demonstrationsteilnehmer ausschließen, die die Ordnung "gröblich stören".

Quelle: Stadt Gera, Thüringer Versammlungsgesetz

Das gesellschaftliche Problem sieht auch die Stadtverwaltung. Der Dialog stehe an oberster Stelle, heißt es dort. Die Stadt plane einen Termin mit allen Beteiligten, sagte eine Pressesprecherin MDR THÜRINGEN. Einen Zeitpunkt dafür gebe es noch nicht. Dannenberg war vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister unter anderem Chef auch der Versammlungsbehörde in Gera und kennt die regelmäßigen Versammlungen von Klar seit langem.

Teilnehmer der vom Rechtsextremisten Christian Klar organisierten Montagsdemonstration am 28. Oktober 2024 in Gera.
In der Kritik: Die montäglichen Proteste in Gera, die vom Rechtsextremisten Christian Klar organisiert werden. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Geraer Oberbürgermeister beklagt zunehmende Rufschädigung bei Montagsdemos

Dannenberg hatte sich am 18. Oktober von den Entwicklungen bei den Montagsdemonstrationen distanziert. Die "verbalen Entgleisungen" bei unangemeldeten Versammlungen seien zunehmend geprägt von Stimmungsmache und Rufschädigung. Die Heimat von knapp 100.000 Menschen werde als Lebens- und Wirtschaftsstandort nachhaltig geschwächt.

Behörden prüfen Bürgerwehr-Aufrufe

Die Stadt prüft zudem eine Ankündigung zur Gründung einer Art Bürgerwehr. "Sollte sich bewahrheiten, dass sich hier eine bewaffnete Bürgerwehr gegründet hat, ist das ein Straftatbestand", erklärte Dannenberg. Polizei und Thüringer Innenministerium teilten mit, ihnen seien die Aufrufe bekannt. Nähere Erkenntnisse lägen nicht vor. 

Aus dem Kreis der rechten Montagsdemonstrationen um Klar hatte es in den sozialen Medien zuletzt Ankündigungen gegeben, sogenannte "Sicherheitsspaziergänge" mit Baseballschlägern durch die Stadt zu unternehmen. Nach Angaben eines Sprechers des Aktionsbündnisses "Gera gegen Rechts" seien mehrfach etwa 20 Menschen mit Hunden in der Stadt gesichtet worden. "Für uns ist das eine bedrohliche Situation", sagte er.

MDR (vle/ar/rom)/dpa

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 29. Oktober 2024 | 19:00 Uhr

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